Mit Kunst Teller decken

Andreas Reichelt

Macher der Woche vom 3. Dezember 2014

Von seinem Büro in der sechsten Etage blickt Andreas Reichelt über den Johannisplatz in Richtung Chemnitzer Innenstadt. Noch besser sei die Aussicht von der Dachterrasse mit Blick zum Schornstein, sagt der 34-Jährige, der im Verwaltungsgebäude der eins energie an der Augustusburger Straße für Kundenbetreuung zuständig ist. Über Stromrechnungen und Kundenakquise wollen wir uns aber nicht unterhalten. Denn Andreas Reichelt kümmert sich noch um ein ganz anderes Projekt, das einzigartig ist und 2012 zu den Bundessiegern des Wettbewerbs startsocial gehörte: tellerlein deck dich. Der sozial engagierte Verein spricht Künstler und Prominente an, die Porzellanteller bemalen sollen. Den Erlös aus deren Versteigerungen steckt der Verein in Speisungen sowie Aktionen rund um gesunde Ernährung für benachteiligte Kinder.


Die Weihnachtszeit lädt ja dazu ein, etwas Gutes zu tun. Der Verein tellerlein deck dich macht das das ganze Jahr. Was genau wollt Ihr verbessern?
Andreas Reichelt:
Wir wollen sozial benachteiligten Kindern helfen. Vor allem in Hinblick auf das Thema generelle Essensversorgung sowie Sensibilisierung für gesundes Essen. Darüber hinaus darf aber nicht der Lerneffekt und das Spielerische vergessen werden. Wir bieten viele Aktionen rund um Betreuung, Lerngefühl und Spiel.

Seit 2008 gibt es die Idee mit Kunst Teller zu decken. Gibt es Vergleichbares in anderen Städten?
Das werden wir immer mal gefragt, aber uns ist nicht bekannt, dass es das in anderen Städten gibt. Es ist, glaube ich, einmalig, dass Porzellan bemalt und versteigert wird und der Erlös an Ernährungsprojekte mit Kindern geht.

Wer engagiert sich bei Euch im Verein?
Überwiegend sind es junge Menschen, Studenten oder Leute, die am Anfang ihres Berufslebens stehen und etwas mehr machen wollen. Wir sind zurzeit 45 Vereinsmitglieder, aber jeder hat unterschiedlich Zeit. Und wir freuen uns über jeden, der sich für die Arbeit interessiert und bei uns mitmachen will.

Ihr seid in ganz Sachsen unterwegs. Werdet Ihr als Chemnitzer wahrgenommen?
Woher wir kommen, spielt eigentlich meistens gar keine große Rolle. Seit einem Jahr haben wir unseren Fokus, der vorher wirklich nur auf Chemnitz und Umgebung lag, erweitert. Wir haben jetzt den Schritt nach Leipzig und Dresden gewagt, aber dort müssen wir erst die persönlichen Strukturen aufbauen, die wir hier in der Stadt schon länger haben.

Welche Strukturen nutzt Ihr denn in Chemnitz?
Unterstützung erhalten wir zum Beispiel von Anfang an von der Heilsarmee. Unser ehemaliger Vorstandsvorsitzender Frank Heinrich, der jetzt im Bundestag Mitglied ist, hatte das damals vermittelt. Wir können die Vernetzung und Infrastruktur der Heilsarmee oder auch des Don Bosco Hauses nutzen. Gleichzeitig geben wir unseren Partnern aber auch etwas zurück, mit Veranstaltungen für die Kinder dort wie Kochwochenenden, Obstnachmittagen oder gemeinsamen Aktionen rund um das Thema Ernährung. Darüber hinaus bekommen wir Unterstützung von Privatleuten wie auch Firmen, unter anderem dem Vita-Center als Standort für unsere Teddybärklinik oder der Chemnitzer Siemensniederlassung, dessen gesamte Belegschaft für unseren Verein Geld spendet.

Welche Kinder in Chemnitz können von Euren Aktionen profitieren?
Es profitieren vor allem sozial benachteiligte Kinder, welche teilweise vernachlässigt werden, teilweise aber einfach auch nur aus materiell schwachen Haushalten kommen von unseren Angeboten. Diese setzen wir gemeinsam mit bestehenden Einrichtungen, welche nicht genügend finanzielle Mittel dafür haben, um.

