Serie zum Haushalt 2023/2024

Kostenfreie Hygieneartikel an Schulen

Wenn die Landesdirektion den Haushalt bestätigt, fließen in diesem und kommenden Jahr jeweils 10.000 Euro in die Umsetzung: Damit sollen Hygieneartikelspender sowie Tampons und Binden für die Schulen bereitgestellt werden. An vier Schulen in Chemnitz gibt es bereits Spender, aus denen sich Schülerinnen kostenlos Periodenprodukte nehmen können. Dafür hatte sich das Chemnitzer Jugendforum eingesetzt. An vielen anderen Schulen haben sich die Schülerinnen und Schüler darum gekümmert, dass es auf den Toiletten kleine Boxen gibt, aus denen sich bei Bedarf jeder etwas nehmen kann. Dort hinein legen Schülerinnen und Schüler oft von ihrem eigenen Taschengeld neue Periodenprodukte, mit denen sie wiederum Mitschülerinnen aushelfen. Hermine Lowke, Stella Kimmer und Maurizio Brückner vom Stadtschülerrat erklären im Interview, warum es so wichtig ist, dass kostenlose Hygieneartikel an allen Chemnitzer Schulen verteilt werden.

Stella Kimmer, Hermine Lowke & Maurizio Brückner setzen sich mit dem Stadtschülerrat für Hygieneartikel an Schulen ein.

Chemnitzer Jugendliche wünschen sich, dass Menstruation auch an Schulen kein Tabuthema mehr ist. Damit hatten sie Erfolg.


Wie ist es dazu gekommen, dass sich der Stadtrat Chemnitz mit dem Thema Hygieneartikel-Spender in Schulen beschäftigt ha

Stella Kimmer: Es kam vor allem auf den Vollversammlungen, die regelmäßig mit allen Schüler:innen-Vertretungen aus den Chemnitzer Schulen stattfinden, zu Gesprächen darüber, dass es an manchen Schulen so etwas schon gibt und dann der Wunsch laut wurde, dass man das auf alle Chemnitzer Schulen ausweiten könnte.


Wie war eure Reaktion darauf, dass der Stadtrat beschlossen hat, dass sie 10.000 Euro im Jahr zur Verfügung stellen?

Hermine Lowke: Wir haben uns sehr gefreut, vor allem, weil wir endlich das Gefühl hatten, dass wir eine Stimme haben, die gehört und umgesetzt wird.


Wie ist die Situation aktuell an den fünf Schulen, die bereits Hygieneartikel-Spender haben?

Hermine Lowke: Das Auffüllen liegt momentan meistens bei Schüler:innen, die sich in ihren Pausen die Zeit nehmen, die Spender nacheinander aufzufüllen, da das weder die Hausmeister noch die Reinigungskräfte derzeit übernehmen können, weil das eine Änderung am Vertrag bedeuten würde. 


Finanzieren das die Schülerinnen selbst?

Maurizio Brückner: Das wird meistens so gemacht. An meiner Schule wurde zum Beispiel bereits mehrfach besprochen, dass wir einen Kasten in die Toiletten stellen und jede oder jeder darf, wenn man es gerade benötigt, etwas herausnehmen. Wenn man etwas zurückgeben möchte, kann man wieder ein, zwei Binden oder Tampons auffüllen. 


Innerhalb der Stadt Chemnitz gibt es bereits Pläne, wie die insgesamt 20.000 Euro aus dem Haushalt benutzt werden: Die Abteilung Bewirtschaftung im Gebäudemanagement und Hochbau, die zum Beispiel für die sanitäre Ausstattung der Schulen zuständig ist, wird die 10.000 Euro für 2023 dafür verwenden, jeder weiterführenden Chemnitzer Schule und jeder Förderschule einen Hygieneartikelspender zur Verfügung zu stellen. Die Kosten dafür belaufen sich auf ungefähr 7.500 Euro. Die restlichen Mittel sowie die 10.000 Euro im kommenden Jahr werden gänzlich dafür verwendet, Tampons und Binden zu kaufen. Sobald die Landesdirektion den Haushalt bestätigt, kann mit der Vergabe begonnen werden.Tommy Sachse vom Gebäudemanagement und Hochbau kümmert sich um die Beschaffung der Hygieneartikel-Spender: »Die Schulen entscheiden aber selbst, auf welcher Toilette der Spender angebracht werden soll. Es ist geplant, dass die  Hausmeister die Nachbestellungen für die Hygieneartikel übernehmen und sie lagern. Ob die Hausmeister auch die Befüllung übernehmen  der sich die Lehrkräfte, Schulleitungen oder Schülerinnen darum kümmern, können sie selbst entscheiden.«


Was haltet ihr von diesen Plänen? 

