Alles Santa in Chemnitz
Klaus Höhne
Macher der Woche vom 24. Dezember 2014
Wer den „echten“ Weihnachtsmann treffen will, muss weit reisen. Zwar nicht ganz zum Nordpol, aber bis nach Lappland schon. Die finnische Stadt Rovaniemi rühmt sich, die offizielle Heimat von Knecht Rubrecht zu sein. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit, denn auch in Chemnitz wohnt bzw. ist der vielbeschäftige geboren. Wir haben ihn heute zum „Macher der Tages“ ernannt. Euch allen Frohe Weihnachten!
Der Weihnachtsmann hat viele Gesichter. In Chemnitz verkörpert der Siegmarer Klaus Höhne Knecht Ruprecht. Abwechselnd mit seinem Cousin steht er während des Weihnachtsmarktes jeden Nachmittag pünktlich um 17Uhr auf der Bühne und unterhält die kleinen, aber auch die großen Besucher mit seinen Auftritten. Sie kommen aus einer „Weihnachtsmann“-Familie. Ist Ihr Engagement eher Berufung?
Klaus Höhne: (lacht) Eigentlich nicht. Mein Cousin Hans Lange hat die Figur des Santa Claus über 20 Jahre auf dem Chemnitzer Weihnachtsmarkt mit Leben gefüllt. Zusammen mit einem sieben Personen-Ensemble, das auch heute noch unter dem Namen „Langes Theater“ auftritt, hat er Märchen choreografiert. Als er seinen 80. Geburtstag feierte, hat er mich gebeten, ein paar der 26 Auftritte, die er in der Weihnachtszeit hat, zu übernehmen. So wurde ich der Weihnachtsmann.
Klaus Höhne, alias der Weihnachtsmann, hat vor drei Jahren die Rolle komplett übernommen. Mit einem weiteren Cousin teilt er sich die Figur des Knecht Ruprecht. „26 Auftritte sind eine ganze Menge. Das konnte ich nicht alleine stemmen.“
Wie läuft eine Audienz beim Weihnachtsmann auf dem Markplatz ab?
Ich spreche mit den Kindern, hole zwei, manchmal drei von ihnen auf die Bühne und frage, ob sie auch brav waren dieses Jahr. Im Vorfeld haben ich und meine Wichtel die Auserwählten natürlich beobachtet und Erkundungen eingeholt. (lacht) Danach gibt es für ihren Mut, sich zum Weihnachtsmann zu trauen, ein kleines Geschenk.
Sie proben Ihre Auftritte sogar im Vorfeld?
Vor jedem Weihnachtsmarkt mieten wir uns zusammen mit dem Ensemble „Langes Theater“ an einem Wochenende in einer Pension in Johanngeorgenstadt ein. Damit sich das Team einspielt für die Auftritte.
„Ein wenig Dramatik muss in dem Weihnachtsmann schon stecken“, beschreibt der 71-Jährige seine Rolle, die er mit viel Hingabe und Humor ausfüllt, schmunzelnd. 45 Minuten inklusive Märchenaufführung dauert eine Vorstellung. Eine zeitliche Vorgabe mit der der pensionierte Mathe- und Physiklehrer bestens auskennt.
Sind die Mathematik- und Physiklehrer nicht diejenigen gewesen vor denen man in der Schule Angst hatte?
(lacht) Nein, das ist nicht mehr so.
Wie hat es Erich Kästner in seinem „Interview mit dem Weihnachtsmann“ so schön gefragt? „…bei Ihrem Beruf handelt es sich doch eigentlich um eine Art ambulanten Saisongewerbes, nicht? Im Dezember haben Sie eine Menge Arbeit. Es drängt sich alles auf ein paar Wochen zusammen. Man könnte von einem Stoßgeschäft reden. Und nun ..." - "Hm?" - "Und nun wüßte ich brennend gern, was Sie im übrigen Jahr tun!"
Ich bin hauptberuflich Rentner.
Haben die Kinder eigentlich Angst, wenn sie zum Weihnachtsmann auf die Bühne müssen?
Es ist unterschiedlich. Je nach dem wie sie auf das Treffen vorbereitet werden. Schroffe Sätze wie „Hast wohl Angst vor Weihnachtsmann“, sind bei mir natürlich tabu (lacht). Der Pädagoge ist dahingehend noch aktiv. Im Grunde ist der Weihnachtsmann, also ich, ein gutes Wesen vor dem die Kinder keine Angst haben müssen. Es sei denn sie waren böse. Dann werde ich auch gerne als Drohmittel verwendet. Für die Kinder ist der Weihnachtsmann schon eine Respektperson. Das merkt man.
