Seit 25 Jahren mit der Kunst befreundet

Dr. Stephan Scholz

Macher der Woche vom 1. Dezember 2017

Vor zehn Jahren, genau am 1. Dezember 2007 wurde das Museum Gunzenhauser mit allerlei Prominenz, u.a. dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, feierlich eröffnet. Der Stolz auf diese Sammlung in Chemnitz ist groß. Schließlich haben mehrere große Städte, wie Berlin, Leipzig, München um die Gunst von Dr. Alfred Gunzenhauser gerungen. „Das Museum ist ein Glücksfall für Chemnitz“, sagt Dr. Stephan Scholz, Vorsitzender des Fördervereins Freunde der Kunstsammlungen Chemnitz e. V. Er hat den schwierigen Weg, bis das Museum in die frühere Hauptstelle der Chemnitzer Sparkasse eingezogen war, intensiv begleitet. „Das verdanken wir einer engagierten Generaldirektorin der Kunstsammlungen, Ingrid Mössinger, und dem engagierten damaligen Oberbürgermeister, Dr. Peter Seifert“, so Scholz, der mit seinem Verein in diesem Jahr ebenfalls ein Jubiläum feiern durfte – 25 Jahre Freunde der Kunstsammlungen Chemnitz e. V. Im Macher-der-Woche-Interview hat er über das Vierteljahrhundert Förderverein, Chemnitz als Kunststadt und die Zeit nach Ingrid Mössinger gesprochen.


Wie war Ihre Jubiläumsveranstaltung?
Dr. Stephan Scholz:
Das war super. Der Jubiläumstag war ein Museumsfest. Mit der großen Ausstellungseröffnung von Jacques Lipchitz hat das gut gepasst. Insgesamt waren fast begeisterte 1.000 Leute da. Wir hatten ein tolles Programm, vor allem ein schönes Kinderprogramm für die vielen jungen Familien, die da waren.

Vor 25 Jahren haben Sie den Förderverein Freunde der Kunstsammlungen Chemnitz e. V. gegründet. Wie kam es dazu?
Ich habe die damalige Direktorin der Kunstsammlungen, Susanne Anna, kennengelernt. Sie meinte, dass sie einen Freundeskreis braucht – den hätte jedes Museum. Ich hatte Kunstinteressierte Bekannte und Freunde, sie hatte auch ein paar. So waren wir sieben Mitglieder, die den Verein gründen konnten. Diese Gründungsmitglieder wählten mich dann zum Vorsitzenden. Damals wusste ich überhaupt nicht, auf was ich mich einlasse.
Aber mein Großvater besaß hier die Galerie Gerstenberger – davon hängen einige Bilder auch in den Kunstsammlungen. So war das Museum mir nicht ganz fern. Wir haben dann einfach angefangen.

Wie hat sich der Verein seitdem entwickelt?
Hervorragend. Ich denke der Verein ist inzwischen der größte Kunstverein im Osten. Wir sind nach wie vor 1.100 Mitglieder. Zum Glück füllen wir die Lücken auf, die durch Alter und auch mal Wegzug entstehen.

Warum hat ausgerechnet ein Museum in Chemnitz den Förderverein mit den meisten Mitgliedern im Osten?
 Wir haben sehr viel Wert drauf gelegt, dass wir möglichst in die Breite gehen und nicht so elitär sind. Es gibt Kunstvereine, die sind elitär. Da zahlt man auch mal locker 500 bis 2.000 Euro Mitgliedsbeitrag. Das hätte in Chemnitz vielleicht auch funktioniert, aber dann wären wir ein ganz kleiner Verein. Das wollten wir nicht. Wir wollten alle, die sich für Kunst in Chemnitz und der Region interessieren, zu uns holen – eine Art Sammelbecken für Kunstinteressierte. Das gelingt, indem man immer wieder auf sich aufmerksam macht, gute Veranstaltungen anbietet, für einen passablen Mitgliedsbeitrag – der liegt bei 50 Euro.
Nach wie vor ein No-Go ist, dass die Mitglieder des Fördervereins in ihrem zu fördernden Haus Eintritt bezahlen müssen. Das ist einmalig in Deutschland und versteht keiner. Wir versuchen immer wieder darauf aufmerksam zu machen, wie kontraproduktiv das ist. Wir wollen unsere Mitglieder dazu bewegen, neben ihrem Beitrag weitere Spenden zu tätigen, um das ein oder andere Vorhaben der Kunstsammlungen zu unterstützen. Das gelingt natürlich viel besser, wenn ich weiß, dass ich als förderndes Mitglied freien Eintritt in die Einrichtungen bekomme.

