Die Formel zum Glück

Dr. Helmut König

Macher der Woche vom 9. Juli 2021

Er mag zwar seit 1993 im Ruhestand sein, ans Aufhören hat Dr. Helmut König allerdings nie gedacht. Seine Leidenschaft ist die Mathematik – schon immer. Und diese Leidenschaft gibt der 92-Jährige seit 1960 an Schülerinnen und Schüler weiter. Für sein grenzenloses Engagement in der Mathematik-Förderung wurde Dr. König am vergangenen Dienstag in Dresden mit dem Verdienstorden des Freistaates Sachsen ausgezeichnet.


Was treibt Sie Ihr Leben lang schon dazu an, Schüler:innen in Mathematik zu fördern?
Dr. Helmut König: Inspiriert hat mich ein Buch, das ich während meines Studiums in Halle von meinem Professor geschenkt bekam: „Schule des Denkens“ von Georg Pólya. Darin zeigt dieser berühmte Mathematiker, der auch Interesse an Lehrerbildung hatte, heuristische Methoden, um mathematische Probleme lösen zu lernen. Über diese Methoden habe ich auch meine Habil-Arbeit geschrieben und als ich nach Chemnitz kam, war mir klar, dass ich außerunterrichtlich Mathematik fördern möchte. An der Universität in Chemnitz haben wir dann jedes Jahr im Rahmen eines sogenannten „mathematischen Jugendobjekts“ die besten Mathematik-Studenten herausgesucht und diese haben unter meiner Anleitung Mathematikzirkel für Schülerinnen und Schüler geleitet. Ich war also ständig von jungen, wissbegierigen Menschen umgeben, die diese Freude am Fördern mathematisch begabter Schülerinnen und Schüler mit mir teilten – und bin es auch heute noch.

Und bei diesem Fördern konzentrieren Sie sich auch auf die Mathematik-Olympiade?
Genau. Mathematik-Olympiaden sind kein Selbstzweck, aber sie sind eigentlich das geeignetste Mittel, Schüler anzuregen, an Wettbewerben teilzunehmen. Und die Vorbereitung auf die Olympiade ist dann eigentlich das, was den Schülern hilft. Ich sage immer, wer diese außerunterrichtliche Tätigkeit durchführt, wird studierfähiger, weil er lernt, sich mit Hilfe des angebotenen Fördermaterials selbständig Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen.

Warum ist es so wichtig, dass man auch außerschulisch weiter Mathematik fördert?
Aus meiner Sicht reicht der Unterrichtsstoff nicht aus, um später in einem mathematischen oder naturwissenschaftlichen Studium gut mitzukommen. Ich würde sagen, ganz ohne außerunterrichtliche Tätigkeit geht es eigentlich nicht oder zumindest nicht so gut. Das ist unser Ansporn zu sagen, wer kann, der möge zu unserem Korrespondenzzirkel Mathematik kommen und die Konsultationen mitmachen. Außerdem bieten wir ein „Spezialistenlager Mathematik“ an. Aber alle unsere Angebote bedürfen natürlich auch der Unterstützung der Eltern.

Wie findet man als Elternteil heraus, dass das Kind eine Begabung für Mathematik hat?
Das müssen eigentlich die Mathematiklehrer sehen. Zum Beispiel hat jeder Schüler die Möglichkeit, an den Mathematik-Olympiaden oder den Känguru-Wettbewerben teilzunehmen. Ideal wäre auch, wenn an der Schule eine Mathematik-AG angeboten wird. Die Schule ist der eigentliche Ort, an dem eine Begabung für Mathematik gefunden werden sollte.

Dr. Helmut König hat sein ganzes Leben der Mathematik gewidmet. Er hat Arbeitsgemeinschaften und Mathematikzirkel geleitet, er war an der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt in der Fachausbildung für Mathematiklehrerstudenten tätig und hat sich immer auf die außerunterrichtliche Förderung mathematik-begeisterter Schüler:innen fokussiert. Er hat nicht nur den inzwischen internationalen Adam-Ries-Wettbewerb ins Leben gerufen, sondern auch nach dem Ende der DDR dafür gesorgt, dass Schüler:innen aus ganz Deutschland an der Mathematik-Olympiade teilnehmen konnten.

Wie haben Sie es geschafft, dass die Mathematik-Olympiade nach der Wende auf ganz Deutschland ausgeweitet werden konnte?
Da ich in der damaligen DDR parteilos war, habe ich die Chance genutzt, beim Kultusministerium vorzusprechen. Und dann habe ich gemeinsam mit dem Kultusministerium und Dr. Ocholt das Bezirkskomitee Chemnitz zur Förderung mathematisch-naturwissenschaftlich begabter und interessierter Schüler und das Landeskomitee Sachsen gegründet. Ab 1991 wurden die Mathematik-Olympiaden dann deutschlandweit durchgeführt. Daraus sind dann auch die vierten Stufen, also die Bundesfinals entstanden, die jedes Jahr drei Tage lang in einer anderen deutschen Stadt ausgetragen werden.

Hat sich die Mathe-Olympiade mit der Zeit verändert?
Ich würde sagen nein. Die Anforderungen sind heute noch die gleichen wie früher. Wir haben auch auf Bundesebene keine Einbußen, was den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben betrifft. Natürlich müssen wir uns auf Regionalstufe neuen Verhältnissen anpassen – zum Beispiel gab es früher mehr Wochenstunden in Mathematik an den Schulen.

Was hat es Ihnen bedeutet, dass 2019 das Bundesfinale der Mathe-Olympiade in Chemnitz ausgetragen wurde?
Das war fabelhaft für mich. Das Finale in Chemnitz wurde von vielen auch als eines der angenehmsten empfunden, also als eines der bestgelungenen Finale eingeschätzt worden.

Wie haben Sie den Adam-Ries-Wettbewerb ins Leben gerufen?
Ich habe in den 60er Jahren immer wieder gesagt, wir brauchen noch einen Wettbewerb für Schüler der Klasse 5 auf Kreisebene, da die Olympiade erst ab der siebten und für Frühstarter ab der Klasse 6 anfing. Aber für die Fünftklässler gab es nichts. Damals war auch noch die Zeit, in der man gern berühmte Menschen ehren wollte. Und da stand die Frage im Raum, wie man Adam Ries ehren könnte und da habe ich den Wettbewerb vorgeschlagen. Er sollte eine Art Vorbereitungs-Mathe-Olympiade sein. Ich bin vor einigen Jahren aus der Organisation des Wettbewerbs ausgetreten, aber ich habe mich gefreut, dass er zu einem Vierländer-Wettbewerb ausgeweitet wurde und ich bin mir sicher, dass der Adam-Ries-Wettbewerb immer stattfinden wird.

Wie fühlen Sie sich, nach dem Sie am 6. Juli den Sächsischen Verdienstorden verliehen bekommen haben?
Ich war erstaunt, weil ich mir nicht vorstellen kann, wer mich für diese Ehrung vorschlagen hat. Es hat mich wirklich sehr überrascht.

Wie finden Sie es, dass Chemnitz 2025 Europäische Kulturhauptstadt ist?
Ich habe mich gefreut, als ich vom Titelgewinn erfahren habe. Vielleicht haben wir mit unseren Erfolgen in der Mathematik auch ein klein wenig dazu beigetragen.

 

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