Wo Innovationen geboren werden

Prof. Dr. Arved Carl Hübler

Macher der Woche vom 13. Mai 2015

Dass Chemnitz eine Stadt ist, in der Bewegung herrscht, sieht man, wenn man sich auf dem Gelände der Technischen Universität befindet. Dass aber hinter den Mauern etwas ganz Großes passiert, sieht man erst, wenn man reinblickt. Im April 2015 wurde auf der World Press Photo Ausstellung in Amsterdam eine Sensation vorgestellt: Mitarbeiter der TU Chemnitz entwickelten einen Bildband, aus dessen Seiten Töne zu hören sind. Diese Sensation stammt von Chemnitzer Köpfen. Der führende Kopf des Teams ist Prof. Dr. Arved Carl Hübler vom Institut für Print- und Medientechnik der TU und unser Macher der Woche!


Ihre Entwicklung des T-books, das „T“ steht für Ton, ist auf enormes Interesse gestoßen. Haben Sie damit gerechnet?
Prof. Dr. Arved C. Hübler:
Gerechnet ist immer schwierig zu sagen. Aber ich habe schon gehofft, dass dieses Buch in der Öffentlichkeit auf Interesse stößt. 

Was ist das Faszinierende an Ihrer Entwicklung?
Es ist ein anderer Ansatz, Elektronik und elektronische Medien zu sehen. Viele Menschen haben das traditionelle Buch und das Papier als positiv besetztes Thema im Kopf und ich denke die Tatsache, dass sich das Anwendungsgebiet weiterentwickelt, ist für viele spannend und eine neue Erfahrung.

Wie ist die Idee entstanden, ein T-book zu entwerfen?
Vor drei Jahren haben wir den gedruckten Lautsprecher vorgestellt und waren dann natürlich mit der Frage konfrontiert, was sind Anwendungen für solch einen Lautsprecher, was sind Anwendungen für diese Druckprodukte. Viele Dinge kamen dabei auf den Tisch, zum Beispiel Verpackungen. Tapeten, die ein Lautsprecher sein könnten, werden immer wieder genannt. Das Buch ist dann eigentlich eher in der Diskussion mit Partnern entstanden. Die führende Kreativagentur aus München „Serviceplan“ hat die Idee gehabt, dass ein Buch etwas Spannendes wäre.

Herausgekommen ist ein Bildband, das eine Auswahl an Fotografien der Word Press Photo Ausstellung zeigt. Mit Hilfe von Lautsprechern, die nahezu unsichtbar in das Papier integriert sind, werden Sounds geboten, die die Bilder in ihrer Einzigartigkeit unterstützen. In hochwertiger Handarbeit hat das Team von Prof. Dr. Hübler an der Umsetzung gearbeitet. Wichtig dabei ist, wie man die gedruckte Elektronik mit der herkömmlichen Technik, die sich im Deckel des Buches befindet, zusammen bringen kann.

Der Sound des Buches kommt direkt aus dem Papier, wie funktioniert das?
Um Papier zum Klingen zu bringen, braucht man ein Material, das Schwingungen erzeugt. In diesem Fall ist das Blatt Papier eine Membran, die schwingt. Damit das Papier in Schwingung gerät, verwendet man piezoelektrische Materialen, die sich unter Spannung ausdehnen und zusammenziehen und damit die Schwingungen anregen. Diese sind von uns als Farbe formuliert worden, die dann auf das Papier gedruckt werden. Damit das ganze verschwindet, haben wir das Papier in zwei Teile gespalten, die notwendigen Schichten dazwischen gedruckt und das Ganze dann zusammen geklebt. Am Ende kommt ein Blatt heraus, in dessen Mitte der Lautsprecher eingedruckt ist.

Wie viele Exemplare gibt es von diesem T-book und wieviel kostet eins?
Also, jetzt ist es eine hochpreisige Kleinstauflage. Es gibt im Moment acht Exemplare und es sollen nochmal 50 produziert werden. Einen Preis kann ich nicht sagen. Es ist auf jeden Fall hochwertige Handarbeit und es ist nicht vorgesehen, dass es das Buch im regulären Verkauf gibt.

