Reden des Chemnitzer Oberbürgermeisters Sven Schulze
Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2021/2022 in der Stadtratssitzung am 3. Februar 2021
Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
sehr geehrte Kollegen Bürgermeister,
liebe Chemnitzerinnen und Chemnitzer,
wir bringen heute den Zweijahreshaushalt für 2021 und 2022 unter schwierigen Umständen ein:
Nach Jahren des Wachstums, steigender Investitionen und neuer, zusätzlicher Angebote entstand dieser Haushalt unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer weltweiten Pandemie, die längst noch nicht ausgestanden ist.
Bis zum Spätsommer des vergangenen Jahres gingen viele Expertinnen und Experten noch davon aus, dass Deutschland dank großzügiger Hilfsprogramme, deutlicher verbesserter Kurzarbeitsregelungen und eines heftigen, aber vergleichsweise kurzen Lockdowns wirtschaftlich gesehen wohl mit einem blauen Auge davonkommen würde.
Mittlerweile sind sich viele Gelehrte in dieser Frage nicht mehr sicher und es steht eher zu befürchten, dass uns die Folgen dieser Krise noch einige Jahre beschäftigten werden.
Sicher – es gibt etliche Hilfen des Bundes und des Freistaates. Dass diese gerade bei denen, die darauf dringend angewiesen sind, so spät und unzureichend eintreffen, ist zu kritisieren. Hier ist die große Politik gefordert, ihren Versprechen endlich Taten folgen zu lassen!
Auch wir als Stadt haben – mit Ihrer Zustimmung – versucht, dazu beizutragen die Situation zu meistern, indem beispielweise anstehende Steuerzahlungen gestundet oder auch Kulturschaffende mit dem Programm „In der Krise sichtbar bleiben“ gezielt unterstützt wurden.
Und doch sind die wirtschaftlichen Folgen dieser Pandemie auch in unserem städtischen Haushalt deutlich spürbar:
- zurückgehende Steuereinnahmen und rückläufige sonstige Einnahmen,
- stagnierende Landeszuweisungen
- bei gleichzeitig steigenden Kosten im sozialen Bereich, der Jugendhilfe, bei einigen städtischen Unternehmen oder auch beim städtischen Personal
zwingen uns, Aufgaben kritisch zu hinterfragen, Prioritäten zu setzen und ja, auch auf Dinge zu verzichten, die wir uns unter anderen Umständen gern leisten würden. Denn gegenüber der bisherigen Finanzplanung, die noch aus dem Jahr 2018 stammt, sind die Erträge teilweise deutlich gesunken und die Aufwendungen gleichzeitig ebenso deutlich angestiegen.
Und doch ist der Haushalt für dieses und das nächste Jahr kein Sparhaushalt! Anders als einige vielleicht vermuten würden, ging es bei der Aufstellung des Planentwurfes eben nicht darum, eine „schwarze Null“ um jeden Preis zu erreichen.
Nein – es ging darum, verantwortungsbewusst zu handeln und einen Plan aufzustellen, der es uns ermöglicht,
- wichtige Projekte der Stadtentwicklung voranzubringen,
- sportliche, soziale und kulturelle Angebote weiter auf hohem Niveau zu fördern und dabei vor allem auch das Vereinsleben in unserer Stadt zu erhalten
- aber ebenso weiterhin in gute Kitas und moderne Schulen zu investieren
kurzum: darum, die Lebensqualität in unserer Stadt nicht nur zu erhalten, sondern sie weiterhin kontinuierlich zu steigern.
Diese Aufgabe war angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen alles andere als leicht zu lösen.
Und doch bin ich überzeugt, dass der Haushalt, den wir Ihnen heute gemeinsam vorlegen, eine gute Grundlage dafür bietet, unsere Stadt in den nächsten Jahren weiter voranzubringen.
Dieser Haushalt ist ein Haushalt der Stabilität und Verantwortung, der bezüglich der finanziellen Leistungsfähigkeit an die Grenzen geht. Wir können das bisherige Ausgabeniveau bei wesentlichen Positionen stabil halten, wichtige Aufgaben absichern und auch weiterhin gezielt investieren. Und doch tun wir dabei nicht so, als hätten wir eine Gelddruckmaschine im Keller stehen, mit der alle Wünsche finanziert werden können.
