50 Jahre Wohngebiet "Fritz Heckert"

Eine Luftaufnahme von Markersdorf Süd in Chemnitz aus dem Jahr 1998 zeigt Wohnblöcke in der typischen Plattenbauweise.
Das Bild um das Jahr 1984 zeigt spielende Kinder in einem Wasserbecken in einer Plattenbausiedlung in der Nähe des Ikarus-Boulevards.
Das Bild um das Jahr 1978 zeigt Markersdorf, das ehemalige Baugebiet V, während dessen Entstehung.

Die Stadt in der Stadt feiert Jubiläum

Das Wohngebiet mit seinen damals rund 32.300 Wohnungen und 92.000 Einwohner:innen ist ein wichtiger Teil der Stadtgeschichte. Es entstand in den 1970er und 1980er Jahren als Antwort auf den Wohnungsmangel in der DDR. Die Planungen wurden von verschiedenen wissenschaftlichen Forschungsprojekten begleitet, um den Bedürfnissen der Bewohner:innen gerecht zu werden. Während umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen wurden die Neubauten im Laufe der Zeit zurückgebaut, wodurch die aktuelle Bevölkerungszahl des Wohngebietes bei rund 37.000 Einwohner:innen liegt. Das Wohngebiet "Fritz Heckert" kann somit auf eine bewegte Geschichte zurückblicken.


Um das Jubiläum gebührend zu feiern, hat sich eine Initiative aus engagierten Bürger:innen, der Bürgerplattform Chemnitz-Süd, dem Chemnitzer Geschichtsverein, der Wohnungsgenossenschaft "Einheit", dem Sächsischen Fahrzeugmuseum, dem Vita-Center, der Stadt Chemnitz und weiteren Akteur:innen zusammengeschlossen.

Im Laufe des Jahres 2024 werden zahlreiche Veranstaltungen stattfinden. Das Jubiläumsfest fand am 17. und 18. August hinter dem Vita-Center statt.
 

Weiterführende Informationen

Hinweis:

Die Texte stammen von Autor und Historiker Norbert Engst. Die Stadt Chemnitz dankt für die wertvolle Unterstützung und Mitarbeit.

So war das Fritz50-Jubiläum am 17. August 2024

Die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum des Fritz-Heckert-Wohngebietes waren geprägt von der Einweihung zwei neuer Informationsstelen, der Eröffnung eines Parkprojektes und der Versenkung einer neuen Zeitkapsel.

Ein Highlight war die Eröffnung der Interventionsfläche "Park Morgenleite". Hinter dem Vita-Center erstreckt sich die dreiteilige Anlage, bestehend aus einem Wasserspielplatz, Bewegungselementen und dem sogenannten Park der Ruhe, die in direkter Zusammenarbeit mit den Bürger:innen entwickelt wurde. Sie soll die Lebensqualität und Attraktivität des Stadtteils steigern. Die Baukosten beliefen sich auf rund 225.000 Euro.

Parallel dazu wurden zwei neue Informationsstelen enthüllt, die an die Geschichte und Entwicklung des Stadtteils erinnern. Die erste Stele steht vor dem Vita-Center und erzählt von der Geschichte des Stadtteils "Morgenleite". Die zweite Stele befindet sich am Wenzel-Verner-Platz und informiert über die Historie des Wohngebiets "Fritz-Heckert" bis 1990  sowie über 30 Jahre Städtebauförderung.

Ein besonderer Höhepunkt war die Rückführung des historischen Grundsteins, der nach Jahrzehnten an seinen Ursprungsort am Wenzel-Verner-Platz zurückgebracht wurde. Neben der restaurierten Schriftplatte wurde gleichzeitig eine neue Zeitkapsel hinterlegt, die eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft symbolisiert. Dieses Projekt war nur durch die Zusammenarbeit verschiedener lokaler Akteur:innen möglich, darunter der Chemnitzer Geschichtsverein 1990 e. V., dem Bürgerverein Chemnitz Helbersdorf e. V. und der Denkmalschutzbehörde der Stadt Chemnitz. Dank des Engagements zahlreicher Beteiligter konnte dieses umfangreiche Programm in kürzester Zeit realisiert werden. Ein besonderer Dank gilt den lokalen Handwerkern, Historikern und Bürgerinitiativen, die dieses Projekt mit viel Herzblut unterstützt haben.