Ihr habt bereits 113 Teller versteigert. Wenn Ihr Teller von Chemnitzern bemalen lasst, was erzählen sie Euch über die Stadt?
Manche Teller sind wirklich eng mit der Stadt verbunden. Die Oberbürgermeisterin hat mit dem Türmer zusammen einen Teller gestaltet, der natürlich ein Chemnitzer Motiv zeigt. Aber auch der Chemnitzer Karikaturist Reiner Bach ist mit Freude und Energie bei unserem Projekt dabei und hat schon mehrere Teller unentgeltlich gestaltet. Ansonsten ist die Motivwahl natürlich frei und erzählt von vielen verschiedenen Dingen des Lebens. Die Bereitschaft von Chemnitzer Künstlern, uns zu unterstützen, zeigt wie hilfsbereit und motiviert die Menschen dieser Stadt sind.

Was war das höchste Gebot und für welchen Teller wurde das Gebot erzielt?
Die höchsten Gebote mit je 1200,00 Euro je Teller hatten wir 2013 und 2014. Einmal für einen Teller der Chemnitzer Malerin Susann Riedel und einmal für einen Teller des verstorbenen Liedermachers Reinhard Lakomy (Traumzauberbaum). Aber generell zählt jedes Gebot und auch Teller mit geringeren Versteigerungserlösen helfen uns sehr.

Seht Ihr das selbst so, dass Ihr einen gesellschaftlichen Spagat wagt zwischen den Künstlern sowie der Prominenz und den Kindern?
Wir brauchen natürlich beides. Die Teller dienen primär der Finanzierung. Die daraus gewonnene Summe geht an die Kinder. Ehrlicherweise muss man natürlich sagen, dass die Vereinsarbeit hauptsächlich bei den Kindern liegt. Mit den Prominenten haben wir meistens gar nicht so intensiven Kontakt. Bei der Teddybärklinik im Vita-Center ist man mitten unter den Kindern und wird total von ihnen vereinnahmt. Wir stellen einen Krankenhausalltag nach. Und den Spaß, den die Kinder dabei haben, die Reaktionen, das Lachen, das ist ein wunderbares, großes Dankeschön.

Nochmal zurück zur Weihnachtszeit. Welche Aktionen plant der Verein gerade?
Wir haben wieder eine Adventskalender-Aktion. An 24 Tagen bekommen 24 Einrichtungen etwas geschenkt, das sie sich nicht mit eigenen Mitteln kaufen können. Das kann gemeinsames Plätzchenbacken oder Kochen sein, aber auch Spielzeug oder ein Weihnachtsbaum. Wir wollen, dass alle Kinder eine schöne Weihnachtszeit erleben können, so wie wir es selbst kennen. Dazu suchen wir auch noch Sponsoren, die die noch offenen Türchen finanzieren. Auf unserer Internetseite findet man dazu alle Informationen.

Wo müsste man zur Weihnachtszeit in Chemnitz unbedingt hingehen?
Na, am besten mit unserem Verein in eine soziale Einrichtung, um mit Kindern zu kochen und zu backen oder die Geschenke unserer Adventskalenderaktion zu übergeben. Darüber hinaus ist neben Klassikern wie dem Weihnachtsmarkt für mich immer das Restaurant und Café Cortina einen Besuch wert. Dort gibt es die besten Weihnachtsplätzchen in allen möglichen Sorten, die man sich wünschen kann.

Vom Chemnitzer Weihnachtsmarkt sind die Chemnitzerinnen und Chemnitzer überzeugt. Aber sonst? Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Das glaube ich nicht. Chemnitz ist eine mutige Stadt. Hier gibt es eine große Innovationsfähigkeit, Industrie, Tradition und viele engagierte Menschen. Es ärgert mich, wenn alles zerredet wird. Da braucht es eine mutige Politik, die etwas anpackt und verwirklicht. Manchmal sollte der Fokus mehr auf den Dingen liegen, die gut funktionieren.

Mehr zum Projekt: http://tellerlein-deck-dich.de/

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