100 Jahre Neues Rathaus

Rede zur Ausstellungseröffnung „Der Schatz des Rates und der Bürger“ am 26.08.2011

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrte Mitglieder des Chemnitzer Stadtrates,
liebe Chemnitzerinnen und Chemnitzer,
liebe Gäste,

als am 2. September 1911 das Neue Rathaus eingeweiht wurde, nahmen die Chemnitzer nicht nur ein neues Verwaltungsgebäude in Besitz.
Der sächsische König war gekommen. Zehntausende Chemnitzer drängten sich auf den Straßen und Plätzen rund um den Neubau.
Groß waren die Freude und der Stolz über dieses gelungene und imposante Bauwerk.
 

 

An diesem Haus, dessen 100. Geburtstag wir feiern, ist der Stolz der wachsenden Industriestadt und seiner Bürgerschaft sichtbar.
Es bestätigt den Status als Großstadt und unterstreicht das Streben der Bürger mit Arbeit, Unternehmertum, Handel und Fleiß den industriellen Fortschritt zu nutzen.

Die Ausstellung „Der Schatz des Rates und der Bürger – Die Ehrengeschenke zur Einweihung des Neuen Rathauses“ lässt uns auch nach 100 Jahren ahnen, wie stolz und freudig die Chemnitzerinnen und Chemnitzer die Einweihung ihres Neuen Rathauses erlebten.
Ich freue mich, dass Sie alle zu dieser außergewöhnlichen Ausstellungseröffnung gekommen sind.

Wenn wir heute vom „Ratsschatz“ sprechen, so ist das nicht ganz richtig. „Der Schatz des Rates und der Bürger“ weist zu Recht auf die hin, denen der Schatz gewidmet ist: den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt.
Wir erfüllen in diesem Sinne eine schöne Pflicht, in dem wir den Schatz der Öffentlichkeit der Bürgerschaft wieder zugänglich machen.

An die Bürgerinnen und Bürger der Stadt dachte auch Stadtbaurat Richard Möbius, als er das Konzept für das Neue Rathaus entwarf. Er reflektierte in bemerkenswerter Weise den Zeitgeist der damaligen Epoche und dachte ihn weiter.

In der Festschrift von 1911 steht dazu:
„Aus seinen mannigfachen, doch ruhig und kühn, über dem Stadtverordnetensaal am höchsten gesteigerten Formen spricht der Stolz des Bürgertums, das im wesentlichen aus eigner Kraft geschaffen, was die Stadt besitzt und was ihren Ruhm in aller Welt verkündet; spricht auch ein hohes, ernstes, künstlerisches Streben, ein starkes künstlerisches Wollen und tüchtiges Können, dasselbe Wollen und Können, das unser Chemnitz groß und zu dem gemacht hat, was es geworden ist.“
 

 

Anrede,
Obwohl der Bau nicht unumstritten war und alternative Baukonzepte seinem Entwurf entgegengestellt wurden, konnten Stadtbaurat Möbius und Oberbürgermeister Dr. Heinrich Beck die Mehrheit nach langen Debatten über das Für und Wider überzeugen.
Es sollte ein Haus werden, dass (ich zitiere) „auf Jahrhunderte hinaus den Ansprüchen an eine moderne kommunale Verwaltung Genüge tun solle.“

Und die Herren sollten sich nicht irren. Das Haus hat an Ausstrahlung und Funktionalität in den vielen Jahren nichts verloren.
Es kann sich ohne Zweifel neben modernen Gebäuden beweisen.
Das Treppenhaus, die Foyers und Eingangshallen lassen Besucher freudig staunen. Nicht vor Ehrfurcht vor den Mächtigen, sondern mit Sympathie für die gelungene Komposition.
Es ist eines der schönsten Häuser der Stadt. Erst Recht nach der umfangreichen Sanierung in den letzten Monaten.
Zu seinem Geburtstag haben wir das hohe Haus saniert.
Seit Januar strahlt der Stadtverordneten-Saal wieder im neuen und zugleich traditionellen Glanz. Seit September 2009 wird die Fassade des Rathauses bearbeitet und gepflegt.
 

 

Richard Möbius wäre es wohl hoffentlich eine Freude gewesen, wenn er wüsste, wie wir sein Erbe wertschätzen. Und zu diesem Erbe gehört auch der Schatz des Rates und der Bürger.
Nun war Möbius nicht nur ein fabelhafter Architekt, er war auch – heute würde wie sagen – ein Marketingexperte.
Er konnte viele Stifter für sich und sein Projekt gewinnen: Vereine, Institutionen und Privatpersonen.

