200 Jahre Chormusik in Chemnitz
Singakademie Chemnitz
Macher der Woche vom 13. Oktober 2017
Die Singakademie Chemnitz feiert ihr 200. Jubiläum. Sie lädt morgen zu einem Festkonzert in die Markuskirche ein und erinnert damit eine seit 1817 währende Tradition. Die Chormitglieder Margitta Scheffler und Sylvia Richter haben zusammen mit Bernd Richter sowie Herrn Prof. Werner Kaden an einer Festschrift gearbeitet und die wechselvolle Geschichte der Singakademie zusammengetragen. Uns haben die zwei Sängerinnen von ihrem musikalischen Hobby erzählt.
Wie haben Sie sich der Geschichte der Singakademie genähert?
Sylvia Richter: Vor fast zwei Jahren haben wir mit der Recherche begonnen. Wir haben in unseren Privatarchiven gestöbert und viel Material zusammengetragen. Die vergangenen 15 Jahre hatten wir bald zusammen. Älteres Material haben wir im Stadtarchiv gefunden. Ein großes Problem war für die Veröffentlichung der Bilder die Bildquellen und deren Rechte zu erhalten.
Margitta Scheffler: Zum 200. Jubiläum wollten wir festhalten, was wir alles aufgeführt haben, wo wir überall waren und wie sich der Chor entwickelt hat. Es ist schön, so etwas auch für die Nachwelt zu übergeben.
Die heutige Singakademie Chemnitz trat erstmals am 31.10.1817 als „Musikverein“ an die Öffentlichkeit. Zu Beginn war der Chor ein reiner Männerchor, später kamen Frauenstimmen hinzu. Erst als Singacademie, ab 1860 dann als Singakademie waren sie Teil eines gutbürgerlichen Musiklebens in der Stadt, bis der zweite Weltkrieg dieser Entwicklung ein Ende setzte. In den Kriegsjahren war die Singakademie sogar vollständig gesperrt worden. 1945 wurde das Vereinshaus auf der Moritzstraße zerbombt und das Notenarchiv zerstört. Nach dem Krieg machten die Sängerinnen und Sänger als Volkschor Chemnitz weiter. Als Singakademie firmierten sie wieder ab 1966, auf Initiative und unter Leitung von Franzpeter Müller-Sybel. Maja Sequeira übernahm die Leitung der Singakademie ab 2003. Seit 2012 leitet Andreas Pabst den ca. 80 Mitglieder starken Konzertchor.
Was hat Sie bei der Recherche beeindruckt?
Sylvia Richter: Im Stadtarchiv haben wir erfahren, dass wir eine der wenigen Vereine sind, die eine fast lückenlose Auflistung der Vereinsereignisse vorweisen können. Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass das Werk „Die Heilige Elisabeth“, welches wir einstudiert haben, bereits 1867 von Mitgliedern des Vereins vorgetragen wurde. Franz List wurde damals angefragt, dieses Stück zu dirigieren. Wir haben einen Brief von ihm, in dem er sich für die Anfrage bedankt, aber aus Zeitnöten absagen muss. Ebenso war es mit dem Werk „König David“, das wir vergangenes Jahr aufgeführt haben, aber auch schon 1928 im Repertoire hatten. Das sind schöne Zeugnisse aus der damaligen Zeit.
Wie wichtig ist Ihnen das Singen?
Margitta Scheffler: Seit neun Jahren singe ich in der Singakademie. Ich habe schon als Kind leidenschaftlich gern gesungen. Für mich ist das Singen eine Therapie. Ich kann mit dem Singen meine Seele frei machen. Die Alltagsprobleme, die man so hat, werden ganz klein. Ich verlasse die Proben mit einem sehr glücklichen Gefühl.
Sylvia Richter: Ich singe auch seit Kindesbeinen an. 1970 bin ich in den Kinderchor eingetreten und seitdem bei der Singakademie dabei. Die großen chorsinfonischen Werke haben mich schon als Kind sehr beeindruckt. Ich bin eng mit dieser Musik verwachsen.
Wie erarbeiten Sie sich die Werke?
Sylvia Richter: Wichtig ist die Montagsprobe. Aber auch sonst bin ich in Gedanken oft mit dem Repertoire beschäftig, auch während meiner Arbeit. Immer wieder gehen einem die Texte und die Musik durch den Kopf, man kann nicht immer abschalten und das hat mir auch schon viele schlaflose Nächte beschert.
Margitta Scheffler: Unser Chorleiter besteht zum Beispiel darauf, die Originalsprachen zu verwenden. Das erfordert volle Konzentration, ist aber auch eine gutes Training für den Geist. Es wird dem Namen Akademie wirklich gerecht.
Gibt es ein Werk, das Sie besonders berührt hat?
Margitta Scheffler: Das sind sehr viele. Die Heilige Elisabeth und Magnificat von Rutter. Das singe auch heute noch gern, einfach mal so zu Hause.
Sylvia Richter: Mir fallen da spontan auch viele ein: Carmina Burana von Orff, Peer Gynt von Grieg oder Chichester Psalms von Bernstein.
Zum Jubiläum führt die Singakademie neben einem „Best of“ das Werk “Every purpose under the heaven“ von Howard Goodall als deutschen Erstaufführung auf. Es bezieht sich auf das Neue und Alte Testament und wurde 2011 das erste Mal in England aufgeführt.
Was unternehmen Sie in Chemnitz, wenn Sie nicht bei der Probe sind oder auf der Bühne stehen?
Sylvia Richter: Zu guter Musik gehört gutes Essen. Ich koche sehr gern. Lasse mich aber auch gern am gedeckten Tisch verwöhnen. Ein weiteres Hobby ist unser Garten.
Margitta Scheffler: Ich gehe leidenschaftlich gern ins Opernhaus oder zum Sinfoniekonzert in die Stadthalle.
Welche Wünsche haben Sie für die Singakademie für 2025?
Sylva Richter: Ich wünsche mir mehr Unterstützung und Interesse an unserer Chorarbeit, mehr Öffentlichkeitsarbeit seitens der Presse, vor allen vor unseren Konzerten. Und das nicht nur für 2025. Und ich hoffe, wir finden auch genügend musikalischen Nachwuchs, um weiterhin als Singakademie die Tradition fortführen zu können.