Es geht um die Balance zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren. Es geht um die Stadt als Ganzes und nicht um Partikularinteressen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
lassen Sie mich an dieser Stelle auf die wichtigsten Eckpunkte unserer Haushaltsplanung eingehen:
Wir planen in 2021 und 2022 mit Erträgen in Höhe von rund 1,68 Mrd. €. Dem stehen geplanten Aufwendungen von 1,76 Mrd. € gegenüber. Gegenüber den vergangenen beiden Jahren ist das Haushaltsvolumen noch einmal angestiegen.
Der Ergebnishaushalt weist also bereits für diese beiden Jahre ein planerisches Defizit von annähernd 79 Millionen Euro aus. Und diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren leider fortsetzen, denn auch über den gesamten Finanzplanungszeitraum ist nur eine langsame Verbesserung in Sicht. Insgesamt gehen wir im Zeitraum bis 2025 von einem Fehlbetrag in Höhe von rund 144 Millionen Euro aus.
Im Finanzhaushalt, also bei den tatsächlich fließenden Einnahmen und Ausgaben sieht es nicht viel besser aus:
Hier rechnen wir über den gesamten Planungszeitraum mit einem Finanzmittelbedarf von mehr als einer viertel Milliarde Euro. Wohlgemerkt sind dabei schon eine Kreditaufnahme für Investitionen in erheblichem Umfang sowie der vollständige Einsatz des noch verfügbaren Liquiditätsbestandes unterstellt. Doch dazu später mehr.
Ganz maßgeblich schlagen die Mindererträge aus Steuern zu Buche, die mit immerhin 30 Prozent den größten Anteil unserer städtischen Erträge ausmachen. Während wir bei der Grundsteuer von vergleichsweise geringen Mehrerträgen ausgehen, macht sich der Einbruch bei der Gewerbesteuer deutlich bemerkbar.
Aktuell gehen wir hier von knapp 106 Millionen in diesem und 108 Millionen im kommenden Jahr aus. Zum Vergleich: im Jahr 2019 haben wir allein aus dieser Steuerart fast 114 Millionen Euro Erträge erzielt. Dieses Niveau werden wir frühestens wieder im Jahr 2024 erreichen.
Beim Gemeindeanteil an der Einkommens- bzw. der Umsatzsteuer rechnen wir im Vergleich zu den Vorjahren hingegen nur mit einer leichten Reduzierung bzw. sogar mit moderaten Anstiegen.
Betonen möchte ich an dieser Stelle, dass wir trotz der angespannten Haushaltslage auf eine Anhebung der Hebesätze für die Grund- und die Gewerbesteuer verzichten wollen.
Dies ist eine ganz bewusste Entscheidung, vor allem mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen die Unternehmen in unserer Stadt stehen, aber ebenso aus Rücksicht auf die sozialen Folgen einer Steuererhöhung in diesem Bereich.
Bei der zweiten wichtigen Einnahmequelle der Kommunen, den Landeszuweisungen, machen sich die Auswirkungen der Pandemie ebenso bemerkbar:
Wenngleich die allgemeinen Schlüsselzuweisungen mit jeweils rund 214 Millionen € nach sehr harten FAG-Verhandlungen mit dem Land voraussichtlich auf dem Niveau des vergangenen Jahres gehalten werden können, brechen die investiven Schlüsselzuweisungen mit nur noch 18 Millionen € in diesem und im nächsten Jahr regelrecht ein.
Auch beim Landeszuschuss für die Kitabetreuung und den Erstattungen im Bereich Asyl mussten die Zahlen gegenüber der ursprünglichen Finanzplanung reduziert werden. Die Gründe dafür liegen in einem weniger starken Anstieg der Kinderzahlen und einem Rückgang der Bezugsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Im Übrigen machen sich die Auswirkungen des zweifachen Lockdowns und der daraus folgenden Schließung zahlreicher städtischer Einrichtungen auch bei den geplanten Benutzungsgebühren und Entgelten bemerkbar.
