Stolpersteine in Chemnitz
Vera, Charlotte und Franz Philipp Schreiber
Franz Philipp Schreiber
Geboren: 30.05.1885
Gestorben: nach dem 27.03.1944
Patenschaft: Förderverein Industriemuseum Chemnitz e. V.
Charlotte Schreiber, geb. Bie
Geboren: 25.04.1896
Gestorben: nach dem 27.03.1944
Paten: Tina und Martin Böhringer
Vera Schreiber
Geboren: 11.02.1930
Gestorben: nach dem 27.03.1944
Pate: Andreas Nitschke
Verlegeort:
Marianne-Brandt-Straße 8
Stolperstein-Verlegung am:
6. Mai 2021
Lebensweg
Franz Philipp Schreiber wuchs in einer alteingesessenen jüdischen Fabrikantenfamilie in Chemnitz auf. Sein Vater war Saul Schreiber, der ab 1874 in der Stadt lebte. Dieser war Mitinhaber der Mechanischen Weberei Seidler & Schreiber, die zu den ältesten jüdischen Firmen in der Stadt gehörte. Franz Philipp Schreibers Mutter war die Fabrikantentochter Henriette Dickmann. Mit Bruno und Ernst hatte er noch zwei ältere Brüder.
Als Franz Philipp geboren wurde, bezog die Familie Schreiber das damals errichtete Haus Platanenstraße 8. Er erlebte, wie sein Vater und dessen Kompagnon Salomon Seidler die an der Zwickauer Straße 60/62 gelegene Firma zu einem der bedeutendsten Unternehmen der Möbelstoffindustrie in der Stadt ausbauten. Neben Möbel- und Wagenstoffen stellten sie auch gestickte Vorhänge, Decken und Borden her.
Im Frühjahr 1904 gab Saul Schreiber krankheitsbedingt die Firmenleitung an seinen ältesten Sohn Bruno ab. Im Herbst 1910 wurde schließlich der 25-jährige Franz Philipp Schreiber Miteigentümer der Firma.
Er vermählte sich am 2. November 1921 in Breslau mit Charlotte Bie. Die Eheleute bekamen drei Kinder: Konrad, Klaus und Vera. Der »Judenboykott« der Nationalsozialisten traf die Firma Seidler & Schreiber mit voller Härte. Im März 1939 wurde die Weberei stillgelegt. Franz Philipp Schreiber erkannte damals die Gefahr, die seiner Familie seitens des NS-Staates drohte. Dank der Unterstützung der Chemnitzer Unternehmerfamilie Einstein, die 1937 nach Manchester ausgewandert war, konnte der 16-jährige Sohn Konrad im April 1939 nach England auswandern. Mit Hilfe eines Kindertransportes gelangte auch der 14-jährige Sohn Klaus im Juli 1939 dorthin.
Am 20. Juli 1939 emigrierten Franz und Charlotte Schreiber mit ihrer Tochter Vera nach Frankreich. Wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Paris wurden sie verhaftet und im Lager »de Colombes« (Seine) gefangen gehalten.
Am 29. Januar 1940 wurden sie von den französischen Behörden als »feindliche Ausländer« in ein Ausländerlager in der Nähe von Vichy verlegt. Von dort konnten Franz und Charlotte Schreiber am 19. Mai 1940 nach Nizza flüchten. Ihre zehnjährige Tochter Vera brachten sie in Sicherheit. In einem nahegelegenen Kloster sollte sie unbekümmert aufwachsen, jedoch verriet sie sich eines Tages. Im Jahr 1944 wurden Franz und Charlotte Schreiber im Untergrund entdeckt und gemeinsam mit ihrer Tochter Vera in das Sammellager Drancy eingeliefert. Von dort aus wurden sie am 27. März 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Stolpersteine in Chemnitz
Es ist ein Projekt gegen das Vergessen: in Chemnitz werden seit 2007 jährlich Stolpersteine verlegt.
Eingelassen in den Bürgersteig, erinnern die Gedenksteine an tragische Schicksale von Mitbürgern, die während des nationalsozialistischen Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden.
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