Drei Mal Gold für Chemnitz!

Frizzi Seltmann

Macherin der Woche vom 5. August 2015

Frisch, munter, gut gelaunt – so sehen Sieger aus! Die Mädels vom Sportensemble Chemnitz spüren zwar immer noch die zahlreichen Wettkämpfe in ihren Knochen, doch die Freude über ihren Erfolg überwiegt! Bei den World Jump Rope Championships, zu Deutsch: Weltmeisterschaft im Seilspringen, in Paris haben die Chemnitzer „Rope Skipper“ (Seilspringerinnen, Anm. d. Red.) gleich mehrere Medaillen mit nach Hause gebracht. In verschiedenen Disziplinen konnten die Sportlerinnen die Jury überzeugen. Unter anderem erkämpfte sich die Chemnitzerin Frizzi Seltmann drei Mal Gold und ist damit dreifache Weltmeisterin.   


Zunächst einmal ganz offiziell: Herzlichen Glückwunsch zu deinen drei Goldmedaillen aus Paris. In welchen Disziplinen hast du die drei Medaillen genau gewonnen?
Frizzi Seltmann:
Vielen Dank! Die erste Disziplin war 30 Sekunden Speed. Das heißt, man muss 30 Sekunden so schnell wie möglich springen. Die zweite Goldmedaille habe ich im Drei-Minuten Speed gewonnen. Das ist das Gleiche nochmal nur eben in 180 Sekunden. Und die dritte Disziplin war eine Freestyle Übung, die so etwas wie eine Kür ist. Man springt eigentlich 45 bis 70 Sekunden nach einer Musik. In Paris war es allerdings ohne Musik, weil so viele Teilnehmer dort waren. Deswegen sind vier Sportler gleichzeitig nebeneinander vor einem Kampfgericht gestartet. Dabei muss man versuchen in einer ansehnlichen Übung, so viele schwierige Sprünge wie möglich vorzuspringen.

Wie viele Mannschaften haben an den Weltmeisterschaften teilgenommen?
Es waren insgesamt 680 Teilnehmer aus 23 Nationen.

Rope Skipping (Seilspringen) ist nicht unbedingt eine bekannte Sportart. Wie viele Vereine gibt es in Deutschland?
In Sachsen gibt es drei Vereine: In Dresden, in Brand-Erbisdorf und eben in Chemnitz. Dabei haben wir in den neuen Bundesländern gar nicht so viele Vereine, die Rope Skipping anbieten. In Westdeutschland gibt es da schon mehr. Gerade Baden-Württemberg und Hessen sind sehr stark vertreten.

Und wie ist der Vergleich zu anderen Ländern?
Ursprünglich kommt der Sport aus den USA. Dementsprechend ist Rope Skipping dort auch sehr stark vertreten. Allerdings gibt es auch Unterschiede. In manchen Vereinen wird das Seilspringen als Leistungssport betrieben und die Sportler trainieren sieben bis acht Mal die Woche. Andere Vereine machen das dann eher als Breitensport. So wie wir vom Sportensemble Chemnitz. Wir trainieren eben nur zwei Mal die Woche, weil es ein Hobby ist und das Sportensemble Chemnitz zudem noch über zehn andere Sportarten anbietet. Auch die Trainingsbedingungen unterscheiden sich zum Teil. Manche haben eine eigene Trainingshalle oder sogar Coaches, die dann eben nur Akrobatik oder Turnelemente trainieren. Aber auch im Breitensport kann man erfolgreich sein und sich stetig weiter entwickeln. Möglich wird das durch engagierte Trainer, motivierte Springer und fleißiges Training.

Wie groß ist denn die internationale Konkurrenz? Gab es in Paris Momente, in denen du dachtest „Oh man, die sind aber gut…“?
Diese Momente gab es permanent. Man konnte vor Ort wirklich nur staunen. Angefangen bei den ganz jungen Rope Skipperinnen zum Beispiel. 10-jährige Mädchen oder noch jünger, die schon ganz schwierige Sprünge gesprungen sind. Ganz zu schweigen von den aktuell erfolgreichsten Teams z.B. aus den USA, Japan, China oder Australien. Der Wow-Effekt war also ein ständiger Begleiter (lacht).

Wie viele Wettkämpfe gab es?
Die Weltmeisterschaft umfasst ja alles. Alle Altersklassen in den verschiedenen Disziplinen. Da wurden einige Medaillen vergeben. Die Medaillenvergabe hat bis zu zwei Stunden gedauert. (lacht) 

Weitere drei Silbermedaillen haben sich die Springerinnen ersprungen, eine davon in der Team-Disziplin Double Dutch. Dabei stehen sich immer zwei Sportlerinnen gegenüber und schwingen zwei gleich große Seile, die dritte Sportlerin springt im Seil. Auch vierte und fünfte Plätze konnten die Mädels aus Chemnitz ergattern. Ein tolles Mannschaftsergbnis!