Zusätzliche Erträge aufgrund der Pandemie ergeben sich hingegen aus dem Förderprogramm des Bundes zur Digitalisierung von Schulen.
Hier rechnen wir bis 2024 mit jährlich rund 3 Millionen €, die in die Verbesserung der digitalen Infrastruktur und den Erwerb mobiler Endgeräte fließen werden.
Wesentliche Änderungen gegenüber den Planansätzen des Jahres 2020 bzw. der bisherigen Finanzplanung gibt es ebenso bei den Aufwendungen:
Den größten Posten innerhalb des städtischen Haushaltes bilden mit rund 28 Prozent bzw. rund 248 Millionen € in 2021 nach wie vor die Personalaufwendungen.
Ursächlich für diesen hohen Anteil sind neben dem Personalaufbau der vergangenen Jahre, der u. a. aber nicht nur aufgrund steigender Kinderzahlen in den Kitas erfolgen musste, auch die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst. Zur Verdeutlichung: seit 2016 wurden in der Stadtverwaltung 532 Vollzeitstellen aufgebaut, davon 272 im Kitabereich.
Um den weiteren Anstieg der Personalkosten zumindest abzubremsen und damit die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt Chemnitz zu unterstützen, haben wir uns – abgesehen von einigen wenigen Stellen im Jugendamt und bei der Kulturhauptstadt, für ein Stellenmoratorium entschieden.
Zusätzlich ist vorgesehen, dass neben dem Wegfall von knapp 50 zum Teil befristeten Stellen auch freie bzw. freiwerdende Stellen bzw. Stellenanteile aufgrund von Teilzeit oder Altersabgängen vorerst nicht wiederbesetzt werden. Dies alles wird sozialverträglich, also ohne betriebsbedingte Kündigungen geschehen.
Insgesamt ergibt sich hieraus eine perspektivisch geplante Einsparung in Höhe von ca. 10 Millionen Euro, die anderenfalls zusätzlich zu finanzieren wäre.
Mir und meinen Bürgermeisterkollegen ist durchaus bewusst, dass dieses Einsparziel in einigen Bereichen mit Einschränkungen verbunden sein wird. Und doch führt an einer Reduzierung des Personalkostenanstiegs kein Weg vorbei, wenn wir die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt nicht aufs Spiel setzen wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch bei den übrigen Aufwendungen sind teilweise deutliche Anstiege zu verzeichnen.
So wurden beispielsweise die Ansätze für die Unterhaltung von Schulen und Kitas gegenüber dem Jahr 2020 um ca. 9 Millionen € erhöht und auch rund 1,6 Millionen € mehr für die Straßenunterhaltung einschließlich Winterdienst eingeplant. Auch für die Bewirtschaftung der städtischen Grünflächen ist deutlich mehr Geld vorgesehen – im Vergleich zum Jahr 2019 fast eine Million €.
Bei den städtischen Sporteinrichtungen schlagen wiederum neben höheren Aufwendungen für Personal und die Reinigung der Objekte auch die ab dem 4. Quartal 2022 vorgesehene Inbetriebnahme des neuen Schwimmsportkomplexes in Bernsdorf zu Buche.
Eine Besonderheit stellen die Aufwendungen für die Schülerbeförderung dar: Gegenüber dem Jahr 2020 werden sich die Kosten in diesem Bereich bis 2022 um fast 2 Millionen € erhöhen. Wesentliche Gründe dafür sind steigende Schülerzahlen, vermehrt ausgestellte ärztliche Gutachten zur Einzelbeförderung sowie Preissteigerungen bei den Verkehrsunternehmen.
Zusätzliche Mittel wird es auch für die Bürgerbeteiligung geben. Entsprechend Ihres Stadtratsbeschlusses wurden neben den bestehenden drei Bürgerplattformen fünf weitere errichtet und mit Personal- und Sachmitteln ausgestattet. Dafür stehen in 2021 – 2025 je 696 T€ bereit. Wir stabilisieren damit diese Plattformen.
