Fledermaus-Fangaktion bringt neue Erkenntnisse
Die nächtlichen Jäger streifen durch den Stärkerwald zwischen Reichenbrand und Neukirchen.
Die naturnahe Waldentwicklung hat für viele Tierarten, die von alten Bäumen profitieren, positive Effekte: Nachdem schon im Jahr 2016 im Stärkerwald sechs Fledermausarten bei Netzfängen nachgewiesen werden konnten, gab es in einer Nacht im Juli eine weitere Erfassungsaktion.
Diesmal stießen die Fänger:innen auf sieben Arten, die sie gefangen und anschließend beringt haben. Davon waren vier Arten im Jahr 2016 noch nicht dabei. Damit konnten nun zehn Fledermausarten im Stärkerwald nachgewiesen werden.
Alle Fledermausarten in Deutschland sind mehr oder weniger stark gefährdet und stehen unter strengem gesetzlichen Schutz. Das liegt daran, dass ihre Nahrungsquelle – die Insekten – und geeignete Verstecke und Ruheorte seltener werden. Strukturreiche Wälder mit Teichen, angrenzendem Grünland und Gärten, wie es beim Stärkerwald der Fall ist, bieten Fledermäusen optimalen Lebensraum. Der Höhepunkt der Fangaktion war die Besenderung einer weiblichen Nymphenfledermaus (Myotis alcathoe), die erst seit 2001 als eigene Art beschrieben ist. Für etwa zehn Tage kann sie „verfolgt“ (Fachsprache: telemetriert) werden, bis der Sender wieder abfällt. Ziel der Telemetrie ist, die Wochenstube zu finden. Wochenstuben sind Quartiere, in denen sich trächtige Weibchen zusammenfinden, ihre Jungtiere zur Welt bringen und säugen. Diesmal hat die Telemetrie ergeben, dass sich das Quartier an einer abgestorbenen Fichte unter abstehender Borke befindet. Für Waldbesitzer:innen und Förster:innen ist das eine wichtige Erkenntnis: Abgestorbene Fichten, die für Borkenkäfer kaum noch Brutmöglichkeiten bieten, können wichtige Habitate für Fledermäuse sein.
Der Stärkerwald hat seinen Namen dem Chemnitzer Strumpfwarenfabrikanten Arthur William Stärker zu verdanken, der diese Flurstücke 1906 in Reichenbrand erwarb und von Fachleuten bepflanzen und gestalten ließ. Als Sommersitz der Familie war das Gebiet großenteils eingezäunt und parkartig strukturiert.
Es gab eine Rodelbahn, einen Ziergarten mit Rhododendren, Azaleen und Eiben, Waldlichtungen sowie eine Kastanienallee. Nach 1945 verwilderte die Parkanlage. Die Umzäunung wurde abgerissen, es gab aus der Not heraus illegales Brennholzschlagen und der Stärkerwald wurden dem staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb zugeordnet. Seit 1990 befindet sich der Stärkerwald im Eigentum der Stadt Chemnitz.
Die Streuobstwiesen südlich des Stärkerwaldes sind seit 1994 als Flächennaturdenkmal (FND) und die Kaßbergbachaue seit 2008 als FND ausgewiesen. Bei dem nun sehr naturnahen Wald handelt es sich durch den Stadtratsbeschluss vom 5. April 2006 um eine der drei FSC-Referenzflächen, die nach neuem FSC-Standard von 2018 Naturwaldentwicklungsflächen genannt werden. Es erfolgen also seit über 15 Jahren keine forstlichen Eingriffe mehr.