Gibt es schon Pläne, auch andere Bücher in dieser Form zu produzieren?
Mit dem Buch wird schon klar: Das ist ein neues Medium. Die Verbindung von Bild und Ton ist für den Nutzer ein Vorteil. Es erzeugt nicht nur einen Aha-Effekt, sondern es können sich wirklich dauerhaft Menschen dafür interessieren. Gerade in Kombination mit den sehr aussagekräftigen und hochwertigen Bildern. Konkrete Pläne mit konkreten, neuen Projekten gibt es noch nicht. Jetzt wo man das Buch sehen, fühlen und hören kann, gibt es dennoch Diskussionen für Projekte.

Kann man denn T-books in Masse produzieren?
Das muss das Ziel sein! Heute kann man das noch nicht, aber es gibt keinen Grund, warum das in einem Jahr nicht so sein sollte. Es wird natürlich aufwendiger und schwieriger sein, als ein klassisches Buch. Das ist logisch. Aber es muss am Ende auch ein Massenprodukt werden. Das Interesse bei Verlagen sei auf jeden Fall vorhanden. Um zukünftig weitere Innovationen hervorzurufen, gibt es schon Überlegungen, wie man auch die Schaltung drucken kann, damit ein T-book zukünftig noch flacher werden kann. Damit sei auch ein Tablet aus Papier in Zukunft denkbar.

Warum ist ausgerechnet Chemnitz ein Ort, in dem Innovationen geboren werden?
Chemnitz hat hier an der Universität eine lange Tradition des Druckens. Das Fachgebiet der Universität in Karl-Marx-Stadt waren Druckmaschinen. Diese Tradition haben wir erhalten und immer wieder in die aktuelle Moderne transformieren können. Und das ist in Deutschland in dieser Form noch in Darmstadt möglich, aber sonst eben nur in Chemnitz. Gerade während der Anfänge war zeitweise nicht klar, wie die Zukunft aussieht. Es gab sogar Überlegungen, ob man den Bereich Druckverfahren an der TU Chemnitz schließt. Doch eine Offenheit für Neues gab es schon immer in Chemnitz und so auch die Chance, die Tradition weiter zu entwickeln. Das ist auch eine Möglichkeit aus dem Schatten von beispielsweise Dresden herauszutreten. Man sollte in der Stadt noch mehr die Möglichkeiten suchen, die anders und fernab vom Mainstream sind.

Seit 1997 sind Sie hier in Chemnitz, haben das Institut für Print- und Medientechnik mit aufgebaut, wie hat sich die Stadt Ihrer Meinung nach in den letzten knapp 20 Jahren entwickelt?
Die Stadt hat sich schon sehr schnell entwickelt, das kann ich immer wieder feststellen. Wenn ich in westdeutsche Städte zurückkomme, dann fällt mir auf, dass alles so geblieben ist, wie vor 20 Jahren. Hier hat sich sehr viel entwickelt, das ist faszinierend. Die Stadt hat das Beste aus den, zum Teil nicht ganz guten, Randbedingungen gemacht und jetzt muss man junge Leute her holen. Das ist das Hauptthema. Auch für die Uni natürlich. Wir arbeiten daran, für ausländische Studenten hier immer offener zu sein. Und ich denke, das hat sich auch in dem Stadtbild in den letzten Jahren gezeigt und es ist eine gute Entwicklung der Stadt.

Eine Mitarbeiterin aus Prof. Hüblers Team musste nicht extra nach Chemnitz kommen, denn sie war schon da. Maxi Bellmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut und Mitarbeiterin beim Projekt T-book, hat schon immer in Chemnitz gelebt. Aufgrund des spannenden Studienangebotes der TU hat sie sich entschieden, in der Stadt zu bleiben. Auch während des Studiums haben sie die Inhalte an der TU angesprochen, weswegen sie die Stadt nicht verlassen hat: „Ich denke, die, denen es gefällt, die bleiben auch hier. Das Schwierige ist natürlich, je mehr weggehen, umso mehr werden natürlich folgen. Aber ich finde Chemnitz ist eine schöne Stadt. Hier kann man gut leben, hier gibt es alles.“

Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Dass Leute weggehen ist ja ganz normal. Das gibt es auch in anderen Städten. Ich bin zum Beispiel aus Berlin weggegangen, obwohl Berlin eine schöne Stadt ist. Es ist ja nichts schlimmes, wenn man von Chemnitz weggeht. Das Wichtige ist, dass man so attraktiv ist, dass die Leute kommen.

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