Wer etwas kann, darf es sagen!

steelconcept

Macher der Woche vom 14. Oktober 2015

Die Chemnitzer Firma steelconcept steht für Ideen in Stahl. „Stahlbau ist Leidenschaft“, sagt der Geschäftsführer Roger Herold. Er und Kerstin Schreier leiten gleichberechtigt das Unternehmen, das sie beide 2001 gegründet haben. An der Neefestraße entstehen Konstruktionen und Bauwerke, die neben Zweckmäßigkeit das besondere Etwas haben. Herold, seine Frau Ines, die das Personal und das Marketing managt, und Kerstin Schreier haben einst an der TU Chemnitz studiert. steelconcept agiert inzwischen weltweit von Chemnitz aus.


Herr Herold, was macht steelconcept aus?
Meine Erfahrung zeigt, dass ich oftmals zu einem Erstgespräch zu einem neuen Kunden fahre und dort nicht gleich erkenne, in welchem Gebäude sich seine Produktions- oder Büroräume befinden. Es spiegelt sich im Äußeren noch nicht wider, was im Inneren an Top-Produkten und -Leistungen geschaffen werden. Für den Neubau ist das eine große Chance, das CI oder eben das Produkt zu reflektieren. So sind Motivation, Interesse und Hochgefühle bei Neukunden und Mitarbeiter geweckt und sie brauchen dann auf diesem Level mit den Produkten nur gehalten werden.So ist unser Gedankengang und das versuchen wir auch, dem Kunden zu erklären, dass es eben nicht bloß um Technologie geht. Uns geht es darum, Technologie im Design zu entwickeln.

Sie bieten also auch das Design mit an?
Das ist unser Ansatz. Es gibt ja diese Engpasskonzentrationstheorie. Nehmen Sie eine Eieruhr. Wer ist schuld, dass der Sand so langsam durchrieselt? Die engste Stelle. Man muss immer schauen, wo ist die engste Stelle und die muss man weiten. Da setzen wir an. Eine mögliche Engstelle ist die Wahrnehmung beim Kunden. Unser Team liefert Ideen, mit einer Architektur, einer Technologie, mit einem Energiekonzept und natürlich mit einem Preisvorschlag.

Ist energieeffizientes Bauen auch Ansatzpunkt bei Ihnen?
Unbedingt, weil es zusammen gehört. Deshalb fahre ich auch so ein Auto (es steht ein nagelneues kleines Elektro-Auto auf dem Hof).
Wir sind gerade dabei, mit Professor Erfurth von Erfurth Projektdesign ein gemeinsames Forschungsprojekt zu entwickeln. Wir möchten für Chemnitz ein Referenzprojekt mit einem schneelastfreien Dach produzieren.
Gerade in Chemnitz, wo wir in manchen Jahren viel Schnee haben, ist das sehr interessant. Wenn man in der Lage ist, das Dach so zu bauen, dass durch Eigenenergie der Schnee im Anflug schmilzt, dann würde die Scheelast eine andere Rolle mehr spielen. Das wäre eine coole Sache. Zudem wird noch Wärme nach unten abgegeben, die zusätzlich genutzt werden kann.

Sie haben Ihr Firmengebäude sicher auch selbst konzipiert?
Natürlich, unser Firmengebäude ist genau das, was ich den Kunden zeigen will. Wir sind modern, geradlinig, schnörkellos, aber durchaus auch kostenoptimiert. Das Bürogebäude, das von außen durchaus ansprechend aussieht, hat die günstigste Fassade, mit der man überhaupt bauen kann. Für ein gutes Raumklima haben wir im Innenbereich mit Lehmputz gearbeitet. Alt und neu, das schließt sich nicht aus.

Sie haben für Ihr Firmengebäude einen Umweltpreis bekommen?
Ja, den Energie Award 2013, als das Haus neu gebaut wurde. Das war für den Einsatz innovativer Energien. Weitere Nominierte waren VW, Continental, Agfa, Airbus und andere. Bei der Preisverleihung habe ich spaßenshalber bemerkt: Wenn ich die Umsatzzahlen aller Mitbewerber zusammenzähle und dann den Umsatz von steelconcept obendrauf setzte, dann ist – oho! – an der achten Stelle hinter dem Komma etwas hinzugekommen.

