Chemnitzer gedenken der Opfer der Pogromnacht
Oberbürgermeisterin ruft zu offenem und tolerantem Miteinander auf –
Stolperstein erinnert an Opfer des Pogroms vor 75 Jahren
Mit einer Kranzniederlegung an der Stele am Stephanplatz gedachten heute etwa hundert Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger der Opfer der Pogromnacht vor 75 Jahren. Die Stadt Chemnitz hatte gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung aufgerufen. Die Veranstaltung wurde durch Klezmermusik begleitet.
In ihrer Ansprache erinnerte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig an den 9. November 1938, als in ganz Deutschland jüdische Synagogen brannten: Auch in Chemnitz wirkten damals die Behörden aktiv und akribisch mit bei dieser beispiellosen Diskriminierung, Entrechtung, Vertreibung und Ermordung von über 3500 jüdischen Bürgern unserer Stadt.
„In Chemnitz blüht heute wieder jüdisches Leben. Auf die 2002 geweihte neue Synagoge sind wir stolz. Dass sich unsere jüdischen Mitbürger in Chemnitz wohl und geborgen fühlen, hängt von unserem Handeln ab. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die zu uns kamen, vertrauen uns. Ich möchte, dass wir dieses Vertrauen als großen Schatz und großartige Chance sehen.“
Die Chemnitzer Synagoge war ebenfalls den Flammen zum Opfer gefallen. Sie stand bis zu ihrer Zerstörung in der Pogromnacht an dem Ort der alljährlichen Gedenkveranstaltung am Stephanplatz. Die Jüdische Gemeinde Chemnitz feierte 2010 mit nunmehr wieder 610 Mitgliedern ihr 125-jähriges Jubiläum in dem neuen Gotteshaus auf dem Kapellenberg an der Stollberger Straße 28.
Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig hob ferner die Verantwortung heutiger Generationen für den Umgang mit dem schweren historischen Erbe hervor: “Ob sich unsere jüdischen Bürger in Chemnitz wohl und geborgen fühlen, hängt von unserem Handeln ab.” Sowohl im Alltag als auch in der Erinnerungskultur gelte es, sich für eine offene und tolerante Stadt einzusetzen. Zum Gedenken gehörten auch Stolpersteine, die an Bürgerinnen und Bürger von Chemnitz erinnern, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.
Dr. Ruth Röcher, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, ergriff im Anschluss das Wort und mahnte eindringlich, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Die Gesellschaft dürfe nicht schweigen, sondern müsse zum richtigen Zeitpunkt die Stimme gegen Rassismus, Fremdenhass und rechte Tendenzen erheben.
Die Veranstaltung wurde mit dem jüdischen Totengebet Kaddisch und dem Gesang des israelischen Kantors Yakow Shmidow beschlossen.
Viele der Teilnehmer der Gedenkveranstaltung sowie Schüler der Annenschule verfolgten im Anschluss die Verlegung des Stolpersteins zu Ehren von Hermann Fürstenheim vor dem Chemnitzer Haus TIETZ.
Der 1877 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Pommern geborene Hermann Fürstenheim zog 1904 nach Chemnitz und übernahm hier die Geschäftsleitung der Chemnitzer Filiale des Kaufhauses Tietz. Mit seiner Ehefrau Ida Fürstenheim und den gemeinsamen Kindern Manfred und Heinz-Joachim bewohnte er eine Villa auf dem Kaßberg, wo er am Morgen des 10. November 1938 im Zuge des Novemberpogroms ermordet wurde.
Der Stolperstein erinnert seit heute vor dem Eingang des TIETZ an der Reitbahnstraße an sein Schicksal. Die Patenschaft dafür übernahm TIETZ-Betriebsleiter Bernd Ruscher.
In Chemnitz wurden bereits 81 Stolpersteine in Gedenken an Opfer nationalsozialistischer Willkür verlegt. Die Stadt unterstützt das Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig seit 2007. Die letzte Verlegung fand am 25. September 2013 im Beisein des Künstlers statt. Die auf kleine Messingplatten eingravierten Lebensdaten geben Auskunft über einstige Bewohner von Chemnitz, die auf Grund ihrer Herkunft, Religion, politischen Gesinnung während des Nazi-Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden.
Alle Informationen zum Thema Stolpersteine in Chemnitz stehen auf den Seiten der Stadt unter www.chemnitz.de/stolpersteine
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