Chemnitzer Zeitzeugen: Christa Schluckebier
Am 5. März 1945 wohnte ich mit meinen Eltern in Chemnitz auf der Seumestraße 7, das war direkt neben dem damaligen Arbeitsamt. Ich war die Jüngste von drei Geschwistern, meine beiden großen Brüder waren bereits im Krieg gefallen. Wenn eine Person zum Arbeitsamt mit dem Fahrrad kam, bot ich am Nachmittag nach der Schule oft an, auf das Rad aufzupassen. Wenn ich Glück hatte, bekam ich dafür 5 oder 10 Pfennige als Lohn. Damit ging ich dann in den in der Seumestraße befindlichen Kolonialwarenladen und kaufte mir 5 oder 10 Sahne-Malze.
Am 5. März 1945 mussten wir gegen 22.00 Uhr wieder in den Luftschutzkeller, weil die Sirenen gingen und die Bomber kamen. Diesmal war es der schlimmste Angriff auf unsere Stadt. Aus Angst vor nachfolgenden Sprengbomben bettelte ich meine Eltern, aus der Stadt zu fliehen. Wir nahmen unseren Handwagen und zogen noch in der Nacht wie so oft damit in den Stadtteil Furth zu einem Bauern Namens Anke.
Als wir am frühen Morgen wieder zu unserer Wohnung zurückkehrten, war unser Haus bis zur 1. Etage niedergebrannt. Gleich fing mein Vater an, unsere Wohnung im Erdgeschoss zu räumen. Er nahm das Stubensofa auf den Rücken und transportierte es auf den Hof. Unglaublich, welche Kräfte ein Mensch entwickeln kann! Wir räumten die Wohnung noch eine Weile aus, bis ich es verbot, damit uns nicht die glühende Decke auf den Kopf fällt. Danach brach auch diese ein. Die geretteten Möbel und andere Sachen konnten wir vorübergehend im Arbeitsamt einstellen, bis wir dann zu meinem Opa nach Borna ziehen konnten. Dafür organisierte mein Vater ein Pferdefuhrwerk und wir transportierten alle Möbel und Sachen damit zu meinem Großvater an den Stadtrand.