Sie haben 33 Mitarbeiter, sind sie Bestandteil ihres Erfolgs-Geheimnisses?
Unbedingt! Es gibt dafür ein schönes Gleichnis. Drei Steinmetze behauen jeder einen großen Stein. Ein Wanderer kommt und fragt, woran sie arbeiten. Der Erste sagt, ich muss einen Klotz behauen, das ödet mich an. Für ihn eine sinnlose Tätigkeit. Sinnlose Arbeiten führen bei Mitarbeitern zu Depression. Der Zweite antwortet, ich baue hier ein Torgewende (Türsturz), ganz schön schwierig, aber das schaffe ich. Er weiß, was das ist, macht es mit Inbrunst, aber er ist auch froh, wenn Feierabend ist. Der Dritte sagt, ich baue an einer Kathedrale. Er hat seinen Stein im gesamten Bauwerk vor Augen.
Ich möchte, dass meine Mitarbeiter nicht bloß ein Stück Stahl bearbeiten, sondern einen Tempel überdachen, wie zum Beispiel in Malta. Dort überdachen wir mit einem Stahlträger von 78 Metern Spannweite den Tarxien-Tempel. Ich erläutere meinen Mitarbeitern die archäologische Aufgabe und dass wir damit eine 5.000 Jahre alte Anlage schützen, die durch Wind, Sonne und Regen in Mitleidenschaft gezogen wird. 

Woher haben Sie Ihre Visionen?
Von meiner Frau Ines selbstverständlich. (lacht herzlich) Wir unterhalten uns auch zu Hause über unsere Arbeit. Es ist dann sehr locker, sie hat eine ganz andere Sichtweise. Sie hat den Blick von außen. Mir ist wichtig, dass unsere Studien eins zu eins in der Realität umgesetzt werden können. Dazu verleite ich schon mal unseren  Kunden, nach Unterschieden zwischen beauftragter Studie und Fotos vom fertigen Bau zu suchen.

Sie sind ja mehr Statiker und weniger Architekt, vielleicht prägt das mehr so Ihre praktische Sichtweise entgegen der Theorie?
Ein bedeutender Faktor meiner Arbeit ist die Empathie. Ich muss nicht nur die Technologie des Kunden, sein Produkt, die Prozesse, die Anforderungen an das neue Gebäude kennen, mich interessieren genauso seine Prioritäten, Hobbys, was liegt ihm am Herzen. Mit dem geeigneten Architekten versuchen wir dann die Idee, maßgeschneidert für diesen Kunden zu entwerfen. Die können auch schon mal abgehoben sein. Erhebt unser Statiker Einwände, komme ich wieder ins Spiel: und wenn wir die Spitze dahin schieben oder hier ein Gelenk und da eine biegesteife Ecke hinzufügen, ist dann die Idee zerstört? Nein. Kriegen wir das auch statisch hin? Ja. Und dann erst geht’s zum Kunden. Nicht mit dem ersten Entwurf, sondern mit dem, der auch ausführbar ist.

Dann ist es sinnvoll, dem Kunden auch die Zeit zu gewähren, sich mit dieser Studie auseinander zu setzen. Vielleicht will er sie mit seiner Frau besprechen, erst mit den Mitarbeitern diskutieren?
Was ich damit meine: Technik und Fachwissen sind eine Seite der Medaille, die andere sind Kommunikation und Empathie. Diese führen zu Erfolg oder Misserfolg.

Wie sind Sie damals auf die Idee gekommen eine Firma zu gründen?
Über die Wendewirren bin ich nach Bayern geraten, sozusagen Zwangsaussiedler, weil ich in München noch weiterstudieren wollte. Der Zufall führte mich in ein personengeführtes kleines Unternehmen mit 25 Mitarbeitern. Der Chef der Produktion, ein älterer Herr hat mich einfach gemocht. Er hat mich gefördert und gesagt, es gefällt mir wie du denkst und ich zeige dir jetzt mal drei Jahre lang, was nicht in Büchern steht. Er hat mir damals beigebracht, wie man mit Menschen umgeht, was Empathie ist. Dann ist er leider erkrankt und ich hatte mit meinen damals 27 Jahren die Firma schon als Betriebsleiter leiten dürfen. Später mit 30 fragte ich mich, was kommt als nächstes? Gehst du in eine große Firma oder bleibst du hier bis zur Rente. Dann kam die Möglichkeit, in Chemnitz etwas aufzubauen– es hätte auch in Dresden oder Leipzig sein können, aber niemals in Bayreuth – weil es nur im Osten Deutschlands die Förderung gab. Zehn Jahre als Angestellter reichten nicht, um das Startkapital zu erarbeiten. Eine Million brauchten wir als Eigenkapital, um vernünftig starten zu können.

Wieso haben Sie sich entschlossen, zurück nach Chemnitz zu kommen?
Warum es Chemnitz geworden ist und nicht Leipzig liegt einfach daran, dass es wirklich stimmt, was man sagt: In Leipzig wird gehandelt, in Dresden gibt’s die Kultur und in Chemnitz wird gearbeitet. Das Umfeld hier in der Stadt ist für mich sehr viel angenehmer als in Dresden. Ich habe alles, was ich brauche: Maschinenbauer, Beschichtungszentren, Großverzinkereien, Transportunternehmen u.v.m. Vor allem haben wir auch – das ist nun auch schon wieder 13 Jahre her - Mitarbeiter gefunden, die wirklich Fachleute sind, die wissen, wie Stahl bearbeitet werden muss. Jetzt gehen schon bald die ersten in Rente, sodass wir unsere Mitarbeiter auch selbst ausbilden. Es ist uns wichtig, dass wir die jungen Leute in unserer Philosophie schulen, anlernen. Das ist ein Prozess der hört nie auf.