Informationsstelen

Am 17. August wurden zwei Informationsstelen enthüllt: die Stele am Vita-Center informiert über den Stadtteil "Morgenleite", die Stele am Wenzel-Verner-Platz zum Wohngebiet "Fritz-Heckert".

 

 

Neue Zeitkapsel in altem Grundstein

Anlässlich des 50. Jubiläums des Fritz-Heckert-Gebietes fand sich ab Juli 2023 ein Bündnis aus Bürger:innen, dem Chemnitzer Geschichtsverein 1990 e. V., dem Bürgerverein Chemnitz-Helbersdorf e. V. und der Denkmalschutzbehörde der Stadt Chemnitz zusammen, um den Grundstein entsprechend seiner sozialgeschichtlichen, ortsgeschichtlichen und künstlerischen Bedeutung als Kulturdenkmal anerkennen zu lassen.
 

Da der am 5. Oktober 1974 am Standort des heutigen Wenzel-Verner-Platzes eingeweihte Grundstein 50 Jahre lang Abgasen und Verwitterung ausgesetzt war, wies er starke Schäden im Betonkörper auf und die Schriftplatte dunkelte nach. Im Oktober 2023 wurde das Objekt in die Landesdenkmalliste aufgenommen. Anfang Juli 2024 begann die Sanierung des Betonkörpers und der Schriftplatte unter Federführung des Kulturbetriebes der Stadt Chemnitz. Diese Arbeiten wurden ausgeführt von Till Apfel, Steinmetzmeister und Steinbildhauermeister mit Sitz in Chemnitz. Die Dokumente der alten Zeitkapsel – Zeitungen, Gebäudepläne, Unterlagen des Wohnungsbaukombinats Karl-Marx-Stadt, Münzen im Wert von ca. 145 DDR-Mark, eine Karl-Marx-Medaille sowie Unterlagen der Bauschaffenden – wurden geborgen und werden künftig vom Schloßbergmuseum aufbewahrt.

 

Die neue Kapsel wurde bis zum 14. August im Schloßbergmuseum befüllt und auch am 14. August bereits verlötet, da eine Befüllung vor Ort bei der Einweihung des Grundsteins am 17. August aus technologischen Gründen nicht möglich ist. Die neue Zeitkapsel wurde mit den Amtsblatt-Ausgaben der Serie zum 50. Heckert-Jubiläum, aktuellen Ausgaben von zwei Chemnitzer Tageszeitungen, Dokumenten und Flyern zum Festprogramm am 17. und 18. August, einem Kalender mit historischen Fotografien des Heckert-Gebietes, dem Münzsatz sowie der Karl-Marx-Medaille aus der alten Zeitkapsel, einem Satz neuer Euro-Münzen, einer leeren Flasche Heckert-Bier, Ausgaben des Südblicks und zwei Büchern befüllt: einer Ausgabe „Das Wohngebiet ‚Fritz Heckert‘ – Bauen in neuen Dimensionen“ von Norbert Engst, Chemnitzer Geschichtsverein e. V., und „Mein Kinderzimmer in den Wolken“ der Autorin Manuela Klitzsch.

 

Die neue Zeitkapsel wird am 17. August feierlich in den wiederaufbereiteten Grundstein eingelassen.

