Eine Museumsnacht mit kreativem Grundrauschen

Robert Verch

Macher der Woche vom 12. Mai 2017

Robert Verch studierte Gestaltung an der Bauhaus-Universität Weimar. Der 32-Jährige kommt ursprünglich aus Berlin, hat in Leipzig gearbeitet und sich schlussendlich in Chemnitz niedergelassen. In diesem Jahr koordiniert er das besondere Angebot der Chemnitzer Museumsnacht. Wie und warum es ihn nach Chemnitz verschlagen hat und warum der Sonnenberg besonders ist, verrät er uns im Interview.


Die Chemnitzer Museumsnacht steht an. In diesem Jahr ist der Sonnenberg das besondere Angebot. Was erwartet die Besucher?
Robert Verch:
Es wird ein sehr bunter Reigen unter dem Motto „Der Hang zur Kultur. An der Zietenstraße geht es bergauf“.
Im Nikola Tesla und Kaffeesatz wird es Lesungen geben. Im Lokomov spielt ein DJ, nebenan in der Pizzeria Augusto  können Kinder Pizzen backen. Auf der Zietenstraße stellen sich Akteure aus dem Lokomov-Haus vor und bieten beispielsweise Löt- und Druckworkshops  an. Das Repaircafé vom Stadthalten e. V. öffnet seine Türen. Im Off-Theater Komplex gibt es Aufführungen. Auch das Kaffeesatz wird lokale Künstler präsentieren. Und die Geschichte des Viertels kommt mit Führungen, der Ausstellung der AG-Geschichte Sonnenberg und Tolga Cercis Videovorführungen ebenso nicht zu kurz. Alles in allem bekommt man an einem Abend  einen geballten Überblick, was auf dem Sonnenberg so los ist, wer sich hier verbirgt und was hier in den letzten Jahren entstanden ist.

Was macht den Sonnenberg für Kreative so attraktiv?
Dank der ansässigen Leute gibt es ein Grundrauschen an Kreativität auf relativ engem Raum. Kreative Menschen finden hier schnell Austausch und Inspiration. Darüber hinaus sind die Mieten natürlich vergleichsweise günstig. Es ist ein junger Stadtteil, mit multikulturellen Einflüssen. Das bringt  einen spezifischen, toleranten Charme mit sich, in dem sich Kreative grundsätzlich wohlfühlen.

Findet der kreative Austausch auch über die Grenzen des Sonnenbergs hinaus statt?
Auch wenn es für Außenstehende bestimmt nicht offensichtlich ist, ist Chemnitz eine Stadt der kurzen Wege. Die Kulturschaffenden kennen sich eigentlich alle und helfen sich gegenseitig aus. Das geht meist ganz unkompliziert.

Ist das ein Phänomen der Stadt Chemnitz oder ist das allgemein bei Kulturschaffenden der Fall?
Grundsätzlich arbeitet die Szene recht kooperativ. Die Größe von Chemnitz bietet aber ein besonderes Potential. Denn in größeren Städten kann sich jede Teilbranche der Kreativwirtschaft eine eigene Szene bilden. Da wird man schnell selbstreferentiell. Das geht in Chemnitz schon allein aufgrund der Größe nicht so gut. Hier packen viele Leute aus verschiedenen Bereichen gern mit an und sorgen dabei automatisch für immer wieder neue Einflüsse und Ideen.

Den ersten Kontakt nach Chemnitz hat Robert Verch durch das Kunstfestival BEGEHUNGEN geknüpft, bei dem er als Künstler teilgenommen hat. „Mich interessierte schon immer die Umgestaltung einer Stadt und das Management solcher Prozesse. Die Stelle als Stadtteilmanager Wirtschaft hat dann super gepasst und ich bin her gezogen“, sagt der 32-Jährige.

