Zwei starke Damen für Chemnitz

Vivien Röder & Nicole Fydrich

Macherinnen der Woche vom 29. April 2015

Nächste Woche findet in Chemnitz die Europameisterschaft der Kraftdreikämpfer in der Messe statt. Vom 6. bis 9. Mai messen sich die stärksten Frauen und Männer des Kontinents in drei Disziplinen: Kniebeugen, Bankdrücken, Kreuzheben. Unter ihnen zwei Chemnitzerinnen, die zwischen Berufsalltag, Familie und Sport der Heim-EM entgegenfiebern, den Kraftdreikampf in der Region bekannter machen – und nicht zuletzt nach einer Medaille greifen wollen.


Wie seid Ihr zum Kraftdreikampf gekommen?
Vivien Röder:
(lacht) Die Standardfrage: Ich war nach der zehnten Klasse ein Jahr in den USA auf einer Highschool. Ich wollte in den USA weiter Sport machen. Zur Auswahl standen im Winter unter anderem Gymnastik und Cheerleading, wofür ich ganz und gar nicht der Typ bin. Für Basketball war ich zu schlecht und dann gab es da noch Powerlifting (Anm. d. Red. international für Kraftdreikampf). Da dachte ich: okay, probiere ich das. Es hat mir dann so viel Spaß gemacht, dass ich zuhause geschaut habe, wo ich das weiter machen kann.
Nicole Fydrich: Ich studierte in Chemnitz Sport. Und wie es halt so ist, müssen sich Studenten was dazu verdienen. So habe ich mir ein Fitnessstudio gesucht und dort gearbeitet. Da waren sehr viele Athleten vom Chemnitzer Polizeisportverein (CPSV), die Kraftdreikampf gemacht haben. Durch den Kontakt fing alles an. Zwischen 2003 und 2005 habe ich es dann ohne den richtigen Ernst betrieben. Doch nach einer peinlichen Niederlage bei einem Wettkampf 2005 sagte ich zur mir: Ganz oder gar nicht.

Die Entscheidung fiel auf „ganz“. Und nun geht Nicole Fydrich, die unter ihrem Mädchennamen „Steger“ bereits Erfolge feierte in ihr zehntes „ernsthaftes“ Jahr im Kraftdreikampf. Doch nicht nur ihren Lebensinhalt fand sie im Powerlifting, sondern auch ihren Mann, mit dem sie einen anderthalbjährigen Sohn hat. Als gebürtige Karl-Marx-Städterin geht mit der Europameisterschaft in Chemnitz sowohl für sie als auch für Vivien Röder ein Traum in Erfüllung.   

Nicole Fydrich: Für mich ist es das absolute Highlight als Athlet das zu erleben. Vor heimischen Publikum, meine Kollegen und eventuell Schüler kommen, meine Eltern und meine Schwester nehmen sich Urlaub. Das ist was ganz Großes.
Vivien Röder: Es ist die Heimatstadt und daher etwas anderes als eine internationale Meisterschaft irgendwo weit weg. Hier können Freunde und Familie direkt vor Ort zuschauen, was bei anderen Wettkämpfen selten der Fall ist. Es hat einfach noch ein anderes Flair. Es ist zuhause. Da will man noch mehr aus sich rausholen, als sonst.

Bei der Weltmeisterschaft im Bankdrücken 2014 im dänischen Rødby hat Vivien Röder knapp einen Medaillenrang verpasst. Die Chemnitzerin drückte in der Gewichtsklasse Aktive bis 72 Kilogramm damals mit 132,5 Kilogramm deutschen Rekord. Das reichte aber nur für Platz 4. Der deutsche Bankdrückrekord im Dreikampf steht inzwischen bei 145 Kilo. Aufgestellt bei den deutschen Meisterschaften im Kraftdreikampf vor zwei Monaten in Essen. Natürlich von ihr. Entsprechend ehrgeizig sind ihre Ziele für die EM. Im Gegensatz dazu Nicole Fydrich, für die Dabeisein an erster Stelle steht.

Vivien Röder: Neue Bestleistungen in allen drei Disziplinen wären schön. 457,5 Kilogramm in der Gesamtwertung gilt es zu überbieten: In der Beuge wären das 160 Kilogramm, im Ziehen über 160 Kilogramm und im Bankdrücken die besagten 145 Kilo. Im Bankdrücken, meiner Spezialdisziplin, das international auch im Einzel gewertet wird, strebe ich eine Medaille an. Im Dreikampf ist eine Medaillenplatzierung noch zu weit weg, aber wer weiß, was die Zukunft bringt.
Nicole Fydrich: Ich habe mich vor acht Wochen schwer am Rücken verletzt. Es bestand anfänglich der Verdacht auf Bandscheibenvorfall. Kurzzeitig hatte ich sogar Angst, den Sport nicht mehr ausüben zu können. Und durch die Verletzung fehlen mir vier Wochen Training und bei jeder Disziplin zehn bis fünfzehn Kilo mindestens. Eine Prognose ist da sehr schwierig. Ich bin zu allererst froh, dass ich dabei sein kann bzw. den Sport noch betreiben kann. 

Da der BSC Rapid Chemnitz keine Truppe im Wettkampfbetrieb hat, startet Vivien Röder für den SV Rotation Langenbach und Nicole Fydrich für Lauchhammer. Wenn es nach den Verantwortlichen geht, soll sich das bald ändern. Ein Grundstein ist mit dem Trainingsraum in Schönau, der mit Hilfe von Herrn Scharf und vielen freiwilligen Arbeitsstunden der Mitglieder geschaffen wurde, schon gelegt.

