Es ist ein Erfolgserlebnis, wenn die Chemnitzer zu uns kommen

Evelyn & Rolf Esche

Macher der Woche vom 30. Juli 2014

„Da müsste man doch mal was machen“, dachten sich eine Hand voll Menschen 2009, als sie vor der verwitterten Küchwaldbühne standen. Und wie es sich für echte Macher gehört, blieb es nicht bei diesen Worten. Die Euphorie rund um die Bühne ist bis heute ansteckend: Der Verein zur Förderung der Küchwaldbühne e.V. zählt inzwischen über 50 Mitglieder. Viele von ihnen kommen nach der Arbeit, verbringen ihre Freizeit mit ihrem Partner und Kindern bei dem Projekt, das Herzenssache ist. Und auch viele Besucher, die selbst Erinnerungen an das große Karl-Marx-Städter Freilichtlichtkino haben, kommen heute mit ihren Kindern und Enkeln wieder und sind begeistert. Eine Familie, die diesen Weg fast seit der ersten Stunde begleitet, sind Evelyn und Rolf Esche.


Was verbindet ihr mit der „alten“ Küchwaldbühne?
Rolf Esche:
Mitte der 70er Jahre haben wir viele interessante Filme auf der Küchwaldbühne gesehen. Die wurden in 70 Millimeter gezeigt und das war ein gewaltiges Erlebnis. Bild, Ton und die Leinwand von 480 Quadratmeter waren gigantisch.

Wie kam die Idee, die Küchwaldbühne zu sanieren?
Rolf Esche:
Die Grundidee war das historische Objekt wiederzubeleben und das ging wahrscheinlich am einfachsten mit einem Kindertheater. Es war ein Angebot an die Chemnitzer. Und die kamen dann auch. Wir hatten zunächst einen Probespielbetrieb vereinbart und dann hat uns die Stadt Chemnitz  einen Vertrag für fünf Jahre angeboten. Da mussten wir im Vorfeld alles, was den Zuschauerraum betrifft, klären: Vogelschutz, Baumschutz, Lärmschutz und Denkmalschutz. Diese Hürden haben wir nach und nach gemeistert, den Zuschauerraum für 500 Personen vorbereitet und stetig weiter verbessert.

Wie lange habt Ihr mit dem Verein an der Küchwaldbühne gebaut?
Rolf Esche:
Meine Frau und ich sind seit 2010 dabei. Das kam durch meine Enkelin. Sie spielte mit in der Theatergruppe und meinte: „Opa, die brauchen mal einen vom Bau.“ Und seitdem haben wir gebaut. Erst am Zuschauerraum und an der Bühne und später an den Gebäuden vorne, die das Ensemble aus den fünfziger Jahren bilden.

Welche Erinnerungen habt Ihr an den 20. August 2010 als nach 18 Jahren „Dornröschenschlaf“ die Küchwaldbühne mit der Aufführung von „Momo“ wieder zum Leben erweckt wurde?
Rolf Esche:
Es war ein Traum, weil wir gar nicht wussten wie es ausgeht. Wir haben versucht, mit unserem Vereinsgründer, Werner Haas, ein Stück zu finden und er kam auf „Momo“. Das war sehr erfolgreich. Das Stück spielt in einer Ruine und wir hatten ja auch eine Ruine hier vorgefunden. Und die Erinnerung, als unser Ehrenmitglied Addi Jacobi bei der Uraufführung in der ersten Reihe mit Tränen in den Augen saß, bleibt unvergessen.

Wie ist die Resonanz der Chemnitzer? Sind die Vorstellungen gut besucht?
Rolf Esche:
Die Vorstellungen sind ganz unterschiedlich besucht. Mit dem städtischen Theater haben wir ein gemeinsames Projekt – „Pippi Langstrumpf“ - das über vier Wochen geht. Da haben wir regelrecht an das Theater vermietet, gestalten das mit und stellen fest, dass ein hoher Besucherzuspruch da ist. Bei unseren eigenen Produktionen ist er nicht ganz so hoch, aber man muss auch mit jeder Vorstellung bei 50, 60, 70 Prozent Auslastung sehr zufrieden sein.