Zudem sind für das Rahmenkonzept „Jugendbeteiligung in Chemnitz“ laut Beschluss ab dem Jahr 2021 Mittel i. H. v. 50 T€ vorgesehen. Die finanziellen Mittel für die Ortschaften werden ebenfalls aufgestockt.
Die Zuschüsse für freie Träger des Kulturbereiches erhöhen sich in diesem und im nächsten Jahr um rund 400 T€ im Vergleich zum Plan 2020. Bei institutionell geförderten Trägern soll das bereits 2020 durch Stadtratsbeschluss erhöhte Förderniveau beibehalten werden, um Zuschusskürzungen bei wichtigen internationalen Angeboten wie der Sächsischen Mozartgesellschaft und dem Sächsischen Kinder- und Jugendfilmdienst zu vermeiden.
Außerdem wurden ab dem Jahr 2021 100 T€ zur Förderung der Industriekultur in den Haushalt eingeordnet, die dem Eisenbahnmuseum zugutekommen sollen. Hierbei gehen wir davon aus, dass sich der Freistaat Sachsen analog der Vorjahre in gleicher Höhe beteiligt.
Für die Jugendarbeit und Familienbildung stehen im Jahr 2021 und im nächsten Jahr rund 1,4 bzw. 1,5 Millionen € mehr zur Verfügung als 2019 abgerechnet wurden.
Die Zuschüsse an Kindertagesstätten freier Träger erhöhen sich gegenüber 2020 um 4,6 Millionen € bzw. 5,7 Millionen € in 2022. Dabei wurden die neu geschaffenen Platzkapazitäten in diesem und im nächsten Jahr ebenso bereits berücksichtigt, wie die ab 1. Juli erhöhte Verwaltungskostenpauschale, welche die Träger erhalten.
Insgesamt steigt der Zuschussbedarf für den Betrieb der Chemnitzer Kindertagesstätten verglichen mit dem Plan 2020 um rund 11 Millionen bzw. rund 12,5 Millionen € bis 2022 an.
Der aktuelle Planentwurf unterstellt deshalb erstmals seit mehr als zehn Jahren auch wieder eine moderate Anhebung der Elternbeiträge ab dem 31.08.21.
Das ursprünglich vom Stadtrat beschlossene kostenfreie Vorschuljahr, welches zunächst nur für 2019 und 2020 gelten sollte, konnte in der Planung nur noch bis zum 31.08.21 berücksichtigt werden.In der Vorbereitung zur Haushaltsaufstellung haben wir insbesondere diesen Punkt intensiv diskutiert, weil uns bewusst ist, welchen Stellenwert das kostenfreie Vorschuljahr für Sie als Stadträtinnen und Stadträte und auch für viele Eltern besitzt.
Trotz allem haben wir uns in Abwägung der finanziellen Rahmenbedingung gegen eine Fortsetzung entschieden, weil eine Weiterführung dieses Angebotes zusätzliche Mehraufwendungen von 2,3 – 2,5 Millionen € pro Jahr, je nach Zahl der betreffenden Kita-Plätze, bedeuten würde, die dann an anderer Stelle eingespart werden müssten.
Für die Zuschüsse im Bereich der Sportförderung sind in den kommenden beiden Jahren jeweils rund 6 Millionen € vorgesehen.
Im Haushalt enthalten sind dabei sowohl steigende Zuschüsse für Personalkosten – insbesondere durch Stellenzuwachs für Trainer und Platzwarte – als auch Mittelerhöhungen für die Bewirtschaftung und Unterhaltung von Vereinssportanlagen. Zudem sind die Zuschüsse für die Durchführung von Großsportveranstaltungen wie die Basketball „Final Tour“ und die Deutsche Meisterschaft im Eiskunstlauf leicht erhöht worden. In der Förderung der Sportjugendarbeit konnten die Zuschüsse nahezu unverändert in den Haushalt aufgenommen werden.
Bei der Sanierung von Vereinssportanlagen übersteigen die Bedarfsmeldungen der Vereine jedoch nach wie vor unsere finanziellen Möglichkeiten. Die geplanten Maßnahmen mussten deshalb über den gesamten Finanzplanungszeitraum bis 2025 gestreckt werden.
