Chemnitzer Türme: Der Rote Turm
Standort: Zentrum, Straße der Nationen
Bauzeit: 12. Jahrhundert, um 1500, um 1555 (Haube)
Mit dem „Roten Turm“ verbindet sich heute zuerst der Gedanke an die innerstädtische Shopping-Mall. Der eigentliche Namensgeber wirkt neben dem Einkaufscenter beinahe wie abgestellt. Ganz anders dagegen im mittelalterlichen Stadtbild, in dem der Rote Turm eine dominierende Position einnahm. Baugeschichtliche Untersuchungen lassen auf eine Entstehung im 12. Jahrhundert schließen. Der Turm war wahrscheinlich Bestandteil einer frühstädtischen Befestigungsanlage und diente dem Stadtvogt als Dienstsitz. Möglicherweise war das aus Porphyrtuff bestehende Mauerwerk verputzt und rot abgefärbt. Darauf könnte der bis heute gebräuchliche Name zurückzuführen sein. Die Farbe „Rot“ spielte allerdings auch bei der am Ende des 15. Jahrhunderts vorgenommenen Erhöhung eine Rolle, als das aus Backstein bestehende Obergeschoss aufgesetzt wurde. Mit der später ergänzten geschweiften Haube hatte der Rote Turm um die Mitte des 16. Jahrhunderts im Wesentlichen seine heutige Gestalt erhalten.
Der Rote Turm wurde über viele Jahrhunderte als städtisches Gefängnis benutzt. Diese fortgesetzte Nutzung sicherte dem Bauwerk letztlich seine Existenz, denn anders als die übrigen Türme und Tore der Stadtmauer wurde es im Laufe des 19. Jahrhunderts nicht abgetragen. Mit der angrenzenden Bebauung wurde auch der Rote Turm am 5. März 1945 ein Opfer der Zerstörung. Nach dem Abbruch der Ruinen stand er über viele Jahre einsam auf der abgeräumten Brache. Ein Notdach schützte ab 1950 die Bausubstanz. Unter Leitung des Architekten Georg Laudeley konnte der Bau bis 1958 rekonstruiert werden, wobei auch die Turmhaube in alter Form neu entstand. In den Turm zog ein kleines Museum ein, das sich – ebenso wie das anschließende Café „Roter Turm“ – großer Beliebtheit erfreute.
Gegenwärtig wartet der Rote Turm, eines der ältesten Bauwerke der Stadt Chemnitz, auf eine neue, angemessene Nutzung.