Das bedeutendste nationale Turnier findet in Chemnitz statt
Thomas Neubert
Macher der Woche vom 25. Februar 2015
„Es ist das bedeutendste nationale Turnier, das es in der Tischtennis-Szene gibt“, beschreibt Thomas Neubert den Stellenwert der Veranstaltung. Und es findet zum zweiten Mal nach 2007 in Chemnitz statt. Die Rede ist von den Nationalen Deutschen Tischtennismeisterschaften. Vom 6. bis 8. März duellieren sich die besten deutschen Spielerinnen und Spieler in der Arena der Messe Chemnitz. Mit dabei natürlich die beiden Stars – Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov.
Ein Mann, der lieber im Hintergrund steht, ohne den jedoch diese Großveranstaltung nicht möglich wäre, ist der Organisator Thomas Neubert, von der Abteilung Tischtennis des BSC Rapid Chemnitz. Zusammen mit 80 ebenfalls ehrenamtlich tätigen Helferinnen und Helfern wird er während der drei Tage für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Doch die Vorbereitungen im Vorfeld sind weitaus größer.
Wann habt Ihr Euch entschieden, die Nationalen Deutschen Meisterschaften erneut in Chemnitz auszutragen?
Thomas Neubert: Der Gedanke geisterte schon lange in unseren Köpfen herum. 2010 oder 2011 haben wir erneut den Antrag zur Ausrichtung gestellt. Zum 100-jährigen Jubiläum des BSC Rapid Chemnitz 2012 wollten wir sie gerne. Doch den Zuschlag erhielten leider andere - Berlin mit dem Velodrom. Im Sommer 2013 hat sich der Tischtennis-Bund dann unsere Halle angeschaut und sie für geeignet erklärt. Im Januar vergangenen Jahres haben wir schließlich den Zuschlag erhalten.
2007 hat sich die deutsche Tischtennis-Elite noch in der Richard-Hartmann-Halle duelliert. Doch die Regularien und Anforderungen haben sich geändert. „Gefordert sind 3.500 Sitzplätze, Räume für die Dopingkontrolle, Massage- und Presseräume, Spielerbereiche, mindestens 100 VIP-Plätze und und und“, berichtet Thomas Neubert. Diese Gegebenheiten fand man in der der Arena der Messe Chemnitz.
Besteht keine Angst, dass die Halle zu groß ist für den Zuschauerzuspruch?
Bei der vergangenen Veranstaltung 2007 kamen an den drei Wettkampftagen ca. 5.000 Zuschauer in die Halle. Diese Zahl wollen wir einstellen und sind dem sehr positiv gestimmt. Im Vorverkauf konnten wir bisher ca. 2.500 Karten absetzen.
Überrascht Euch der Zuspruch? Chemnitz ist ja nicht als Tischtennis-Hochburg bekannt.
Das Gegenteil ist der Fall. In Chemnitz und Umland ist die Dichte an Spielerinnen und Spielern groß. Wir haben in der Umgebung rund 140 Vereine. Alleine im Stadtfachverband Chemnitz sind es fast 1.000 Mitglieder, die in Tischtennisvereinen organisiert sind.
In den vergangenen 15 Jahren haben nur drei ostdeutsche Städte dieses Turnier ausgerichtet: Magdeburg 2000, Cottbus 2004, Chemnitz 2007 und dieses Jahr. Traut sich keiner im Osten an die Organisation dieser Veranstaltung?
Es ist ein riesiger Aufriss und ein paar verrückte Leute muss man erst einmal finden, die das mitmachen. Ich sehe es ja selber: Es ist ein Fulltime-Job und ehrenamtlich fast nicht machbar. Und das trotz unserer Erfahrung vor acht Jahren. Jedes Blatt muss noch einmal angefasst werden. Und sei es „nur“, um das Datum zu ändern.
Seit dem 1. Januar 2015 bestimmen Beruf und die Ausrichtung der Deutschen Meisterschaft den Tagesablauf des 45-Jährigen. Augenblicke, die ihn zweifeln ließen, gab es glücklicherweise keine: „Bisher ist mir eigentlich alles immer irgendwie gelungen“, erzählt er bescheiden. Neben der Tätigkeit als Organisation ist er noch zweimal pro Woche in der Halle an der Irkutzker Straße beim Kindertraining anzutreffen. Eine Herzensangelegenheit, wenn man ihm so zuhört. „Den Verein haben meine Frau und ich aufgebaut.“
Mit bruno banani, Ford besico, Braustolz und EDEKA konntet Ihr Unterstützer für die Veranstaltung gewinnen. Ist das ein Zeichen, dass sich Chemnitz nach höherklassigem Tischtennis sehnt?
(lacht) Würde mich freuen, wenn dem so wäre. Aber es ist ein sportliches Highlight in Chemnitz und dadurch kann man den ein oder anderen überzeugen, mit einzusteigen. Natürlich hätte ich gerne mehr, ich bin noch auf der Suche, eine kleine Lücke zu schließen. Aber das wird in den letzten 14 Tagen immer schwerer.