Die Zuschüsse des kommunalen Förderprogrammes „Lokaler Aktionsplan für Demokratie, Toleranz und für ein weltoffenes Chemnitz“ umfassen entsprechend des Stadtratsbeschlusses aus dem Jahr 2008 unverändert jährlich 80.000 €. Hinzu kommen bis Ende 2024 noch einmal 175.000 € aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“.
Die meisten von Ihnen – wenn auch nicht alle – werden mir wohl zustimmen, dass diese Mittel für die Stärkung unserer Demokratie gut angelegt sind und mit Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land auch in finanziell schwierigen Zeiten weiter bereitgestellt werden sollten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
einen wesentlichen Ausgabenschwerpunkt unseres Haushaltes stellen Angebote der Jugendhilfe dar. Gingen wir in der bisherigen Finanzplanung noch von rund 31 Millionen € pro Jahr aus, so mussten die Ansätze für die kommenden beiden Jahre auf jeweils rund 46 Millionen erhöht werden. Dieser drastische Mehrbedarf resultiert einerseits aus gestiegenen Fallzahlen, andererseits aus erhöhten Entgelten für die Leistungserbringer, denen gestiegene Personal- und Sachkosten zugrunde liegen.
Die zunehmenden Fallzahlen betreffen grundsätzlich alle Hilfearten, jedoch insbesondere die stationären Hilfen zur Erziehung, also die Heimerziehung, gemeinsamen Wohnformen für Mütter, Väter und Kinder sowie die Vollzeitpflege.
Die Aufwandssteigerungen in der Jugendhilfe belasten den städtischen Haushalt zunehmend und schränken die finanziellen Spielräume für freiwillige Maßnahmen wie die Vereinsförderung oder das kostenfreie Vorschuljahr nachhaltig ein. Das Jugendamt hat deshalb einen Plan zur Kostendämpfung im Bereich Hilfen zur Erziehung entwickelt.
Ob sich dieser allerdings wie geplant umsetzen lässt, ist mit Blick auf die Auswirkungen der Pandemie auf Familien keinesfalls sicher.
Aufwandssteigerungen, wenngleich nicht in dieser Höhe, sind auch im Bereich der Sozialhilfe zu erwarten:
Gegenüber dem Planansatz 2020 ist eine Erhöhung um 1,2 Mio. € im Jahr 2021 und um 2,8 Mio. € im Jahr 2022 vorgesehen. Insgesamt werden für das Haushaltsjahr 2021 Aufwendungen i. H. v. 94,6 Mio. € und für das Haushaltsjahr 2022 i. H. v. 96,2 Mio. € veranschlagt.
Den größten Anteil an dieser Haushaltsposition haben die Kosten der Unterkunft mit jeweils rund 45 Millionen €, gefolgt von den Aufwendungen für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung mit 13 bzw. knapp 14 Millionen € pro Jahr.
Zwar stehen den Mehraufwendungen im Sozialbereich ebenso Mehrerträge – im Wesentlichen aus einer höheren Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft – gegenüber. Allerdings sind diese auch im Kontext der sinkenden Bedarfszuweisungen des Bundes zum Ausgleich von Sonderlasten zu sehen.
Eine sehr deutliche Erhöhung gibt es außerdem bei der Sozialumlage, die im Vergleich mit dem Jahr 2020 um 3,5 bzw. 6,3 Millionen € angestiegen ist und im Jahr 2022 voraussichtlich 43,6 Millionen € betragen wird.
Eine ebenso wichtige, wenngleich deutlich geringere Ausgabeposition stellen die geplanten Mittel für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes dar. Beginnend ab diesem Haushaltsjahr werden die entsprechenden Mittel erstmalig in einem eigenen Produkt „Digitalisierung“ ausgewiesen. Das Budget in Höhe von jeweils rund 1,3 Millionen Euro umfasst insbesondere Maßnahmen der Digitalisierung städtischer Dienstleistungen.