 

Der Standort am Wenzel-Verner-Platz wurde gewählt, da er repräsentativ ist und dieser Ort dem ursprünglichen Standort des Grundsteins nahekommt. Kurz nach der Grundsteinlegung 1974 wurde er vermutlich auf den Bauhof gebracht und dort gelagert, bis die Arbeiten am Baugebiet I abgeschlossen waren. Danach wurde er Ende der 1970er-Jahre am Parkplatz des Finanzamtes Chemnitz-Süd aufgestellt. Gemäß dem Kulturhauptstadt-Motto „C the Unseen“ sollte der kaum gesehene und unbeachtete Stein aus seiner Nische herausgeholt und als wichtiger Identifikationsanker für die Bewohner:innen des Wohngebietes und Symbol einer prägenden städtebaulichen Epoche der Stadt Chemnitz präsentiert werden.
 

Eine dazugehörige neue Informationsstele am restaurierten Grundstein am Wenzel-Verner-Platz gibt Auskunft über die Historie des Wohngebietes „Fritz Heckert“ bis 1990 sowie Wissenswertes zu 30 Jahren Städtebauförderung von 1994 bis 2024.
 

Der Bürgerverein Chemnitz-Helbersdorf e. V. übernimmt den Erhalt und die Pflege des Grundsteins und der Informationsstele, so wie er sich bereits seit Jahren um den gesamten Wenzel-Verner-Platz kümmert.

Kindheit und Jugend im Fritz-Heckert-Gebiet

Die Autorin, Manuela Klitzsch, als Kind bei ihrem Schulanfang im Jahr 1982 gemeinsam mit ihren Eltern.

Über 38 Prozent der Chemnitzer Kinder der 1970er bis 1990er Jahre wuchsen im Heckert-Gebiet auf. Eine von ihnen ist Manuela Klitzsch. In kurzweiligen Episoden erinnert sie sich augenzwinkernd und detailverliebt an eine Kindheit im Karl-Marx-Stadt der 80er Jahre.

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Die 1990er Jahre im Fritz-Heckert-Gebiet

Das Bild aus dem Jahr 1995 zeigt ein demontiertes Autowrack am Straßenrand an der Dittersdorfer Straße.

Mit der europäischen Neuordnung von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik nach 1989/1990 trat eine gegensätzliche Entwicklung zwischen den ostdeutschen Neubaugebieten im Vergleich zu ihren osteuropäischen Schwestern ein.

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Mobilität im Fritz-Heckert-Gebiet

Das Foto aus den 1980er Jahren zeigt einen großen Parkplatz an der Dr.-Salvador-Allende-Straße mit vielen Stellflächen.

Mit dem Umzug vom stadtnahen Altbau in eine Neubauwohnung am Stadtrand änderte sich nicht nur die Art des Wohnens der neuen Mieter:innen, auch das Verkehrsverhalten wandelte sich.

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Transformation des Fritz-Heckert-Gebietes

Das heutige Markersdorf-Süd. Mit der Markersdorfer Oase wurde ein attraktiver Stadtteilpark geschaffen.

Der gesellschaftliche Wandel 1989/1990 änderte die Existenzbedingungen ostdeutscher Neubaugebiete grundlegend, wenngleich auch nicht schlagartig.

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Historisches

Die Grundsteinlegung des Fritz-Heckert-Wohngebietes erfolgte im Jahr 1974. In die Platte wurde eine Zeitkapsel versenkt.

Im Jahr 1974 erfolgte im Süden Karl-Marx-Stadts die Grundsteinlegung für ein städtebauliches und gesellschaftliches Großprojekt in bis dahin unbekannten Dimensionen.
 

Die feierliche Grundsteinlegung am 5. Oktober 1974 stellte den offiziellen Baubeginn der Großwohnsiedlung "Fritz Heckert" dar. Doch wie so häufig bei gesellschaftsprägenden Großprojekten dieser Art reicht die Geschichte viel weiter zurück. Bereits der Bebauungsplan "Chemnitz Helbersdorfer Hang" aus dem Jahr 1919 beinhaltet eine Wohnsiedlung zwischen Helbersdorfer- und Stollberger Straße.