Leider hat es sich die Hoffnung eine Chemnitzer Spielerin bei dem Turnier zu sehen, in letzter Minute denkbar knapp zerschlagen. „Franziska Lasch war bei den Mitteldeutschen Meisterschaften punktgleich mit den beiden Erstplatzierten, die sich qualifizieren. Leider ist sie aufgrund der schlechteren Satzbilanz nicht dabei“, leidet ihr „Chef“ immer noch mit seinem Schützling. „Sie steht aber auf der Liste der potentiellen Nachrücker. Vielleicht kommt sie ja doch noch rein. Ein sehr kleiner Hoffnungsschimmer ist aber da.“ Ein Traumfinale hat der Vizepräsident des BSC Rapid Chemnitz natürlich auch schon: Boll gegen Ovtcharov. „Hier würde sich der Kreis für Thomas Neubert schließen. Denn dieses Finale gab es bereits 2007 in Chemnitz.
Hast Du einen Überblick, woher die Kartenanfragen kommen?
Generell aus der gesamten Bundesrepublik. 2007 kamen ca. 80 Prozent der Zuschauer aus Sachsen und 20 Prozent aus der restlichen Republik.
Was würdest Du den auswärtigen Fans in Chemnitz zeigen, wenn sie Dich fragen?
Wir sind gerade dabei, kleine Stadtführungen zu organisieren. Nicht jeder wird komplett die kompletten drei Tage in der Halle verbringen. Sie sollen die Innenstadt kennenlernen. Seit 2007 hat sich ja einiges hier getan. Das hören wir auch bei unseren anderen Veranstaltungen. Wenn Auswärtige alle paar Jahre zu uns kommen und dann sagen: Chemnitz hat sich aber schön entwickelt.
Euer Tagesgeschäft im Sport ist eure Vereinsarbeit beim BSC Rapid Chemnitz. Wie sieht es dort aus?
Unsere hochklassigste Mannschaft die Damen, geht nach fünf Jahren Zweitligazugehörigkeit inzwischen in Liga drei auf Punktejagd. Die dritte Liga wurde neu gegründet und hat fast das gleiche Niveau wie die zweite. Man fährt ebenfalls durch das halbe Land. Ansonsten blicken wir auf eine erfolgreiche Vereinsstruktur in der Abteilung Tischtennis: Wir haben vor 25 Jahren mit zwanzig Leuten und je einer Schüler- und Herrenmannschaft angefangen. Mittlerweile haben wir über zehn Mannschaften und 120 Mitglieder. Über unsere Jugendarbeit haben wir ja bereits gesprochen.
Bleibt für Euch finanziell etwas hängen bei den deutschen Meisterschaften?
Momentan nicht. Wir setzen auf die Zuschauer. Allein im sächsischen Tischtennisverband sind über 17.000 Mitglieder. Die Bude müsste dort voll werden.
Woher ziehst Du die Motivation, neben Deinem Hauptberuf, für Dein Engagement beim Tischtennis?
(Lacht) Das höre ich öfters. Ich kann wahrscheinlich nicht Nein sagen. Ernsthaft: Wir hatten nach 2007 einen kleinen Schwung, der Interessierte zu uns in die Halle brachte. Es war vorher schon nicht schlecht, aber dann war die Halle ziemlich voll. Und das hat sich bis jetzt gehalten. Wir sind wohl einer der wenigen Vereine, der keine Probleme mit Nachwuchs hat. Beim Kindertraining sind zwischen 30 und 40 Sportlerinnen und Sportler.
Zurück zur Deutschen Meisterschaft: Machen solche verrückten Geschichten, wie das Ausrichten den Charakter von Chemnitzern aus?
Wahrscheinlich muss man ein wenig verrückt sein (lacht). Das kann ich jetzt schlecht von mir beurteilen. Das müssen andere machen.
Ohne Zweifel: Positiv verrückt ist Thomas Neubert. Neben Hauptberuf, zwei Kindern, Familie, Präsident des Sächsischen Tischtennis-Verbandes Vizepräsident beim BSC Rapid Chemnitz, Kinder-Trainer und Präsident vom Förderverein für den Tischtennissport in Chemnitz noch ein solches Event auf die Beine zu stellen, zeugt von großem Mut und Leidenschaft. Dabei hat er erst spät, mit 16 Jahren, mit dem Tischtennissport angefangen. „Ich suchte nach einer Alternative zum Fußball.“ Aus einer Alternative wurde eine Liebe. Zum Glück für den Verein und die Stadt.
Unsere Standardfrage: Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Es ist durchwachsen. Einige schimpfen prinzipiell immer auf die Stadt und der andere Teil sagt, dass sich alles super entwickelt hat. Und von dem was sich an Gebäuden und Museen getan hat, ist es beachtlich.