Eine wesentliche Position im Haushalt stellen außerdem die städtischen Beteiligungen dar. Hier steigt der Zuschussbedarf ebenfalls erheblich:
Für die C³ ist in 2021 wegen den Auswirkungen der Corona-Pandemie 1 Million Euro mehr Zuschuss, als ursprünglich geplant, vorgesehen.
Für die Finanzierung des ÖPNV wurde der Zuschuss an die VVHC vor dem Hintergrund konstanter Erträge der eins energie und der im Nahverkehrsplan enthaltenen Angebotserweiterung auf 18,5 Millionen Euro in 2021 bzw. 19,5 Millionen Euro in 2022 erhöht. Zum Vergleich: bis 2017 kam der kommunale Querverbund ohne direkte städtische Zuschüsse aus.
Im Verkehrsbereich sind die finanzielle Mehrbelastungen aus dem Stadtratsbeschluss B-002/2016 vom 27.01.2016 zum Nahverkehrsplan, der weitere Angebotsausweitungen im ÖPNV beinhaltete, zu decken. Die stetige Erhöhung des erforderlichen Verlustausgleiches für die CVAG ist insbesondere durch die Personalkosten und Abschreibungen verursacht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
welche finanziellen Folgen die Corona-Pandemie mit sich bringt, zeigt sich auch bei den städtischen Investitionen. Aufgrund der signifikant sinkenden investiven Schlüsselzuweisungen müssen wir die Ausgaben für Baumaßnahmen, die Förderung von Investitionsvorhaben und den Erwerb von Anlagevermögen nach jahrelangem kontinuierlichen Wachstum nun reduzieren:
Standen im Plan 2020 noch rund 118 Millionen € zur Verfügung, so werden es in diesem Jahr nur 93 Millionen und im Jahr 2022 nur 101 Millionen € sein.
Allerdings muss man in diesem Zusammenhang auch die rund 163 Millionen € an Haushaltsresten aus dem Jahr 2019 betrachten, die wir für längst genehmigte und finanzierte aber immer noch nicht umgesetzte Maßnahmen, vor uns herschieben.
Im Jahr 2020 wird die Entwicklung wahrscheinlich ähnlich verlaufen sein. Doch ganz unabhängig davon sind wir für die nächsten beiden Haushaltsjahre gezwungen Prioritäten zu setzen. Und das bedeutet in erster Linie, zwingend erforderliche Maßnahmen wie den Neubau mehrerer Schulen umzusetzen und im Übrigen bereits begonnene Maßnahmen abzuschließen.
Im Vordergrund werden in den nächsten beiden Jahren deshalb die Schulen mit einem Investitionsvolumen für Baumaßnahmen von knapp 95 Millionen €, Maßnahmen an Straßen, Brücken und im Wasserbau mit rund 35 Millionen €, Investitionen für den Sport in Höhe von knapp 13 Millionen € sowie der Breitbandausbau mit rund 10 Millionen € stehen.
Neben der neuen Oberschule am Hartmannplatz, die bis 2022 fertiggestellt sein soll, sind u. a. auch Neubauten bzw. Kapazitätserweiterungen für die Oberschule Vettersstraße, die Grundschule am Südlichen Sonnenberg, die Grundschule in der Charlottenstraße und der Weststraße, der Schulcampus auf dem Sonnenberg sowie die Erweiterung der Grundschule Adelsberg in der Planung enthalten.
Auch den geplanten Anbau für das Kepler-Gymnasium und das Schmidt-Rottluff-Gymnasium finden Sie im Haushalt wieder. Außerdem sollen bereits begonnene Maßnahmen an der Grundschule Reichenhain, am André-Gymnasium, beim Chemnitzer Schulmodell, an der Schule für Lernförderung und weiteren Schulen abgeschlossen werden.
Ob die für die Folgejahre nach 2022 insbesondere im Schulbereich geplanten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden können, hängt ganz entscheidend davon ab, ob es erneut ein Schulbauprogramm des Freistaates Sachsen für die Kreisfreien Städte geben wird.