Ein entsprechender Aufruf der Chemnitzer Stadtverordneten erschien 1910, ein knappes Jahr vor der Rathauseröffnung. Geld war auch in der aufstrebenden Industriestadt knapp.

Mit diesen Stiftungen und Schenkungen jedenfalls, die in der Folgezeit eintrafen, konnte das Rathaus deutlich an Ausstrahlung und Charakter gewinnen.

  • architektonische Elemente wie der Brunnen und die Wasserspender wurden verwirklicht, ebenso Uhren oder repräsentativen Glasfenster
  • Kunstwerke wie von Max Klinger konnten für unser Rathaus in Auftrag gegeben werden.
  • und ein reicher Ratsschatz aus Silber, Kristall oder Meißner Porzellan fand sich zusammen.

Mit darunter ist zum Beispiel ein vergoldetes Petschaft, eine Art Stempel für das Chemnitzer Ratssiegel, mit der Abbildung unserer Rolandfigur.
Goldschmied und Graveur Paul Christiansen war, wie viele der Bürgerinnen und Bürger, so von dem alten Symbol städtischer Freiheit fasziniert, dass er ihn kurzerhand für das große Chemnitzer Ratssiegel verewigte und das Petschaft als Ehrengeschenk der Stadt stiftete.
Christiansen war damit im wahrsten Sinne des Wortes in „großer Gesellschaft“ von über 166 Stiftern, die es ihm gleich taten.
 

 

Anrede,
Dass wir den Ratsschatz heute 100 Jahre später so präsentieren, ist nicht selbstverständlich.
Krieg, Not, und Zusammenbruch folgten der glücklichen Einweihung des Neuen Rathauses.
Und nicht immer war sich die Stadt des Wertes und der Symbolkraft ihres Schatzes bewusst.

So gab es zum Beispiel Anfang der 1950er Jahre die Überlegung, 300 Römergläser, die auch in der Festschrift von 1911 erwähnt wurden, und weiteres Ratssilber und das Ratsporzellan an die Gastronomie des Krankenhauses zu übereignen.
Vielleicht herrschte auch dort Mangel und es gab sogar gute Gründe für die Überlegung.
Zum Glück für uns kam es aber nicht dazu, sondern es setzte sich eine Haltung durch, die für den Erhalt des Schatzes des Rates und der Bürger plädierten.

Und schließlich und glücklicherweise in die Verantwortung jener Institution legte, die im öffentlichen Auftrag die Schätze der Vergangenheit bewahrt, erhält, erforscht und ausstellt: an unser Schlossbergmuseum als dem historischen Museum der Stadt.

In den Sammlungen des Schlossbergmuseums wird auch heute der Ratsschatz bewahrt.
Lars Ehrhardt, Restaurator am Schlossbergmuseum, hat in nur knapp einem Jahr den Gesamtbestand „Ratssilber“ erstmalig in dessen 100jähriger Geschichte vollständig restauriert.
Der Leiter des Schlossbergmuseums, Uwe Fiedler, hat als Kurator diese Ausstellung konzipiert und eine einfallsreiche Form gefunden, das gesamte Spektrum des Chemnitzer Ratssilbers zu zeigen.

Ich freue mich, dass wir den Schatz des Rates und der Bürger – Die Ehrengeschenke zur Einweihung des Neuen Rathauses – heute Ihnen und hoffentlich vielen Besuchern präsentieren können. Denn es ist der Schatz der Chemnitzerinnen und Chemnitzer!
 

 

Die Ausstellungseröffnung ist gleichzeitig der Auftakt zu einer ganzen Festwoche rund um unser Rathaus.

  • Das Stadtfest lädt heute und am Wochenende zu einer “Zeitreise durch Chemnitz” ein.
  • Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung ehren wir Unternehmer, deren Firmen mindestens so alt sind wie das Neue Rathaus,
  • Am Dienstag und Donnerstag stellt um 18 Uhr das Stadtarchiv Wissenswertes zu Rathaus und Stadtgeschichte vor.
  • Es gibt einen großen historischen Festumzug ebenso wie Konzerte oder eine Stuntshow, bei der Chemnitzer Textilien eine entscheidende Rolle spielen.
  • Türmer aus ganz Deutschland treffen sich in Chemnitz.
  • Und den Abschluss gibt schließlich die Robert-Schumann-Philharmonie mit einem Festkonzert auf dem Markt am 4. September

Sehr geehrte Damen und Herren,
der 2. September 1911 war ein Festtag für die Chemnitzerinnen und Chemnitzer. Ihr Rathaus wurde eingeweiht.
Nun wird es 100 Jahre alt. Wir haben das Glück dabei zu sein.

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