Stolpersteine in Chemnitz
Berek Kagan, Henoch Kagan, Erika Kagan
Foto: Philipp Köhler
Berek Kagan
Geboren: 05.03.1870
Gestorben: nach dem 28.10.1938
Henoch Kagan
Geboren: 16.10.1900
Gestorben: November 1941
Erika Kagan, geb. Alexander
Geboren: 16.06.1904
Gestorben: November 1941
Verlegeort:
Barbarossastraße 77
Stolperstein-Verlegung am:
29. Mai 2024
Fotos der Stolpersteinverlegung
Lebensweg
Der Handelsvertreter Berek Kagan wurde in der Stadt Meseritz (bis 1920 Provinz Posen) geboren. Er war mit Rachel Bach(a)rach verheiratet. Die Eheleute hatten wohl zwei Söhne. Im September 1914 verließ Berek Kagan, der sich auch Bernhard nannte, seine Heimat und siedelte sich zunächst in Leipzig an. Möglicherweise war seine Ehefrau damals bereits verstorben. Sein Sohn Henoch lebte weiterhin in Meseritz.
Im Zusammenhang mit dem Ausbruch des I. Weltkrieges musste Berek Kagan als »feindlicher Ausländer« die Messestadt verlassen und fand am 15. Dezember 1914 Zuflucht in Chemnitz. Als das Russische Reich zusammenbrach, verlor er seine russische Staatsbürgerschaft. Berek Kagan entschied sich zunächst für die ukrainische Staatsbürgerschaft. Als die Ukrainische Volksrepublik unterging, wurde er polnischer Staatsbürger.
Berek Kagan engagierte sich in den späten 1920er-Jahren im Verein "Jüdische Lesehalle" und war eine Zeit lang ihr zweiter Vorstandsvorsitzender. Sein Sohn Henoch studierte von September 1919 bis März 1923 am Technikum Hainichen. Er verließ die Lehranstalt als Elektroingenieur. Bevor er sich im Jahr 1924 in Chemnitz niederließ, lebte er einige Monate in Halle (Saale). Henoch Kagan, der im bürgerlichen Leben auch als Heinrich auftrat, warb damit, dass er im Auftrag des Elektrizitäts-Werkes Chemnitz Arbeiten ausführen dürfe. So bot er die Ausführung von Licht- und Kraftanlagen an.
Im Juli 1937 verlobte er sich mit Erika Alexander, die aus Ostpreußen stammte. Sie war die Tochter der Eheleute Wilhelm Alexander und Mathilde Frankenstein. Seine Verlobte lebte bis dahin in Stuttgart. Im November 1937 fand ihre Vermählung in Chemnitz statt. Ihre Ehe blieb kinderlos. Die Eheleute lebten fortan in der Barbarossastraße 77.
Als polnischer Staatsbürger wurde Berek Kagan am 28. Oktober 1938 im Rahmen der "Polen-Aktion" der Nationalsozialisten in sein vermeintliches Heimatland ausgewiesen. Seitdem gilt er als verschollen.
Im Unterschied zum Vater war Henoch Kagan staatenlos. Während des Novemberpogroms 1938 wurde er verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Nach seiner Rückkehr war er gezwungen, die Auswanderung vorzubereiten. Die Eheleute gaben im Juni 1939 Peru als Reiseziel an. Tatsächlich wanderten sie aber von Berlin nach Lettland aus, wo sie sich in Riga ansiedelten. Eine Postkarte erreichte im Juli 1939 Herta Nagel, die Schwester von Erika Kagan, in London.
Die Wehrmacht nahm am 1. Juli 1941 Riga ein. Am 21. Juli 1941 wurde das Ghetto Riga gebildet. Die Eheleute Kagan wurden gezwungen, fortan in dem Ghetto zu "leben". Es ist davon auszugehen, dass sie spätestens am 30. November 1941 ermordet wurden, als die bisherigen Bewohnerinnen und Bewohner des Ghettos ermordet wurden, um Platz für die aus dem Deutschen Reich zu deportierenden Juden zu schaffen.
Autor: Dr. Jürgen Nitsche
Stolpersteine in Chemnitz
Es ist ein Projekt gegen das Vergessen: in Chemnitz werden seit 2007 jährlich Stolpersteine verlegt.
Eingelassen in den Bürgersteig, erinnern die Gedenksteine an tragische Schicksale von Mitbürgern, die während des nationalsozialistischen Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden.
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