In der aktuellen Planung haben wir die Fortsetzung des bisherigen Programms ab dem Jahr 2024 unterstellt. Sollte es dieses jedoch nicht geben, so werden wir gezwungen sein, mit der nächsten Haushaltsplanung andere Investitionsmaßnahmen zugunsten der Schulbaumaßnahmen zu streichen, um die Vorgaben des Schulgesetzes zur Klassenbildung einhalten zu können. Denn unser Spielraum ist für die Inanspruchnahme von Krediten ist mit der aktuellen Planung vollständig ausgereizt.
Deshalb richtet sich unsere ausdrückliche Bitte und Forderung an den Sächsischen Landtag, sich bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen für eine deutliche Verbesserung in der Schulbauförderung der kreisfreien Städte einzusetzen! Ich habe mich dazu mit meinen OB-Kollegen aus Leipzig und Dresden in einem Brief an die Koalitionsfraktionen im Landtag gewandt.
Den Schwerpunkt im Sportbereich bilden der Neubau des Schwimmsportkomplexes in Bernsdorf einschließlich der Planung der Sanierung des Freibadbereiches, die Fortsetzung der Rekonstruktion des Hauptstadions und die Errichtung einer Leichtathletik-Anlage im Sportforum sowie der Neubau einer 1-Feld-Halle in Wittgensdorf. Außerdem soll mit der Planung der Komplettsanierung der Sporthalle am Schloßteich im Jahr 2023 begonnen werden.
Neben den genannten Maßnahmen gibt es natürlich noch weitere Investitionsvorhaben, beispielsweise bei Straßen, Brücken und Grünanlagen, auf die ich an dieser Stelle aus Zeitgründen aber nicht weiter eingehen möchte.
Eines allerdings muss noch erwähnt werden, ist es doch das mit Abstand wohl wichtigste Vorhaben der nächsten Jahre:
Die erfolgreiche Bewerbung unserer Stadt zur Kulturhauptstadt Europas 2025 bietet nicht nur die Möglichkeit, Millionen von Touristen nach Chemnitz zu ziehen und unsere Stadt im positiven Sinn auf die europäische Bildfläche zu rücken. Sie stellt vor allem auch einen starken wirtschaftlichen Impuls und einen nachhaltigen Schub für unsere Stadtentwicklung dar.
Gemeinsam werden der Bund, das Land und wir mehr als 90 Millionen € für das kulturelle Programm und übergreifende Projekte wie die „Stadt am Fluss“, die Herrichtung des Gewerbecampus „Stadtwirtschaft“, aber auch für die Erneuerung des Straßenbahnmuseums und für öffentliche Plätze bereitstellen.
Zudem werden die Chemnitzerinnen und Chemnitzer, aber auch die Kommunen im Umland bis hin zur Tschechischen Republik aktiv in die Ausgestaltung des Programmjahres eingebunden werden. Denn das ist ein ganz wesentlicher Baustein unserer erfolgreichen Bewerbung, die wir nun über unsere Stadtgrenzen hinweg umsetzen wollen.
Die operative Umsetzung des gesamten Programms wird ab dem Jahr 2022 vollständig die Kulturhauptstadt GmbH übernehmen. Dementsprechend wird das dafür erforderliche Budget ab diesem Zeitraum im Haushalt als Zuschuss geplant. Eine Beschlussvorlage zur Gründung der GmbH werden wir am 17.03. in den Stadtrat einbringen.
Wir alle wissen, dass dieses Programm sowohl in finanzieller als auch in personeller Hinsicht ein sehr anspruchsvolles ist, gerade auch im Hinblick auf unsere angespannte Haushaltslage. Und doch bin ich überzeugt, dass die erfolgreiche Bewerbung und das, was wir daraus machen werden, ein großer Gewinn für unsere Stadt sein wird!
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie sehen an dieser Aufzählung, dass dieser Haushalt trotz einiger Einschränkungen eine gute Grundlage dafür bietet, bestehende Angebote zu sichern, sie fortzusetzen und an einigen Stellen zielgerichtet weiterzuentwickeln.
Trotz allem gehört zur Wahrheit dazu, dass dies alles nur möglich wird, indem wir über den gesamten Finanzplanungszeitraum neben Investitionskrediten erstmals auch Kassenkredite zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen aufnehmen werden müssen.