Sie haben in die Ukraine expandiert und fördern Wirtschaftskontakte, warum Ukraine?
Ich erhielt eines Tages eine unkomplizierte Einladung per Mail. In der hieß es, komm, lass uns losfahren, wir haben Kontakte, schauen uns Produktionsbetriebe an und reden mit Firmeninhabern. Das klang interessant und spannend. Es ist ein schönes Land. Die Investition war überschaubar. Unsere Firma dort, steelconcept-UA, ist inzwischen durchaus selbständig. Jetzt entdecken wir gerade Mazedonien; gründeten dort die Firma steelconcept-MK und erhielten bereits erste Erfahrungen beim Bau einer Werkhalle.

Sie haben doch auch schon ein Wirtschaftsforum für Chemnitzer Unternehmer oder Unternehmer der Region organisiert, um Kontakte in die Ukraine zu fördern.
Ja, damals war mir wichtig, Geschäftspartnern und Unternehmern aus anderen Branchen die Angst vor diesem unbekannten Land zu nehmen. Kalkulierbares Risiko ist mein Schlagwort. Wir haben gerne unsere Erfahrungen weiter gegeben.

Was ist das größte Referenzprojekt von steelconcept?
Also in Chemnitz ist das ganz klar das Fimengebäude von euro.Courier. Das ist das aufwändigste Gesamtprojekt, was wir an EU-Bauten realisieren durften. Natürlich sind wir mit den Kundenanforderungen gewachsen. Für uns immer interessant und designorientiert bleiben Heckert Solar, der Wirkbau-Tower, die neue Brücke an der Haasefabrik in Chemnitz oder die Überdachung bei AWM. Dieses Projekt wurde mit dem Deutschen Stahlbaupreis ausgezeichnet – für uns eine Ehre, am Bau beteiligt zu sein. Zu unseren Geschäftsbereichen gehören weiterhin der Maschinen- und Anlagenbau, diese Stahlkonstruktionen liefern wir ebenso deutschland- und weltweit.

Kann man den Erfolg von heute an Zahlen, zum Beispiel Umsatzzahlen, festmachen?
Die genauen Umsatzzahlen sind nicht meine erste Priorität. Er kann zwischen 6 bis 9 Mio €. im Jahr erreichen, abhängig davon, welche Projekte wir produzieren. Eine größere Bedeutung für mich hat der Rohertrag – der muss bei allen Projekten stabil bleiben.

Sie wohnen nicht direkt in Chemnitz, was ist für Sie Heimat?
Das ist ganz klar. Ich bin in einem Dorf nahe Chemnitz aufgewachsen. Ich habe mehrere Jahre auf dem Kaßberg gelebt, das sind mir zu hohe Mauern, Lärm. Meine Frau und ich wollten gern wieder aufs Land. Und nach jahrelangem Suchen haben wir unser zu Hause wieder auf dem Dorf gefunden. Unsere Söhne hingegen hätten diese Idylle gern auf dem Kaßberg, denn sie bevorzugen ganz klar das Stadtleben.

Was ist Ihr Lieblingsplatz?
Mein Lieblingsplatz ist ganz klar auf dem Holzsteg am Teich mit glasklarem Wasser, Forellen beobachten. Das ist einfach nur herrlich.

Gibt es auch einen Lieblingsplatz in der Stadt, in Chemnitz, das ist ja quasi auch Ihre Heimatstadt?
Mein Lieblingsplatz befindet sich bei Jörg Pille, außerhalb der Raucherlounge im „Zigarrenkontor Chemnitz“ im Chemnitzer Hof. Dort schaue ich gerne vorbei, vielleicht zu selten, trinke mit ihm einen Kaffee und wir fachsimpeln über Gott und die Welt. Loslassen ist da angesagt. Ich komme mir vor, wie in einer anderen Welt, wenn ich ihn im weißen Hemd, mit Schreibtischstulpen, seinem goldenen Buch, in das er mit Füllfederhalter jeden Verkauf einträgt beobachten kann – das hat Stil. Das hat auch was von Entschleunigung, das ist mein Thema!

Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Unbedingt. Chemnitz ist aus meiner Sicht hervorragend im „Sich-klein-machen“. Wir sind ja NUR… aus dem Osten, aus Sachsen, wir können ja nur... Wenn ich von außen beobachte, wie Chemnitz wahrgenommen wird, nämlich als Wirtschaftsstandort, als Maschinenbaustadt oder wie man uns als Chemnitzer Firma schätzt, dann sage ich, natürlich sind das Fachleute und Spezialisten hier vor Ort. Das hat Tradition! Wir sollten und müssen das der Welt mitteilen. Wer etwas kann, darf es auch sagen. Klappern gehört zum Handwerk. Das würde ich mir mehr wünschen.

 

 

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