Wie bist du konkret zum Rope Skipping gekommen?
Ich habe 1993 angefangen. Da habe ich die Grundschule gewechselt und dort gab es ein Sportangebot vom Sportensemble. Ich konnte mir eine Sportart aussuchen, die ich gern machen wollte und habe mich für Rope Skipping entschieden. Das Sportensemble hat diese Sportart auch erst drei Jahre zuvor, also 1990, eingeführt. Dafür habe ich mich entschieden und dabei ist es dann auch geblieben.

Sind die drei Goldmedaillen deine größten Erfolge bis jetzt?
Ja, auf jeden Fall. Meinen letzten Wettkampf hatte ich 2011 zur Sachsenmeisterschaft. Letztes Jahr im November, Dezember haben wir uns als Team entschieden, die Weltmeisterschaft 2015 in Angriff zu nehmen, weil Paris auch nicht so weit weg ist. Das war die erste Meisterschaft auf europäischem Boden. Vergangenes Jahr war es beispielsweise in Orlando. Dann waren wir auf Sponsorensuche und haben im Januar angefangen, unsere Übungen zusammen zu stellen. Somit haben wir ein halbes Jahr auf die Meisterschaft hingearbeitet.

Im vergangenen Jahr in Orlando waren auch schon zwei Starterinnen aus Chemnitz dabei und haben überraschend Bronze gewonnen. Da sie damals ihre Reise in die USA aus eigener Tasche bezahlen mussten, sind die Mädels froh, Sponsoren für die WM in Paris gefunden zu haben. Auch im nächsten Jahr würden die Chemnitzerinnen gerne wieder an der WM teilnehmen und an ihre diesjährigen Erfolge anknüpfen.

Ist Chemnitz denn eine geeignete Stadt, um Nischensport zu betreiben?
Ich würde sagen „Ja“, denn sonst hätte sich unsere Sportart nicht über so viele Jahre halten können. Während der Schulzeit trainieren wir in einer Schulsporthalle. Da wir eine sehr große Trainingsgruppe sind, ist der Platz manchmal etwas knapp, aber wir kriegen das trotzdem hin. Wenn wir während der Schließzeit der Schulen mal nicht in unsere Turnhalle können, gibt es meistens Alternativen. Im Sommer machen wir dann einfach im Konkordia-Park ein Open-Air-Training. Neben der Trainingsmöglichkeit braucht es natürlich auch einen engagierten Trainer, der die Gruppe trainiert und kontinuierlich voranbringt. Das ist bei uns ebenfalls gegeben. Die Resonanz von den Chemnitzern ist immer durchweg positiv. Viele kennen den Sport ja nicht, und sind begeistert, wenn sie uns das erste Mal sehen. Da das Sportensemble ein Showensemble ist, machen wir auch viele Shows. Wir treten bei Stadtfesten, Firmenfeiern oder Sportgalas mit unserer fünf bis sechs minütigen Show auf. So können wir das Publikum unterhalten und gleichzeitig unseren Sport präsentieren.

Du kommst aus Chemnitz, hast deinen Sport hier gefunden, wie ist das Leben in der Stadt so?
Ich bin hier groß geworden, der Sport ist sozusagen meine zweite Familie. Ich war während des Studiums öfter im Ausland und habe dort festgestellt, dass ich den Sport eigentlich am meisten vermisst habe. Ich arbeite in der Nähe von Chemnitz. Es ergänzt sich also alles ganz gut. Nach dem Studium konnte ich hier bleiben. Das finde ich besonders schön. Wenn man zurück in seine Heimat kommt. Eine unserer Sportlerinnen kommt ursprünglich auch aus Chemnitz und hat dann zwei Jahre in Karlsruhe studiert. Jetzt hat sie in Chemnitz einen Job gefunden und freut sich sehr, wieder hier leben zu können.

Hat sich die Stadt in den letzten Jahren verändert?
Ja auf jeden Fall sehr positiv! Das Stadtbild macht sich. Letztens habe ich festgestellt, dass immer mehr kleine Läden aus dem Boden sprießen. Ich war vor kurzem erst auf dem Brühl und war sehr überrascht, dass es dort eben keine üblichen Läden gibt, sondern dass Leute den Mut haben, ihr eigenes Label für Klamotten aufzubauen, oder für Musik. Das finde ich sehr toll. Auch die vielen Konzerte in Chemnitz sind immer wieder schön. Ob im Weltecho, im Altra oder im Subway to Peter. Ich denke Chemnitz ist nach wie vor eine grüne Stadt! Eine gute Mischung. Nicht zu klein, nicht zu groß – das richtige zum Wohlfühlen!

Unsere letzte traditionelle Frage: Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Ja, doch ich denke schon! Das Bild von Chemnitz hat sich zum Positiven gewandelt. Die Meinungen der Menschen, die vor 20 Jahren das letzte Mal in Chemnitz waren, ist ja eher: „Was für eine hässliche Stadt, so grau…“ Ich finde die Chemnitzer können ruhig dazu stehen, dass sich die Stadt positiv entwickelt.

 

 

 

 

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