In den Jahren 2011 bis 2019 konnte die Verschuldung der Stadt Chemnitz um mehr als 139 Millionen. € gesenkt werden, was zu einer deutlichen Entlastung des Ergebnishaushaltes und damit letztlich auch zu den durchweg positiven Ergebnissen der vergangenen Jahre führte.
Im Gegensatz dazu ist nunmehr im Finanzplanungszeitraum bis 2025 eine Neuverschuldung in Höhe von reichlich 102 Millionen € vorgesehen, welche hauptsächlich durch den Kreditbedarf der Jahre 2021 und 2022 verursacht wird. Die Pro-Kopf-Verschuldung für Investition wird also wieder ansteigen.
Allerdings – das möchte ich nicht verschweigen – könnte die in den Vorjahren beobachtete verzögerte Inanspruchnahme der Haushaltsermächtigungen auch im Jahr 2020 und in den Folgejahren auftreten. Dies würde dazu führen, dass der Kreditbedarf tatsächlich erst später entsteht, was uns mit Blick auf die Erwirtschaftung des Schuldendienstes zumindest etwas Luft verschaffen würde.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Corona-Pandemie und ihre finanziellen Folgen zwingen uns dazu, gemeinsam verantwortlich zu handeln.
Im Unterschied zu den Vorjahren kann es nicht mehr darum gehen, immer neue Aufgaben bzw. Ausgaben im Haushalt zu verankern. Es ist auch nicht allein damit getan, immer nur auf den Bund oder den Freistaat zu zeigen, wenngleich wir unsere berechtigten Forderungen weiterhin stellen werden. Denn auch der Bund und die Länder bekommen die Auswirkungen der Krise deutlich zu spüren.
Jetzt muss es mehr denn je darum gehen, mit Augenmaß zu handeln, auch wenn das bedeutet, dass wir liebgewonnene Projekte verschieben oder uns bis auf Weiteres ganz von diesen verabschieden müssen. Vieles von dem, was angefangen oder angestoßen wurde, ist erst einmal mit Priorität fertigzustellen, bevor wir uns neue Gedanken machen können.
Unser gemeinsames Ziel muss es sein, eine weitere Verschlechterung der Haushaltslage zu vermeiden, um überhaupt eine Genehmigung unseres Haushaltes zu erhalten.
Ich weiß, dass das allen Beteiligten sehr viel abverlangt. Und bitte glauben Sie mir:
Weder für mich noch für meine Bürgermeisterkollegen war es einfach, bei all den Wünschen und Notwendigkeiten, die erforderlichen Reduzierungen in den Haushaltsanmeldungen der Ämter vorzunehmen. Und doch haben wir uns gemeinsam dazu entschieden, weil die vermeintliche Alternative eines nicht genehmigten Haushaltes noch viel härtere Konsequenzen für unsere Stadt und die Menschen, die hier leben, hätte.
Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
Sie sind gewiss in keiner einfachen Lage, denn letztlich müssen Sie entscheiden, wofür das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgegeben werden soll. Sie müssen diese Entscheidung in dem Wissen treffen, dass man es nicht jeden recht machen kann.
Und Sie müssen diese Entscheidung in einer vergleichsweise kurzen Zeit unter den Bedingungen einer Pandemie treffen, die intensive persönliche Beratungen deutlich erschwert.
Das alles ist auch für Sie eine große Herausforderung. Deshalb möchte ich Ihnen schon heute dafür danken, dass Sie sich der Herausforderung stellen, baldmöglichst gemeinsam zu einem bestätigten Haushalt für unsere Stadt zu kommen. Und ich bin überzeugt: Dies kann in einem verantwortungsbewussten Miteinander von Fraktionen und Verwaltung gelingen.
Wenn Sie dafür Unterstützung benötigen oder Fragen haben, so stehen Ihnen die Bürgermeister und Frau Härtel sowie andere Kolleginnen und Kollegen ebenso wie ich in den kommenden Wochen bis zur abschließenden Beratung hier im Stadtrat selbstverständlich gern zur Verfügung!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!