Was sind die Aufgaben des Fördervereins?
Wir fördern die Kunstsammlungen in jeder Hinsicht. Natürlich haben wir über die 25 Jahre jede Menge Kunst erworben und an die Kunstsammlungen übergeben. Was ich aber als noch viel wichtiger erachte: Wir haben Initialzündungen gesetzt, dass Eigenmittel zur Verfügung stehen und Kunstwerke erworben werden können. Wenn Eigenmittel da sind und Fördereinrichtungen merken, dass das Interesse der Bürger gegeben ist, haben sie eine viel bessere Möglichkeit, aus ihren Fonds was dazuzugeben.
Es ist sehr häufig passiert, dass Kunstwerke und Sammlungen in die Kunstsammlungen gekommen sind, bei denen wir als Förderverein die Eigenmittel bereitgestellt haben und dann kam von allen Seiten noch etwas dazu.

Einer der Meilensteine ist für Stephan Scholz die Dauerleihgabe des Neo Rauch-Gemäldes „Die Abwägung“, das seit März 2013 den Ratssaal des Chemnitzer Rathauses schmückt. „Dafür haben wir in kürzester Zeit eine große Summe zusammengebacht. Das waren neben dem Verein alles Unternehmer des Mittelstands aus Chemnitz und der Region, die dazu beigetragen haben. Darüber bin ich sehr glücklich.“ Zusammen mit weiteren Förderern ist es ihnen zu verdanken, dass das 1,77 Meter hohe und 3,52 Meter breite Werk des bekannten Leipziger Künstlers Touristen aus Nah und Fern in das Rathaus zieht.

Was sind weitere Höhepunkte der 25-jährigen Vereinsgeschichte?
Natürlich die großen Ausstellungen in den Kunstsammlungen, mit denen ich ganz eigene Erlebnisse verbinde. Ganz besonders ist mir „Picasso et les femmes“, die 2002/2003 zu sehen war, in Erinnerung geblieben. Weil hier auch vier oder fünf Frauen, die Picasso in seinen unterschiedlichen Perioden gemalt hat, in Chemnitz zu Gast waren. Sie waren natürlich schon um einiges älter und trotzdem hat man sofort erkannt, wer zu welchem Bild gehört. Da merkt man erst einmal, was für ein besonderer Künstler Picasso war.
Natürlich gibt es eine Reihe weiterer Ereignisse, die ganz wichtig für die Region und den Verein waren. Zum Beispiel haben wir 1994 den ersten Sommernachtsball des Vereins in Lichtenwalde veranstaltet, als das Schloss bereits aufgegeben war. Einfach um drauf hinzuweisen, dass es nicht einfach kaputt gehen darf. Da haben wir in den leeren Räumen den Ball organisiert. Zum Glück gibt es das Schloss immer noch.

Jetzt feiert das Museum Gunzenhauser sein zehnjähriges Bestehen. Sie haben es in der Anfangszeit stets begleitet. Wie fällt ihr Zwischenfazit für das Haus aus?
Die Sammlung ist großartig. Ich würde mir wünschen, dass sie mehr Besucher bekommt.

2003 schenkte der Münchner Galerist Alfred Gunzenhauser seine mehr als 2000 Exponate umfassende Sammlung an Chemnitz – ein Meisterstück der Generaldirektorin Mössinger, die ihm mit Hilfe der Stadtverwaltung ein Angebot machte, dass er nicht ablehnen konnte: ein eigenes Museum. „Was Sammler gern machen – sie wollen ihre Sammlung zusammen halten und möglichst auch eine repräsentative Ausstellung ihrer Werke gewährleistet haben. Das geht in den meisten großen Museen nicht“, zollt auch Scholz dem Verhandlungsgeschick Ingrid Mössingers Respekt. Dank der 290 Werke des bedeutenden deutschen Malers Otto Dix im Fundus des Museums, kann Chemnitz mit der weltweit größten musealen Sammlung von Arbeiten des Künstlers werben. Nach über 20 Jahren außergewöhnlich erfolgreicher Arbeit von Dr. Ingrid Mössinger als Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz rückt die Übergabe des Staffelstabes für die Nachfolge langsam näher. Voraussichtlich im Laufe des kommenden Jahres soll es soweit sein. „Diese Fußstapfen auszufüllen, wird sehr schwer“, weiß auch Stephan Scholz.

Wie sehen Sie die Zeit nach Ingrid Mössinger?
Ingrid Mössinger hat großartige Verdienste für die Kunstsammlungen und für die Stadt geleistet. Die Position nachzubesetzen ist sehr schwer. Es ist egal, wer es wird, die Nachfolge wird schwierig. Seit über zwanzig Jahren ist sie in Chemnitz, das ist für so eine Position eine sehr lange Zeit. Sie hat die Kunstsammlungen geprägt wie keine andere. Ich würde mir als Nachfolger jemanden wünschen, der sehr gut vernetzt ist. Ob das gelingt, weiß ich nicht.