Wie viele Veranstaltungen finden auf der Küchwaldbühne statt?
Evelyn Esche:
Wir haben in diesem Jahr 53 Veranstaltungen, davon zwölf Aufführungen der Eigenproduktion „Räuber Hotzenplotz“. Alle anderen Theateraufführungen an der Küchwaldbühne sind Gastspiele. Seit Dezember probt unsere Theatergruppe bei der Heilsarmee. Wir sind übrigens immer auf der Suche nach Proberäumen und die Heilsarmee stellt uns diese Räumlichkeit zur Verfügung und darf im Gegenzug unsere Aufführungen besuchen - ein Geben und Nehmen. Bei schönem Wetter im März/April beginnen die Proben dann auf der Bühne.
Am 30. April begann das Spieljahr mit der Walpurgisnacht von „Faust“. Das war auch eine Eigenproduktion von uns. Mit Musik, Feuershow, mit Catering und allem drum und dran. Diese Veranstaltung wurde super toll besucht. Da hatten wir sehr viele Zuschauer. Mit dem Kürbisfest, auch eine Eigenproduktion, endet das Spieljahr. Da werden Kürbisse geschnitzt, es gibt Kürbissuppe, Geschichten, Lieder, Tanz und Musik auf der Bühne. Anfang November ist dann noch das Lichtfest der Volkssolidarität.

Gibt es viele Anfragen für die Mietung der Küchwaldbühne?
Rolf Esche:
Wir hätten gerne noch mehr Anfragen, sagen aber auch jetzt nicht wahllos zu. Wir schauen schon auch nach unseren eigenen Interessen. Da gibt es dann drei bis vier Leute bei uns, die sich darum kümmern, dass Gastspiele stattfinden können und die diese Veranstaltungen betreuen. Es gibt jemanden, der kümmert sich um Jazz oder um das dreitägige Slackfest, das vom Kosmonautenzentrum geholt wurde. Dann kümmert sich jemand um das Kleinkunstfestival Anfang August, um die Sächsische Mozartgesellschaft, um die Theaterfreunde - wie das Fritz Theater - und für Kinder das Musical Mobil.

Seit 35 Jahren sind die beiden stadtöffentlich als Denkmalpfleger mit einem eigenen Betrieb tätig. Die beschriebenen Hürden der Bürokratie haben sie gemeistert und nie ihr Ziel aus den Augen verloren – der Bühne wieder Leben einhauchen, auch wenn ein derartiges Projekt viel Zeit in Anspruch nimmt.

Rolf Esche: Meine Frau führt Tagebuch über die Tätigkeiten, die wir ausführen müssen, um Geld zu verdienen. Zwischen 30 und 40 Prozent unserer Arbeitszeit beschäftigen wir uns allein mit der Küchwaldbühne.

Dazu gehört viel Enthusiasmus. Woher kommt der?
Rolf Esche:
Nicht nur wir, auch alle anderen Mitstreiter brennen für die Bühne und können auch nicht wieder davon lassen. Es ist einfach ein Erfolgserlebnis, wenn die Chemnitzer, vor allem Kinder, kommen und sich die Stücke anschauen, klatschen und ihre Freude haben. Das hat uns alle immer getrieben, es ordentlich weiterzuführen.

Das klingt alles sehr aufwändig. Wie finanziert sich die Küchwaldbühne?
Rolf Esche:
Wir haben mehrere Standbeine. Das erste ist der Denkmalschutz, von dem wir die Förderung bekommen. Dann haben wir Geldspenden und Sachspenden. Die Geldspenden sind sehr exakt deklariert. Spenden für die Instandsetzung der Gebäude und der Bühne oder deren Betrieb. Das teilen wir dann auch so ein. Andere Spenden sind für die Ausstattung der Bühne gedacht, für die Requisiten und Technik. Das ist ganz normal. Allein von den Vorstellungen oder Gastspielen können wir nicht existieren. Außerdem bekommen wir Unterstützung von Sponsoren. Hier sind die GGG, enviaM und die Freie Presse als Hauptsponsoren zu nennen. Aber wir haben auch viele andere Unternehmen, die uns unterstützen. Das Wesentliche ist: Im Bau und der Gestaltung der gesamten Bühne helfen uns die Chemnitzer Firmen mit Sachleistungen. Wir können da auf 30 bis 40 Firmen zurückgreifen.
Evelyn Esche: Wir versuchen immer wieder neue Ideen zu finden, um weiter zu restaurieren. Zum Beispiel brauchen wir Bänke. Wir haben ausgerechnet wie viel Geld benötigt wird und diese Bänke können nun von Chemnitzer Bürgern, Firmen, Vereinen, Parteien und Privatleuten gesponsert werden. Ein Meter Bank kostet 125 Euro. Die Unterstützer kriegen zwei Schildchen an „ihre“ Bank, können eine Veranstaltung von uns besuchen und werden zur Sponsorenveranstaltung eingeladen. Diese Aktion wurde sehr gut angenommen. Wir haben inzwischen 12.000 Euro an „Bankeinnahmen“ und immer wieder kommen Sponsorenformulare, die man über die Homepage www.kuechwaldbuehne.info ausdrucken kann.