Ebenfalls ist in diesem Plan mit der Gürtelstraße der Vorgänger des Südrings enthalten. Derweil war zum Zeitpunkt der Grundsteineinweihung der Bau des nördlichsten Wohngebietsteils, das Baugebiet 0 - Irkutsker Straße, in vollem Gange.

 

Die Lage des Wohngebietes im Süden der Stadt ergab sich aus dreierlei Überlegungen. Zunächst sollte das Wohngebiet zwischen den großen Industriegebieten in Altchemnitz und Siegmar-Schönau liegen, zudem beinhalteten Stadtentwicklungspläne ab Ende der 1950er Jahre ein perspektivisches Wachsen der Stadt entlang der Stollberger Straße nach Süden. Unterstützt wurden diese Planungen von Staub- und Temperaturmessungen im Sommer 1950, die eine große Zone überdurchschnittlich reiner Luft und unterdurchschnittlich kühler Temperaturen entlang des Höhenzuges Stollberger Straße/Morgenleite nachwiesen.


 

Bauarbeiter während der Arbeit auf dem Dach eines Wohnblocks auf der Allende-Straße 156-160. Das Bild entstand im Jahr 1978.

Mit dem offiziellen Baubeginn 1974 zählt das Fritz-Heckert-Gebiet zu den ältesten unter den großen innerstädtischen Neubaugebieten, welche im Rahmen des industriellen Wohnungsbauprogramms der DDR errichtet wurden. Die Grundsteinlegung für Berlin Marzahn-Hellersdorf erfolgte 1975, jene für Leipzig-Grünau 1976, jene für Dresden-Gorbitz 1981. Halle-Neustadt ist mit seinem Baubeginn 1964 zwar älter, wurde jedoch von Beginn an als eigenständige neue Stadt mit eigener Administration geplant und nicht als Wohnsiedlung innerhalb einer bestehenden Stadt. So kommt der hiesigen Großwohnsiedlung eine Pionierrolle zu.
 

Die ersten Pläne für das Heckert-Gebiet sahen noch eine Bebauung bis zur Dorflage Markersdorf vor. Später erfolgte die Einbeziehung der Felder südlich von Markersdorf, ab 1980 wurde mit der Eingemeindung von 107 Hektar Neukirchner Land die Karl-Marx-Städter Stadtgrenze nach Süden verschoben, um Platz für zusätzliche 5.000 Wohnungen zu erlangen. Damit entstanden bis zur Einstellung der Bauarbeiten 1990 etwa 32.300 Wohnungen für 92.000 Menschen. Die hügelige und periphere Lage trieb die Baukosten in die Höhe. Genehmigte die Deutsche Bauakademie 50.000 Mark Kosten pro Wohnung im Heckert-Gebiet, mussten für die Wohnungen im südlichsten Stadtteil Hutholz 85-90.000 Mark aufgebracht werden. Die verwendeten Plattenelemente wurden unter anderem im Plattenwerk Furth vorgefertigt und per Tieflader an die jeweiligen Taktstraßen im Heckert-Gebiet transportiert. Die LKW-Fahrer fuhren bis zu 600 Mal im Jahr diese Strecke.



 

Das Bild um 1982 zeigt eine Baustelle mit Plattenbauten auf der Johannes-Dick-Straße, die gerade errichtet werden.

Heute kaum noch vorstellbar ist, dass diese Großbaustelle gleich nach Fertigstellung der Häuser von den zukünftigen Einwohner:innen bezogen wurde. Da herstellungsbedingt noch Restfeuchtigkeit in den Betonelementen gebunden war, trockneten manche Erstmieter:innen ihre Wäsche auf Wäschetrocknern vor dem Fenster. Schlammige Wege sind heute noch vielen Einwohner:innen in Erinnerung. Für viele Kinder war das Leben auf den Baustellen ein großes Abenteuer.

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