Wie kann man mehr Menschen für die Kunstsammlungen begeistern?
Das muss man halt ausprobieren. Da gibt es eigentlich kein Rezept. Es gibt schon eine Möglichkeit, in dem man sagt, man baut Schwellen ab und versucht für alle Altersgruppen was anzubieten. Museen sind ja auch, ganz egal welcher Art, Bildungshochburgen. Und wir wollen natürlich diese Hemmschwelle abbauen. Beispielsweise freien Eintritt anbieten, wie in London zum Beispiel. Es ist toll, wenn man in so ein riesiges Museum kommt und es ist ein großer Andrang.

Woher ziehen Sie Ihre Motivation für das ehrenamtliche Engagement?
Wenn man im Beruf sehr eingebunden ist, wird der Blick ganz schmal. Es geht ganz schnell, dass man nur noch in Kategorien denkt, die auf das berufliche Umfeld gerichtet sind. Da ist es wichtig, dass man seinen Blick weitet. Das geht mit so einer Beschäftigung wunderbar. Kunst hat den großen Vorteil, dass sie international ist. Man erhält einen weiten Blick auch auf historische, geschichtliche und philosophische Zusammenhänge, die einem sonst vielleicht verschlossen sind.

Der Fachchemiker für Medizin startete kurz nach der Wende mit seinem eigenen Labor und entwickelte es zum größten in Ostdeutschland. Das Diagnosticum deckt alle Bereiche der Laboratoriumsmedizin und Pathologie ab. „Ich würde mir mehr Erfolgsgeschichten von mittelständischen Unternehmen aus der Region wünschen. Hier gibt es so viele davon und die laufen unter dem Radar“, so Scholz, der inzwischen die Geschäftsführertätigkeit an seinen Sohn übertragen hat. Mit 69 Jahren denkt er aber noch nicht an die Rente.

Wie lebt es sich eigentlich als Kulturmensch in Chemnitz?
Gut. Alles was ich an Kunst und Kultur sehen, hören und erleben will, kann ich hier machen und kann ich von hier aus machen. Die Dichte an Kultur in Sachsen ist schon beachtlich. Das merkt man erst einmal, wenn man mal in einem anderen Bundesland war. Dass dort schon wesentlich mehr ausgedünnt worden ist.

Wie stehen Sie der Bewerbung zur Kulturhauptstadt gegenüber?
Die begrüße ich sehr. Weil die Städte, die das bisher geworden sind, einen ziemlichen Aufschwung genommen haben. Ob Chemnitz das wird, weiß kein Mensch. Aber ich finde schon einmal die Bewerbung gut. Und ich sehe das mal ganz pragmatisch: Wenn man sich als Kulturhauptstadt Europas bewirbt, muss man Schulaufgaben machen. Und die befassen sich in erster Linie damit, dass man zeigt, was Chemnitz und die Region an Kunst und Kultur zu bieten haben.

Wo sehen Sie Ihren Verein und die Stadt Chemnitz 2025?
Den Verein würde ich gerne 2025 gut aufgestellt, vielleicht auch mit einem neuen Vorsitzenden, sehen. Natürlich die Kunstsammlungen mit einer neuen Führungsmannschaft, die in dem nicht einfachen Umfeld in Deutschland und Europa weiterhin eine bedeutende Rolle spielt.
Wir haben in den vergangenen Jahren erlebt, dass Kunstmuseen als gewisse Symbole einer florierenden kommunalen oder Länderstruktur angesehen werden. Da muss man schon aufpassen, dass man da nicht ins Hintertreffen gerät. Deshalb kann ich nur sagen, wir sollen uns Gedanken machen, in diesem Wettbewerb ein Zeichen zu setzen, und sagen, wir haben in den Kunstsammlungen einen riesigen Schatz an Sammlungsbestand, der auch breiter repräsentiert werden sollte.
Man kann aber auch mal über unkonventionelle Möglichkeiten nachdenken. Was Chemnitz bekannt macht, ist der Leihverkehr. Große Ausstellungen haben häufig auch Werke aus den Chemnitzer Kunstsammlungen. Und die sehe ich da auch immer mal wieder.
Ich war vor kurzem im Museum Barberini in Potsdam. Da hingen auch Leihgaben aus Chemnitz. Das alleine reicht natürlich nicht. Wenn die Kunstinteressierten nicht in dem Maße nach Chemnitz kommen, dann kommen die Werke zu den Interessierten, ähnlich wie das MoMA (Anmerk. d. Red. Museum of Modern Art, das in New York beheimatet ist und während eines Umbaus seine Meisterwerke in Berlin ausstellte). Auch das wäre eine Idee, weil dann die Besucher sehen, dass Chemnitz eine Reise wert ist.

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