Chemnitzer Zeitzeugen: Manfred Weber
Obwohl ich erst knapp 3 Jahre und 8 Monate alt war, kann ich mich an diese Bombennacht noch gut erinnern. Mein Vater war Ende 1943 gefallen und ich wohnte mit meiner Mutter in dem Eckhaus Planitzstraße 58, direkt gegenüber der Planitzwiese. In diesem Eckhaus befand sich auch die Fleischerei Schöne. In der besagten Nacht nach dem Sirenenalarm begaben sich die Hausbewohner wie nach jedem Alarm in den Luftschutzkeller. Es gab mehrere starke Erschütterungen während des Bombardements. Nach einiger Zeit der Ruhe ging der Luftschutzbeauftragte nach draußen und kam zurück mit dem Ausruf: „Sofort alles raus, das Haus brennt!“
Es rannten alle nach draußen und sahen, dass das Haus bereits bis zum vorletzten Geschoss brannte. Wir bewohnten das Erdgeschoss, in dem es noch nicht brannte. Nachdem meine Mutter mich gegenüber dem brennenden Haus auf den Planitzwiese in einem Handwagen abgestellt hatte, versuchte sie mit einem Helfer noch Gegenstände aus der Wohnung zu holen.
So konnte sie noch mein Federbett und einige Bekleidungsgegenstände beim ersten Mal aus der Wohnung holen. Ein zweiter Versuch war wegen Gefahr bereits herabfallender Trümmer nicht mehr möglich. Ich sehe heute noch das brennende Haus vor mir und zwei Personen auf dem Dach des angrenzenden Hauses, welche mit Wassereimern ein Übergreifen des Feuers auf das Haus verhindern wollten, was ihnen auch gelungen ist. Auf der Planitzwiese befanden sich in dieser Nacht ganz viele Menschen, die sich aus den brennenden Häusern noch retten konnten.
Zu allem Unheil dieser Nacht wurde mir beim zweiten Versuch meiner Mutter, noch Gegenstände aus der Wohnung zu holen, mein gerettetes Federbett aus den Handwagen gestohlen.
Den größten Schmerz jedoch, den ich beim Anblick des brennenden Hauses empfand war, dass sich im Haus noch mein Spielzeug befand und mit verbrannte. Darüber, so erzählte meine Mutter später, habe ich die meisten Tränen in dieser Nacht vergossen.
Die Gefahr, in der wir uns in dieser Nacht befanden, war mir angesichts meines Alters, erst später durch Erzählung meiner Mutter und beteiligter Personen, bewusstgeworden.
Nach einem kurzen Aufenthalt in der angrenzenden Kaserne machte sich meine Mutter, mit einer in der Fleischerei Schöne angestellten Verkäuferin zu Fuß mit dem Handwagen und mir auf den Weg nach Röllingshain. Dort fanden wir vorläufige Unterkunft bei der Schwester der Verkäuferin.
In starker Erinnerung ist bei mir noch der der Blick von der Garnsdorfer Höhe zurück auf Chemnitz, wo der Himmel glutrot leuchtete, geblieben.
Bei allen Widrigkeiten dieser Nacht hatten wir Glück, dass unser Haus nicht von einer Luftmine oder Sprengbombe getroffen wurde, sonst hätte ich meine Erinnerungen an damals, nicht mehr niederschreiben können.