Chemnitzer Türme: Der Bismarckturm
Ehemaliger Standort: Borna, Am Bismarckturm (heute Friedrich-Schlöffel-Straße)
Bauzeit: 1905–1906
Architekt: Walther Müller (Reichenhain)
Schäden: Sprengung im April 1945
Weiteres Schicksal: Trümmerbeseitigung in der Nachkriegszeit
Heutige Situation: Grundstück unbebaut
Nach dem Tod Otto von Bismarcks (1815–1898) setzte eine Art Personenkult um den früheren Reichskanzler ein. Überall im Land entstanden zahllose, in ihrer Form sehr unterschiedliche Gedenkstätten: Standbilder, Bismarcksäulen oder Aussichtstürme. Die Benennung von Straßen, Plätzen und Schiffen erinnerten an den Politiker, der federführend an der Einigung der deutschen Staaten und der Gründung des Kaiserreichs 1871 beteiligt war. Nachdem auf dem Chemnitzer Markt bereits 1899 ein bronzenes Standbild eingeweiht worden war, entstand wenig später der Wunsch nach einem monumentalen Bismarckturm. Er sollte als Aussichtspunkt eine der die Stadt umgebenden Höhen bekrönen. Nach längerer Diskussion einigte man sich auf die Röhrsdorfer Höhe im damaligen Vorort Borna. Zur Koordinierung des Vorhabens gründete sich 1901 ein Verein unter dem Namen „Bismarcktisch“. Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben, den der Reichenhainer Architekt Walther Müller (1879–1943) für sich entschied. Müller entwarf einen 32 m hohen Baukörper, dem er durch seine strenge Formensprache, aber auch durch die Verwendung von grob behauenem Bruchstein (Schiefer und Granit) für die Fassaden einen wehrhaften Charakter verlieh. Ursprünglich war auf der Plattform die Installation einer Feuerschale geplant, um den Chemnitzer Standort bei besonderen Anlässen in eine „Feuerkette“ der übrigen Bismarck-Denkmäler einzubinden.
Am 24. Mai 1906 konnte der Turm seiner Bestimmung übergeben werden. Er entwickelte sich gemeinsam mit dem kurz zuvor errichteten benachbarten Restaurant „Bismarckschlößchen“ schnell zu einem beliebten Ausflugsziel für die Einwohner der Stadt und der umliegenden Gemeinden.
Nachdem der Turm die Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs unbeschadet überstanden hatte, fiel er im April 1945 einem SS-Sprengkommando zum Opfer. Die Trümmer wurden anschließend abgetragen, ebenso diejenigen des in Folge der Kriegsereignisse gleichfalls zerstörten „Bismarckschlößchens“. Unter einfachen Bedingungen konnte später der Gaststättenbetrieb in einem bescheidenen Neubau wieder aufgenommen werden, kam aber nach 1990 endgültig zum Erliegen.