Stadtteilmanager Wirtschaft, Kreativwirtschaft und Netzwerkarbeit – was heißt das? Was machst du?
Meine Aufgabe ist es, für attraktive Bedingungen für die Ansiedlung von kreativen Unternehmungen im  EFRE-Fördergebiet Innenstadt zu sorgen, neue und etablierte Macher bei ihren Projekten zu begleiten und untereinander zu vernetzen. Dafür organisiere ich unter anderem Veranstaltungen wie einen geführten Einkaufsbummel oder Vorträge und Themenabende und spreche auch bei städtischen Förderprogrammen mit.

Warum braucht Chemnitz eine starke Kreativwirtschaft?
Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat 13 Teilbranchen. Programmierer gehören genauso dazu wie Musiker oder Designer. Gemeinsam ist allen, dass die Wertschöpfung aus der kreativen Kopfarbeit kommt. Meistens handelt es sich dabei zwar um Einzelkämpfer oder kleine Betriebe mit wenigen Angestellten. Insgesamt schafft die Branche trotzdem viele Arbeitsplätze. Darüber hinaus sind viele Ideen wichtige Innovationen, die nicht zuletzt in der traditionellen Industrie mehr und mehr Anwendung finden. Chemnitz braucht die Akteure aus der Kultur- und Kreativwirtschaft daher nicht nur als Entertainment, sondern eben auch für die Zukunftsfähigkeit als Produktionsstandort.

Du sitzt im Kabinettstückchen auf dem Sonnenberg einem Coworkingspace an der Zietenstraße. Der Sonnenberg ist sicherlich ein Schwerpunkt deiner Arbeit. Was entwickelt sich hier im Stadtgebiet?
Am Sonnenberg haben sich viele Kulturschaffende sowie andere Akteure aus der Kreativwirtschaft angesiedelt. Wir haben im Lokomov-Haus Kunst- und Kulturschaffende, mit der OFF-Bühne Komplex ein Angebot für darstellende Künstler. Im Kabinettstückchen sitzen Freiberufler und Start-ups, die hier wachsen können und die wir gerne vor Ort behalten wollen.

Auf dem Sonnenberg gibt es noch vergleichsweise viel Leerstand. Perspektivisch ist hier Raum für weitere Ansiedlungen. Welche Herausforderungen gibt es, um den Leerstand zu beseitigen?
Die meisten leerstehenden Häuser wurden vom Netz gekappt und haben keinen Wasser- und keinen Stromanschluss mehr. Man kann sie also nicht einfach wieder beziehen. Um ein Gebäude wieder an das Netz anzuschließen, muss man ca. 20.000 Euro investieren. Selbst  für einen niedrigschwelligen Ansatz braucht man eine größere Menge Geld, die man aufbringen muss.

Wie gefällt es dir in Chemnitz? Bist du angekommen?
Ja. Natürlich hat Chemnitz die einen oder anderen Herausforderungen. Aber das macht die Stadt auch so speziell. Zum Beispiel architektonisch ist es spannend, wenn auch nicht immer praktisch. Wir haben hier, mit den Bauten der sozialistischen Moderne, eine gebaute Utopie, die in den Stadträumen immer noch absolut sichtbar ist. Zukünftig  werden sich mehr und mehr Menschen dafür interessieren, so wie heute schon die Bauten der klassischen Moderne und des Bauhauses Touristen anziehen. Noch werden diese Attraktionen nicht auf dem Silbertablett serviert und sind daher umso spannender zu entdecken.
Persönlich hat sich mir die hiesige kreative Szene sehr offen präsentiert und mich sehr warmherzig aufgenommen. Das macht Chemnitz für mich lebenswert.

Wo siehst du Chemnitz 2025?
Ich hoffe sehr, dass Chemnitz europäische Kulturhauptstadt wird. Doch selbst ohne den Titel haben sich bis dahin sicherlich Strukturen gefestigt, die kreative Freiräume erlauben und agil auf die Anforderungen von jungen und kreativen Menschen reagieren können. So dass hier kleine Zentren für Kreativität und Andersartigkeit möglich und gesichert sind.

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