Wird Chemnitz noch einmal eine Bundesligamannschaft im Kraftdreikampf aufbieten?
Nicole Fydrich:
Das wäre noch einmal ein Ziel. Aber da muss sich noch was tun. Zum einen brauchen wir mindestens sechs Athleten mit Bundesliganiveau und zum anderen natürlich ein Team dahinter, das uns unterstützt. 

Wie schaut ein Trainingsplan vor der EM aus?
Vivien Röder: Ich trainiere dreimal die Woche. An jedem der drei Tage jeweils eine der drei großen Übungen und dann kommen noch entsprechende Zusatzübungen dazu.
Nicole Fydrich: In den vergangenen Wochen drei bis viermal Training. Aber dieser Woche werden Häufigkeit und Intensität langsam herunter gefahren. Zusätzlich aber noch zweimal pro Woche Physiotherapie.

Das klingt schon nach Leistungssport, auch wenn es keine Bezahlung gibt. Was machst du hauptberuflich?
Vivien Röder:
Seit ein paar Jahren unterstützt mich die Sparkasse Chemnitz als Sponsor, so dass Kosten durch Fahrten und Hotels minimiert werden. Es bleibt aber ein Sport, bei dem man drauf zahlt und man seinen Lebensunterhalt anderweitig verdienen muss. Ich habe an der TU Chemnitz Psychologie studiert und bin aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie Promotionsstudentin am Lehrstuhl Forschungsmethodik und Evaluation in der Psychologie bei Prof. Dr. Peter Sedlmeier.
Nicole Fydrich: Ich bin Lehrerin an den Freien Schulen Chemnitz und bilde dort Erzieher aus.

Funktioniert das, Sport und Beruf unter einen Hut zu bringen?
Nicole Fydrich:
Im Moment ist es mit der Europameisterschaft vor der Brust, Beruf und Familie wirklich schwierig. Ohne die Unterstützung meines Ehemannes, meiner Eltern und meiner Schwester wäre es fast nicht möglich.
Vivien Röder: Während des Studiums ging es natürlich noch besser. Aber auch jetzt finde ich Zeit zum Trainieren. Zwar ist es eine Doppelbelastung, aber hier kommt der Aspekt der Randsportart wieder zum Tragen. Und von irgendwas muss man ja leben.

Was fasziniert Dich an der Sportart?
Vivien Röder:
Der Kampf gegen das Eisen, sich selber irgendwo zu übertreffen und das Gefühl ein paar Kilos weiter zu sein. Bei lokalen Wettkämpfen, wie einer Sachsenmeisterschaft, ist es irgendwie immer wie eine große Familienfeier. Man kennt sich und daher ist es eine sehr schöne Atmosphäre unter den Sportlern. 

Ihr als gebürtige Karl-Marx-Städter- bzw. Chemnitzerinnen – was ist das Besondere für dich an der Stadt?
Vivien Röder:
Ich war ein Jahr in Amerika, eins in Frankreich und ein Semester in Norwegen. Ich brauche hin und wieder den Duft der weiten Welt, aber wenn ich mal weg war, dann finde ich es schön, wieder nach Hause zu kommen. Einige Leute schimpfen auf Chemnitz: Aber wie jede Stadt hat sie ihre Vor- und Nachteile. Ich finde Chemnitz hat eine schöne Größe, man findet alles was man sucht. Und die Stadt hat definitiv ihre schönen Ecken. Deshalb fühle ich mich hier wohl.
Nicole Fydrich: Ich habe Freunde und Familie hier. Fühle mich wohl. Zudem ist es für mich eine Sportstadt. Da ich aus dem Turnen komme, finde ich das faszinierend, was dort geleistet wird. Wir waren der erste Jahrgang, der nicht nach Leipzig auf das Internat musste, sondern hier bleiben konnte. Aus dieser Betrachtung finde ich das Geleistete sehr stark.

Wenn Ihr jetzt zur Europameisterschaft ausländischen Gästen was von Chemnitz zeigen würdet, was wäre das?
Vivien Röder:
Das hängt vielleicht ein wenig vom Interesse der Gäste ab. Chemnitz hat eine sehr gute Kulturlandschaft. Wenn sie dahingehend interessiert sind, dann wäre das was. Mein Lieblingsplatz ist der Theaterplatz. Den finde ich sehr schön.
Nicole Fydrich: Wahrscheinlich zuerst unser Trainingsstudio (lacht). Und dann würde ich mit den Gästen einen Spaziergang von der Parkbahn im Küchwald bis zum Schloßteich machen.

Durch die Wettkämpfe kommt ihr viel rum und lernt eine Menge Leute und deren Ansichten über Chemnitzer kennen. Muss man den Chemnitzern manchmal Mut machen?
Vivien Röder:
Mut machen aber auch einfach animieren, dass die Angebote, die da sind, angenommen werden. Mein Beispiel sind die Filmnächte: Das Angebot ist da und trotzdem bekommt man den Eindruck, dass es nicht angenommen wird. Gerade die, die meckern, sollen erst einmal schauen, was da ist. Wie viele Sachen gibt es denn, die noch gar nicht genutzt werden. Ich sehe es speziell an den Studenten. Psychologie ist ein Studiengang mit Numerus clausus. Die Studenten kommen also nicht unbedingt hierher, weil sie Chemnitz so toll finden, sondern weil sie müssen, weil sie nur hier einen Studienplatz bekommen haben. Wobei ich auch den Eindruck habe, dass viele nach ihrer Zeit rückblickend sagen: Chemnitz ist doch ganz schön. 
Nicole Fydrich: Das denke ich doch. Wir haben viele schöne Eckchen. Wir haben gute Möglichkeiten, was die Ausbildung anbelangt. Vor der Geburt unseres Kindes waren wir viel in der Natur mit dem Hund unterwegs.

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