Chemnitzer Zeitzeugen: Gottfried Remtisch
Gottfried Remtisch wurde 1933 in Chemnitz geboren. Seine Eltern hatten eine Buchhandlung in der Nähe des Brühls.
Mit elf Jahren befand ich mich als „Luftschutzmelder“ im öffentlichen Luftschutzraum „Linde“ gegenüber dem Theaterplatz. Die Phosphorbomben trafen auch uns. Als das brennende Phosphor die Kellertreppen herunterlief, kamen wir über den Mauerdurchbruch zum Nachbargrundstück, dem Hansa-Haus, ins Freie. Alles brannte lichterloh. Auch unser Wohnhaus gegenüber dem Schillerplatz sowie das Geschäft meiner Eltern „Buchhandlung Remtisch“ auf der Oberen Georgstraße, damals Langemarkstraße. Obwohl die Flammen schon durch die Erdgeschossdecke loderten, konnte ich noch die Reiseschreibmaschine retten.
Am Morgen zog ich mit einer großen Flüchtlingswelle aus der Stadt. Das Ziel war Auerbach/Erzgebirge, wo meine Mutter mit meinem kleinen Bruder Lothar untergekommen war. Allerdings waren sie in dieser Nacht auf dem Heimweg. Als sie am Hauptbahnhof ankamen, ertönten die Sirenen. Sie mussten den öffentlichen Luftschutzraum des „Chemnitzer Hofes“ aufsuchen. Tags darauf suchten sie mich und schrieben an die Ruine unseres Wohnhauses: „Wo ist Gottfried?“