Chemnitz – Mekka für Skateboarder
Pierre Graupner
Macher der Woche vom 10. August 2016
Am Samstag werden ca. 80 Skateboarder aus Deutschland und einigen europäischen bzw. nichteuropäischen Ländern im Konkordiapark ihr Können unter Beweis stellen. Der Wettbewerb Bring Da TruckaZ findet bereits zum dritten Mal in Chemnitz statt. Aus einer Laune heraus eher zufällig geboren, entwickelte sich die Veranstaltung zu einem festen Termin im Kalender der Szene und verdrängte sogar die Landeshauptstadt. Für Veranstalter Pierre Graupner eine Herzensangelegenheit.
Wie bist du denn auf die Idee gekommen, ein Skate-Event zu organisieren?
Pierre Graupner: Witzige Idee eigentlich. Die Idee kam beim Hören einer Platte der amerikanischen HipHop-Band Wu-Tang Clan. Diese wird schon immer in Verbindung mit dem Skateboarden gebracht. Nach dem Song „bring da ruckus“ kam die Idee mit dem Namen und dem Skatecontest. Aber die ersten Skate-Veranstaltungen waren gar nicht in Chemnitz, sondern in Dresden. Die ersten drei Jahre waren wir in der Landeshauptstadt. Weil Chemnitz die Skateanlage im Konkordiapark noch nicht hatte. Irgendwann hab ich dann mitbekommen, dass in Chemnitz der Skatepark gebaut wird.
Die Leute von der Skatehalle im AJZ haben mich angesprochen und meinten, dass sie im Sommer ihr internationales Skatecamp in der Stadt machen und der Contest eine perfekte Abschlussveranstaltung wäre. Gleichzeitig sollte der Konkordiapark damit eröffnet werden. So ist das zustande gekommen. Die Resonanz war super.
Auf was können sich die Zuschauer am Samstag bei euch freuen?
Auf ca. 80 Fahrer, die sicherlich alles geben werden. Wir haben verschiedene Kategorien, in denen sie starten: Die Kategorie unter 12, unter 16, über 16, unter 18 Jahren und gesponserte Fahrer, darunter die Top Zehn aus Deutschland. Durch die Preisgelder zieht man eben auch die Profis an. Von denen bekommen wir auch positive Rückmeldungen. Die sind eher von den klassischen kommerziellen Wettbewerben in Deutschland genervt, wo alles bist bis ins kleinste Detail durchgeplant ist. Sie freuen sich, an unserem Contest teilzunehmen. Bei uns ist es eben wie in einer kleinen Familie.
Was hast du für ein Budget beim Konkordiapark?
Da bin ich bei mehreren Tausende Euro. Es steckt ganz viel Arbeit drin.
Was ist das Besondere am Konkordiapark?
Er hat eine super Lage. Der ist so ein bisschen Mittelpunkt der Stadtgebiete. Du hast den Kaßberg, Schloßberg, die Innenstadt. Somit kommt auch viel Publikum. Auch ältere Leute, die einfach nur zugucken wollen. Und der Skatepark ist natürlich top. Es gibt vergleichbar keinen besseren Skatepark in Deutschland, der alles so vereint von Klein bis Groß. Du kannst Kids-Kategorien im gleichen Skatepark durchführen, wie die großen, ohne dass du etwas dazu bauen musst. Die Unterstützung von der Skatehalle ist super. Wenn es regnet, können wir den Contest in der Skatehalle machen.
Bis jetzt hatten wir aber immer Glück mit dem Wetter. Hoffen wir das auch für dieses Mal.
Fahrer aus Argentinien, Spanien, Brasilien, Mazedonien, Tschechien und Österreich verleihen dem „Bring Da TruckaZ“ ein internationales Flair. „Das AJZ macht in diesem Zeitraum immer ein internationales Skate-, BMX- und Inline-Camp – das United by Skate -Camp. Unser Wettbewerb ist an dem Abschlusswochenende“, erzählt Pierre Graupner. Im AJZ werden verschiedenen Projekte und Workshops angeboten, bei denen die Teilnehmer mitmachen können. „Das ist sehr nachhaltig. Dort ist z.B. ein Erdhaus entstanden und es wurde eine Rampe gebaut“, so Graupner. „Die Internationalität wertet den Contest natürlich auf.“ In den kommenden Jahren soll die Veranstaltung weiter wachsen. Angedacht ist auch eine Ostdeutsche Meisterschaft, denn das Niveau im Osten Deutschlands ist sehr hoch. „Die Begeisterung für Fun-Sport ist, je weiter man in den Osten kommt, höher.
Was machst du sonst, wenn du kein Skateboardevent veranstaltest?
Ich habe meine eigene Agentur, SAZ INC, mache Social Media Marketing und Media-Produktion (Produktfotografie und Image Clips). Ich habe Chemnitzer Einzelhändler, aber auch Zeitungen und Veranstalter als Kunden. Das alles ist ein Ein-Mann-Betrieb.
Chemnitzer scheint generell im Bereich Urban Sport gut aufgestellt zu sein.
Ja, auf jeden Fall. Ich habe meine Masterarbeit letztes Jahr im März geschrieben. Da habe ich die ganze Tourismusschiene in Chemnitz untersucht und eine Machbarkeitsstudie für die Stadt erstellt in Bezug auf den Konkordiapark und dem Neubau einer Skatehalle auf dem Gelände. Dabei habe ich festgestellt, dass der Sportler an sich eher in die Individualsportarten reinrutscht. Er geht weg vom Breitensport.