Stella Kimmer: Ich finde, es ist auf jeden Fall ein guter Start. Wenn man einen Spender an jeder Schule hat, kann man damit Erfahrungen  sammeln, ob es gut funktioniert. Darauf kann man aufbauen und es vor allem bei Erfolgen erweitern. 

Maurizio Brückner: Ich glaube, längerfristig ist es eine wunderbare Sache, die auf jeden Fall klappen kann. Wenn man in direkter  Kommunikation mit dem Hausmeister-Team steht, dann ist alles im Rahmen des Möglichen. Kurzfristig gibt es in der Übergangsphase  natürlich die Möglichkeit, dass Schüler:innen selbst die Behälter auffüllen.


Reicht ein Spender pro Schule? 

Hermine Lowke: Es reicht natürlich nicht. Der Plan ist ja, dass es in jedem Vorraum einer Toilette einen Spender gibt, gerade weil diese Spender dafür da sind, dass man sich dort was wegnehmen kann, falls man mal was vergessen hat. Meistens erfährt man das ja erst, wenn man schon auf der Toilette ist. Dann ist es unpraktisch, wenn man erst noch zwei Stöcke weiter runter laufen muss, weil man weiß, dass es dort den Spender gibt. Eigentlich brauchen wir auf jeder Toilette einen Spender. Wir freuen uns, dass wir es geschafft haben, dass 10.000 Euro jährlich für Hygieneartikel gegeben werden. Allerdings ist das immer noch eine Summe, die nicht ausreicht, um wirklich so viele Schulen mit genügend Hygieneartikeln auszustatten. Eine Grundbasis an Hygieneartikeln kann damit gestellt werden, aber es ist nicht wirklich ausreichend. 


Wie viel Geld bräuchten wir eigentlich pro Jahr, um Hygieneartikel für alle bereitzustellen?

Hermine Lowke: Ich habe das an meiner Schule ausgerechnet und bin indirekt darauf gekommen, dass wir 50 Euro pro Monat bräuchten. Das sind 600 Euro pro Jahr für meine Schule – wir sind eine sehr große Schule – aber wenn man sich das anschaut, könnten mit den 10.000 Euro nur circa 20 Schulen abgedeckt werden. Wir haben aber mehr als 20 weiterführende Schulen und dann müsste das aufgestockt werden.


Was bedeutet es vor allem für junge Frauen, dass sie unkomplizierten und kostenlosen Zugang zu Hygieneartikeln haben?

Stella Kimmer: Vor allem für Fünft- oder Sechstklässlerinnen, die vielleicht ihre Periode noch nicht so lange haben, kann es in dem Moment stressig sein, wenn sie merken, sie bekommen ihre Periode, aber haben nichts dabei. Dann kann es durchaus vorkommen, dass sie sich von der Schule abholen lassen. Wenn man einen einfachen Zugang hat auf den Toiletten, ist es natürlich viel entspannter. Man muss nicht erst Mitschülerinnen fragen, ob man irgendwas bekommen kann. Es ist deutlich angenehmer für die Schülerinnen. Ich bin der Meinung, dass man mit dem Thema Menstruation noch nicht offen genug umgeht. Ich denke, die Spender bewirken, dass das Thema enttabuisiert wird, dass man darüber offen spricht. Aber vor allem in der Schule, finde ich, trägt es dazu bei, dass man sich wohlfühlt und dass Schüler:innen eine Hilfestellung geleistet wird.

Hermine Lowke: Es gibt genug Stress, dem Schüler:innen im Schulalltag ausgesetzt sind, und es ist natürlich immer wichtig zu schauen, an welchen Stellen man Stress reduzieren kann. Und gerade das ist eine sehr einfache Stelle, an der man Stress reduzieren kann, indem man ihnen einfach Hygieneartikel bereitstellt.

Maurizio Brückner: Es ist auf jeden Fall eine sinnvolle Sache. Mich als nichtmenstruierende Person tangiert es eigentlich nicht, aber  dennoch war es mir wichtig, das Thema in der Schule selbst anzusprechen. Ich bin sehr froh, dass wir es im Stadtschüler:innenrat sogar bis zum Stadtrat gebracht haben. 


Der Stadtschülerrat Chemnitz ist zuversichtlich, dass das Thema Hygieneartikel- Spender nicht an den Stadtgrenzen Halt macht, sondern den Schülerinnen und Schülern in anderen Landkreisen und Städten Mut macht: »Wir hoffen, dass das als Leuchtturm-Projekt gilt und dass sich andere Städte Chemnitz als Vorbild nehmen können. Wir hoffen, dass es vielleicht irgendwann sachsenweit und deutschlandweit  umgesetzt wird«, wünscht sich Hermine Lowke.

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