Gibt es einen Zeitpunkt, an dem Ihr fertig sein wollt mit der Restaurierung?
Rolf Esche:
Das ist ein laufender Prozess. Der Vorstand hat in einer seiner letzten Sitzungen beschlossen, dass wir mit der Stadt Chemnitz einen Zehnjahresvertrag eingehen. In der Zeit pachten wir das Gelände der Küchwaldbühne und mieten die Gebäude für einen symbolischen Betrag. Ist so ein Projekt, wie die Küchwaldbühne, in Chemnitz leichter auf die Beine zu stellen, als in anderen Städten?
Evelyn Esche: Man braucht das Ambiente und muss die ganzen Richtlinien, wie Lautstärke und Naturschutz, einhalten. Das ist nirgendswo ganz einfach.

Welche Empfehlung gebt Ihr den Bürgern, die ähnliche Projekte in Chemnitz aufbauen wollen?
Rolf Esche:
In dem Stück „Momo“ kommt ein Straßenkehrer vor, der sagt: „Ich schaffe die Straße nur, wenn ich Stück für Stück kehre.“ Das ist für uns so eine Art Leitsatz. Wir können das nur Stück für Stück schaffen. In dem wir im ersten Jahr Bäume gefällt haben und auf den Wurzeln gesessen sind, danach erst die Wurzeln herausgenommen und Bänke gestellt haben. So muss man das in kleinen Schritten sehen. Und genauso funktioniert das bei Gebäuden. Wenn einer sagt: „Ich brauche 200.000 Euro“ - die kriegst du nicht in einem Jahr. Da muss man drei Scheiben machen und Geduld haben.

Habt Ihr noch nie ans Aufhören gedacht?
Rolf Esche:
Noch nie würde ich nicht sagen. Aber es spielt im Moment keine Rolle.

Auf was dürfen wir uns denn noch alles freuen?
Rolf Esche: Jetzt in den Sommerferien ist das Musical Mobil aus Leipzig da und präsentiert Märchen. Das sind zwei, drei Schauspieler - meistens zwei - die spielen zehn, zwölf Rollen, benötigen dazu nur einen Vorhang und unterhalten die Kinder wunderbar im singenden Spiel. Das ist so gut wie immer ausgebucht, ein echtes Highlight. Außerdem veranstalten wir gleich Anfang August wieder unser Theatercamp. Zehn Kinder können teilnehmen und sind dann eine Woche im Schullandheim untergebracht. Mit dem Fritz Theater üben sie spielerisch ein Stück ein und bringen es am Ende auf die Bühne. Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und Bekannte sind zur Aufführung eingeladen. Das war im letzten Jahr sehr schön, mit welcher Schnelligkeit und gekonnten Art und Weise über Burg Rabenstein ein Burgspiel zustande kam. Und nach der Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus in diesem Jahr und dem Stück „Pippi Langstrumpf“ wird nächstes Jahr „Robin Hood“ aufgeführt. „Robin Hood“ spielt im Wald und passt da sehr gut in die Küchwaldbühne.

Rolf Esche ist ein waschechter Chemnitzer bzw. Karl-Marx-Städter. Seine Frau lebt seit 38 Jahren in der Stadt. Viel Zeit, um die Besonderheit an Chemnitz zu erklären. 

Rolf Esche: Chemnitz ist eine ehemalige Industriestadt, die sich umorientiert hat auf Kultur und Sport, würde ich ganz knapp sagen. Und Kultur ist nicht schlecht in Chemnitz. Ich habe schon in früherer Zeit das Theaterleben hier verfolgt. Viele Schauspieler, die heute an großen Bühnen in Leipzig oder Berlin spielen kommen ja von hier. Das ist schon großartig, wenn man dann die Namen hört von denen, die alle mal in Chemnitz oder Karl-Marx-Stadt waren. Eine gute Theaterschmiede!

Unsere Standardfrage zum Schluss: Muss man den Chemnitzern Mut machen, sich zu ihrer Stadt zu bekennen?
Rolf Esche:
Durchaus. Den Ausdruck „Stadt der Moderne“ hätte man besser erklären müssen. Nur wenige können damit etwas anfangen. Den Chemnitzer Bürgern muss gesagt werden, was das für eine Bedeutung hat. Dass wir so viel Architektur, wie kaum eine andere Stadt, aus der Zeit der Moderne haben. Darauf kann man schon stolz sein.

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