Zurück in der Eishalle – in neuer Rolle

Aljona Savchenko und Robin Szolkowy

Macher der Woche vom 13. Oktober 2023

Gemeinsam wurden sie fünfmal Weltmeister, viermal Europameister und holten zweimal bei Olympia die Bronzemedaille. Damit zählen Aljona Savchenko und Robin Szolkowy zu den erfolgreichsten Eiskunstläufern, die Chemnitz je hervorgebracht hat.

Nun sind sie zurück – als Trainerin und Trainer für junge Talente. Welche Pläne sie für den hiesigen Eislauf-Standort haben, erzählen Aljona Savchenko und Robin Szolkowy im Macher der Woche-Interview.

 


Wie fühlt es sich an, wieder hier zu sein?

Robin Szolkowy: Es war wie nach Hause kommen – nur, dass man sich erwachsener fühlt. Ich würde die Zeit, in der wir beide weg waren, mit Wanderjahren vergleichen. Wenn man jung ist, geht man in die Welt, stößt sich die Hörner ab und kommt mit neuen Erfahrungen zurück. So fühlt sich das bei uns an.

Aljona Savchenko: Es ist wie damals. Nur jetzt sind meine Eltern mit hier, Teile meiner Familie. Das ist sehr hilfreich. Ich fühle mich hier heimisch.

Von 2003 bis 2014 liefen sie als Paar zusammen. Nach der Bronze-Medaille 2014 bei Olympia trennten sich ihre Wege. Robin Szolkowy beendete seine Karriere, Aljona Savchenko setzte mit neuem Trainer, neuem Partner und neuem Lebensmittelpunkt in Bayern alles auf eine Karte und belohnte sich 2018 mit Bruno Massot in Südkorea mit Olympia-Gold. Danach folgten für beide Trainerjobs im Ausland. Seit August 2022 ist Robin Szolkowy wieder inChemnitz, Aljona Savchenko seit April 2023.


Was hat Sie bewogen, zurückzukommen?

Szolkowy: In erster Linie die Familie. Ich habe jetzt zwei Kinder. Meine Frau und ich waren nach meiner aktiven Zeit in der Schweiz und in den USA. Speziell während Corona haben wir gemerkt, was es bedeutet, die Familie und eine stabile soziale Struktur mit Kitabetreuung und Krankenversicherung um sich zu haben. Irgendwann in dieser Zeit, etwa 2020, hatten Aljona und ich wieder mehr Kontakt, nachdem es nach 2014 bestimmt erstmal zwei Jahre still war zwischen uns. Wir haben wieder öfter geschrieben und gemerkt, dass wir immer noch auf einer Wellenlänge sind und auf Augenhöhe kommunizieren.

Savchenko: Wir kennen uns gut, unsere guten und unsere schlechten Seiten. Wie bei Robin war auch für mich die Familie der Grund, zurückzukommen. Als der Krieg in der Ukraine begann, ist meine Familie nach Chemnitz geflohen. Robin war zu der Zeit schon wieder hier und irgendwann haben wir gesprochen und uns gesagt: Lass es uns probieren. 


Was sind aktuell Ihre Aufgaben?

Szolkowy: Wir sind beim Chemnitzer Eislaufclub angestellt und bieten Training an. Ich betreue aktuell ein Paar, Aljona zwei Einzelläuferinnen. Wir helfen uns auch aus, wenn der eine mal nicht kann. Schließlich haben wir im Unterschied zu früher jetzt beide Kinder. Es ist mehr Verständnis da, auf beiden Seiten.

Savchenko: Ich habe zum Beispiel das Programm für Robins Paar erstellt. Ichliebe es, Choreografien zu entwerfen.

Wir trainieren aber nicht nur Chemnitzer. Wir hatten auch schon Läufer aus Dresden, Mannheim, Berlin oder aus Litauen, die für ein oder zwei Wochen hier waren. Ich würde sagen, wir sind mehr für das Spezielle da.