Ist Chemnitz eine Stadt mit vielen Freiräumen?
Also mir wurden glücklicherweise noch nie Steine in den Weg gelegt. Klar, würde immer mehr gehen, wenn sich große lokale Sponsoren beteiligen würden. Die Finanzierung läuft nur über Sponsoren aus der Szene. Wenn wir da Unterstützung von der Chemnitzer Wirtschaft hätten, dann würde das Ganze noch mehr krachen. Dann könnte man zum Beispiel durch höhere Preisgelder noch mehr internationale Fahrer anziehen.
Was sagen denn die auswärtigen Teilnehmer bei deinen Veranstaltungen über Chemnitz?
Die sind auf jeden Fall über Chemnitz, den Skatepark und die Szene positiv überrascht. Wir haben hier so viele schöne Spots. Wir haben einen tollen Park, die Stadt an sich ist geil und grün. Der Konkordiapark zieht in der Szene wirklich viele Leute an, die dann einfach mal für ein Wochenende nach Chemnitz kommen. Auch viele Tschechen.
Pierre Graupner kommt ursprünglich aus einem kleinen Ort im Erzgebirge, nahe der tschechischen Grenze. „Es war purer Zufall, dass ich in Chemnitz gelandet bin“, erzählt er. Nach seiner Lehre für das Sportstudium an der TU interessiert. „Als leidenschaftlicher Snowboarder fand ich den Fakt interessant, dass man das auch in Chemnitz als Sportart belegen konnte. Inzwischen betreuen der Verein SNOSKA und ich ehrenamtlich noch den Funpark in Oberwiesenthal und machen dort auch Veranstaltungen.“ Nach dem Grundstudium kam als Spezialisierung Sportmarketing hinzu. „Das Studium hat mich auf die Idee, eine eigene Agentur zu gründen, gebracht.“
Du warst schon viel unterwegs, bist beruflich rumgekommen. Warum ist es denn immer wieder schön, nach Chemnitz zurück zu kommen?
Chemnitz ist eben schön. Ich war viel in Berlin und in anderen großen Städten. Dort bin ich drei, vier Tage. Das ist toll. Aber dann hab ich da einfach keinen Bock mehr. Das ist mir dann einfach viel zu viel Trubel. In Chemnitz hat man halt dieses Zwischending. Und ich finde, Chemnitz hat extrem viel Potenzial. Das ist auch ein Hauptgrund, warum ich hier geblieben bin. Ich bin der festen Überzeugung, dass Chemnitz in spätestens fünf Jahren definitiv noch krasser wächst. Das Kosmonautfestival und andere Veranstaltungen sind ein extremer Mehrwert für die Stadt. Die Leute reden wieder positiv über Chemnitz.
Leipzig ist voll, Dresden ist voll. Chemnitz hat Grundstücke, leerstehende Häuser und Leute, die etwas Kreatives machen wollen. Eine gute Mischung. Zudem bewegt sich was. Leute sind unterwegs in die Stadt. Als ich studiert habe, war auf jeden Fall weniger los in der Stadt als jetzt.
Kannst du in Chemnitz gut ausgehen?
Also ich finde, für die Größe der Stadt, brauchen sich die Chemnitzer clubmäßig wirklich nicht zu beschweren. Man hat auf jeden Fall am Wochenende mindestens zwei verschiedene Partys mit unterschiedlichen Musikrichtungen. Meistens hast du Dancehall/HipHop oder Techno/HipHop. Im Weltecho oder im Atomino.. Seit diesem Jahr machen wir auch wieder mehr Live HipHop – Veranstaltungen im AJZ.
Was ist denn dein Lieblingsplatz in Chemnitz?
Bernsdorf ist ziemlich geil. Hier fühle ich mich wirklich wohl. Obwohl ich gerade mitten in einer Baustelle wohne. Aber hier ist einfach alles. Die Uni, meine Freunde. Man ist schnell im Zentrum, aber eben nicht mittendrin. Dann ist noch das AJZ ist richtig cool. Da kann man schön draußen sitzen.
Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Ich höre oft, dass sich Chemnitzer für ihre Stadt entschuldigen. Ich werde oft angesprochen, warum ich ausgerechnet hier bin und nicht in größeren Städten. Viele sagen: Chemnitz sei langweilig. Das höre ich aber nur von Leuten, die hier groß geworden sind. Ich höre das nicht von Leuten, die hier hergezogen sind oder hier studiert haben. Das schöne ist eben dieses Zwischending: Du kannst in Chemnitz was machen, wenn du möchtest. Du kannst hier aber auch deine Ruhe haben.
Ich würde mich auf keinen Fall für Chemnitz entschuldigen. Ich habe definitiv nicht vor, in den nächsten fünf Jahren weg zu gehen. Warum soll ich in eine andere Stadt, wo man doch hier Freiräume hat und durch kreative Ideen am Wachstum der Stadt teilhaben kann. Das sollten viele nicht aus dem Hinterkopf verlieren. Hier haben wir unsere Veranstaltungen Bring Da TruckaZ, das Bully BBQ in Augustusburg (Snowboard & Freeski) und den Buck Wild HipHop Jam.