Ist dieses Image ein Gutes?
Für die Eltern, die es nutzen, schon. Nach dem Motto: „Pass auf mein Freund, sonst kommt der Weihnachtsmann nicht“. Das ist eingefleischt. Es muss irgendjemanden geben vor dem man in der Familie Angst hat, wenn es die Mutter oder der Papa nicht mehr ist. (lacht)
Doch nicht nur warme Worte hat Klaus Höhne, Entschuldigung - der Weihnachtsmann - für seine jungen Schützlinge auf der Bühne. Mit großen Augen verfolgen sie seine Schritte und Gesten. Ein gewisses Talent an Entertainment gehört da auch dazu. Manchmal muss er sogar in seinen angeklebten Rauschebart schmunzeln, wenn Zungenbrecher wie Waldpostbriefträger über seine Lippen kommen. Als auf der Bühne das bekannte Weihnachtslied „In der Weihnachtsbäckerei“ erklingt, singen alle mit. „Und darum geht es doch zu Weihnachten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.“
Kommt der Weihnachtsmann bei seinen eigenen fünf Enkeln auch nach Hause?
Die Verkleidung verpflichtet natürlich. Im vergangenen Jahr hat mich mein vierjähriger scheinbar erkannt. „Opa das warst du doch!“ Eine leicht bedrohliche Stimme mit den Worten „Erlaube dir, dass du mich mit dem Weihnachtsmann verwechselst“ und der diesjährige Besuch bei einem meiner „Kollegen“ hat die Sache dann „aufgeklärt“. Schließlich stand der Opa vor der Bühne. Da war er sprachlos.
Äußern die Kinder ausgefallene Wünsche zu Weihnachten? Ein Pony oder ein Rennauto zum Beispiel?
Nein, dafür ist der Respekt wohl zu groß.
Seine pädagogische Ausbildung kommt dem Weihnachtsmann bei all den pochenden kleinen Herzen auf der Bühne zu Gute. „Heute hatte ich einen Zweijährigen. Den nimmt man auch mal in den Arm und entlockt ihm so einige Worte. Von ihm kann man keine Gedichte verlangen.“
Wenn man das Wetter so anschaut, darf der Weihnachtsmann nicht zimperlich sein?
Es hält sich auf der Bühne in Grenzen. Ansonsten ist es schon etwas ungemütlich.
Gibt es denn weiße Weihnachten in diesem Jahr?
(lacht). Ich habe schon mit Frau Holle gesprochen. Sie war irgendwie gereizt. Da war ein Mädchen da, das nicht so richtig mitzieht. Das muss das Au-Pair-Mädchen gewesen sein. Sie hieß Pechmarie.
Zur Versöhnung mit Frau Holle singen die Kinder dann vor der Bühne „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ mit dem Weihnachtsmann. Vielleicht hilft es ja was…
Bei all dem Stress: Wie feiert der Weihnachtsmann das Fest der Liebe?
Streng in Familie. Mein Papa ist 103 alt geworden und die Mama 95. Da hatten wir viele gemeinsame Weihnachten. Ich selber habe zwei Kinder und fünf Enkel.
Und was gibt es zu essen?
Meine Frau und ich versuchen in kleinen Mengen den alten Weihnachtsbrauch des Erzgebirges „Neinerlaa“ (Neunerlei) zu pflegen. Das geht dann soweit, dass auf der Rückseite des Tellers ein Pfennig geklebt wird. Traditionsgemäß essen wir an Heiligabend ein Stück Fisch und am ersten Weihnachtsfeiertag die Gans, die, wenn die komplette Familie anwesend ist, nie reicht.
Wie findet Knecht Ruprecht seinen Chemnitzer Weihnachtsmarkt?
Spitze. Habe ich auch bei der Eröffnung Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig mitgeteilt: Diese schön geschmückten Hütten mit der riesigen Tanne, die mein Schlitten fast täglich ansteuert. Wir können uns quasi nicht verfliegen. Der historische Teil gibt dem Weihnachtsmarkt noch etwas Besonderes.
Unsere Standardfrage – auch für den Weihnachtsmann: Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Man muss ihnen schon ein wenig Mut machen. Das Nörgeln liegt im Naturell des Menschen. Aber wir können uns über den Weihnachtsmarkt in Chemnitz nur freuen. Ich denke schon, dass die Chemnitzer auf ihre Stadt stolz sein können.