Szolkowy: Wir wurden durchweg positivaufgenommen. Wir haben den anderen Trainern gesagt, dass wir niemanden abwerben. Wir sind hier als Ergänzung, wir bieten unsere Hilfe an. Wer möchte und die Voraussetzungen mitbringt, kann bei uns trainieren. Aber wir nehmen keinem Trainer die Arbeit weg.


Wie läuft Ihr Training ab? Sprechen Sie sich ab oder fließt das von selbst?

Szolkowy: Tatsächlich passiert das ziemlich spontan. Wir kennen uns lange genug, so dass wir ziemlich genau wissen, was der andere denkt.

Robin Szolkowy ist in Greifswald geboren und in Erfurt aufgewachsen. Er kam mit 16 Jahren nach Chemnitz und hat hier „seine  prägendsten Jahre“ verbracht, wie er selbst sagt. Aljona Savchenko wurde in der Nähe von Kiew geboren und kam 2003 nach Chemnitz.


Was genau ist Ihr Ziel?

Szolkowy: Wir möchten, dass Talente aus Chemnitz es wieder auf die internationale Bühne schaffen. Oder auch Talente aus anderen Städten, die hier geformt werden möchten.

Savchenko: Das wird nicht von heute auf morgen. Aber wir sind hier, um mitzuhelfen und ein bisschen frischen Wind zu bringen. Dazu brauchen wir aber die Unterstützung der anderen im Eissport.

Szolkowy: Eine Konkurrenz zwischen den Trainern ist da, aber das hat ja auch etwas Gutes. Jeder hat seine Arbeitsweise. Aljona und ich waren international sowohl als Läufer als auch als Trainer unterwegs. Wir hatten diesen Blick über den Tellerrand. Aljona ist Olympiasiegerin, sie muss niemandem etwas beweisen. Die Energie und Hingabe, aber auch ihr Ehrgeiz, den sie definitiv immer noch hat, sind gut für uns alle.

Savchenko: Dafür ist es aber sehr wichtig, dass permanent eine zweite Halle zur Verfügung steht. Hier trainieren sehr viele Kinder und sie können sich nicht so frei bewegen, wenn so viel auf dem Eis los ist, weil es nur diese eine Trainingsfläche gibt. Zudem ist die Halle alt. Wenn wir Chemnitz wieder auf die Karte des internationalen Eissports bringen wollen, müssen wir uns auch im Training auf internationalem Niveau fühlen können.

Szolkowy: Das kann man international keinem erklären, dass wir nicht durchgängig mindestens eine Halle zum Trainieren haben. Die acht bis zwölf Wochen im Sommer ganz ohne Eis sind hart. 


Was ist das Schöne am Eiskunstlauf?

Szolkowy: Es ist ein sehr ausgewogener Sport, die körperlichen wie die geistigen Voraussetzungen müssen passen. Gerade die Paarläufer müssen sich und den anderen beobachten, es braucht einen Gleichklang. Trotzdem bewegt man sich im Grenzbereich des Körpers, etwa bei den Schräglagen. So eine Kür dauert vier Minuten, der Puls geht in den ersten zehn Sekunden auf 180 und mehr, und trotzdem ist es kein Sprint. Dazu kommt das Tänzerische, die Musik, die Choreografie, mit der man vieles ausgleichen, aber auch alles versauen kann.

Savchenko: Es vereint alle Sportarten von Leichtathletik über Gymnastik bis Gewichtheben. Dazu die Musik! Man braucht alles dafür: Ausdauer, Eleganz, aber auch viel Fleiß, Mut und Geduld. Talent allein reicht nicht.


Was wünschen Sie sich für Chemnitz als Kulturhauptstadt 2025?

Savchenko: Eine zweite und moderne Halle. Und vielleicht können wir eine eigene Show zeigen, um den Menschen ein Stück von uns zurückzugeben.

Szolkowy: Ich wünsche mir Aufwind für Chemnitz, meine Heimat. Für mich war es sehr schön, zurückzukommen. Es ist viel passiert, das Stadtbild hat sich zum Guten gewendet, seit ich weg war. Die Leute sind freundlicher und offener.
 

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