Chemnitzer Zeitzeugen: Roswitha Spahl
Ich war klein, noch nicht mal sechs Jahre alt und es war eigentlich meine erste richtige Erinnerung in meinen Leben. Was vorher war, weiß ich nicht mehr so genau. Meine Eltern hatten eine Bäckerei an der Zschopauer Straße und gegenüber waren viele Mietwohnungen, man nannte diese die Kasernen. Darunter war ein Luftschutzkeller.
Es war schon dunkel und ich sollte ins Bett, da begannen wie schon so oft in den letzten Tagen die Sirenen zu heulen. Ich wusste danach kam ein Bombenangriff und ich musste mich anziehen. Meine Mutter ärgerte sich über mich, weil ich nicht fertig wurde.
Wir rannten über die Straße in den Luftschutzkeller und warteten ab bis Entwarnung kam und der Angriff vorbei war. Als wir raus wollten war die Tür schon verschüttet und die Männer suchten einen Notausgang. Es brannte vor der Tür und auch um die Tür herum, wir bekamen nasse kalte Decke umgeworfen und rannten durch die brennente Tür .Draußen war ein Tumult und Geschreie alles lief durcheinander wer noch nicht aus den Keller heraus gekommen war hat es wohl nicht mehr geschafft. Um uns herum brannte alles lichterloh. Wir unsere Eltern, meine Schwester Maria, mein Bruder Herbert und unser Franzose Jan, ein Fremdarbeiter für unsere Bäckerei. Mein großer Rudolf war eingezogen worden. Unser Vater musste nicht in den Krieg denn er hatte für die Menschen in der Stadt Brot zu backen.
Wir sind dann am Krankenhaus an der Zschopauer Straße vorbei gerannt, dort liefen die Menschen in Nachthemden auf dem Gelände herum. Ich sah wie die Decken einstürzten und die Betten herunterfielen. Wir sind dann auf einen Fußballplatz gegangen und haben den Rest der Nacht dort gesessen bis es hell wurde. Meine Schwester und ich haben nur geweint.
Bei mir waren Augenbrauen und die Haare vorn am Kopf, trotz der nassen Decke, verbrannt. Ich hatte in der Eile beim Anziehen einen Lederschuh und einen Hausschuh an.
Wir wussten nicht wohin, unsere Bäckerei war abgebrannt und bei meinen Großelter war eine Bombe ins Schlafzimmer gefallen da Konnten wir auch nicht hin. Früh sind wir dann nach Adelsberg zu einem Bekannten gegangen. Zum Glück hat uns dann doch noch ein Kunde geholfen und seine Gartenlaube für eine Weile zur Verfügung gestellt.
Mein Vater musste dann eine leer stehende Bäckerei übernehmen. Denn die Versorgung der Menschen in der Heimat musste doch gesichert werde.
Wir hatten großes Glück, hatten zwar Unser Hab und Gut verloren, aber wir haben überlebt.