03.09.2014
Pressemitteilung 490

Stolperstein-Projekt wird in Chemnitz fortgesetzt


Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig spricht am Stefan-Heym-Platz - Verlegung von 24 weiteren Stolpersteinen am Mittwoch, 10. September, ab 9 Uhr

82 Stolpersteine gibt es bereits in Chemnitz, 24 neue kommen am 10. September 2014 hinzu. Seit 2007 beteiligt sich die Stadt an dem Projekt Stolpersteine und gedenkt auch auf diese Weise der Opfer des Nationalsozialismus, die vom Regime verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Tod getrieben wurden. Jährlich werden in Chemnitz neue Stolpersteine hinzugefügt. Der Künstler Gunter Demnig, Initiator des europaweiten Projektes, wird auch in diesem Jahr die Verlegung vornehmen, die diesmal am Stefan-Heym-Platz 1 beginnt. Im Beisein der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig und von Bürgern, die mit ihrer Patenschaft für die Gedenksteine deren Finanzierung übernommen und die Verlegung möglich gemacht haben, wird hier am Stefan-Heym-Platz mit zwei Stolpersteinen erstmals an zwei jüdische Mitarbeiter des früheren Kaufhauses Schocken erinnert.

Die Vertreter der Medien sind herzlich eingeladen, an der Verlegung dieser und auch der weiteren am 10. September in Chemnitz verlegten Stolpersteine teilzunehmen. 
 
Informationen zu den Verlegungen am Mittwoch, 10. September:
Beginn: 9 Uhr, Stefan-Heym-Platz 1:
Konditor Bernhard Stieglitz (geb. 1910) und Verkäuferin Jette Tamler (geb. 1902) hatten hier im damaligen Kaufhaus Schocken ihren Arbeitsplatz.
Bernhard Stieglitz wurde nach längeren Aufenthalten in der Nervenheilanstalt Chemnitz und der Landesanstalt Zschadrass im August 1939 nach Polen ausgewiesen und dort später ermordet. Jette Tamler wurde am 10.5.1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin deportiert. Bei der Räumung des Ghettos durch die SS im Oktober 1942 wurden etwa 5300 Menschen ermordet, unter ihnen auch Jette Tamler.
Pate: Freundeskreis des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz.
 
9:35 Uhr – Johannisplatz:
Zahnarzt und Kunstliebhaber Dr. Kurt Lichtenstein (geb. 1884), der hier bis Ende 1935 wohnte, zog 1936 nach Schönau-Teplitz (CSR). Während der Besetzung der Grenzgebiete floh er im Oktober 1938 nach Prag, wo er sich noch im selben Monat das Leben nahm, nach eigenen Angaben „aus Solidarität zur verhafteten Ehefrau“. Elsa Lichtenstein, die selbst nichtjüdischer Herkunft war und weiterhin in Sachsen wohnte, hatte ihren Ehemann „unerlaubt“ finanziell unterstützt.
Paten: Prof. Dr. Gerhard Dohrn-van Rossum und Ehefrau.
 
10 Uhr – Parkstraße 9 und 9a:
Der Fabrikant Walther Sachs (geb. 1872) floh 1933 gemeinsam mit seiner Ehefrau Gertrud (geb. 1872 als Gertrud Bernstein) nach Holland. Der Internierung in Westerbork folgte 1944 die Deportation des Ehepaares nach Bergen-Belsen. Walther Sachs wurde am 15.4.1944 ermordet. Gertrud Sachs verstarb am 2.5.1945 in Tröbitz.
Pate: Udo Mayer.
 
Der Kaufmann Ludwig Scharlach (geb. 1899), seine Ehefrau Gerda (geb. 1906 als Gerda Sachs) und deren gemeinsame Tochter Erika (geb. 1928) erlitten ebenfalls nach ihrer Flucht 1933 nach Holland das Schicksal der Internierung in Westerbork mit anschließender Deportation 1943. In Sobibor wurden alle ermordet.
Paten: Volker Dittrich, Andreas Kleppel, Alexander Dostmann.
 
10:30 Uhr – Eulitzstraße 13 (heute zwischen Eulitzstraße 5 und 7):
Der Rechtsanwalt Dr. Fritz Gabriel Cohn (geb. 1885) wurde 1938 in „Schutzhaft“ in Buchenwald genommen. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Flora Margot (geb. 1892 als Flora Margot Bermann) gelang ihm 1939 die Flucht nach Norwegen, wo beide am 26.10.1942 verhaftet und anschließend nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden.
Paten: Prof. Dr. Wolfgang Emmerich, Dr. Renate Moser.
 
10:50 Uhr – Hoffmannstraße 52:
Der Fabrikant Dr. Felix Max Frank (geb. 1891), seine Ehefrau Elisabeth (geb. 1898 als Elisabeth Mosenthal) und deren gemeinsame Tochter Hildegard (geb. 1922) kamen am 18.11.1939 bei dem Schiffsunglück ums Leben, als der niederländische Passagierdampfer „Simon Bolivar“ vor der Küste Englands in ein deutsches Minenfeld lief.
Paten: Förderverein Industriemuseum Chemnitz e.V., Achim Dresler, Gisela Strobel, Georgius-Agricola-Gymnasium Chemnitz.
 
11:15 Uhr – Kaßbergstraße, Zugang zur ehemaligen JVA:
Der Kaufmann Leib Kleinberg (geb. 1902) wurde bei der „Polenaktion“ Ende Oktober 1938 gemeinsam mit seinen drei Brüdern nach Polen ausgewiesen. Nach seiner befristeten Rückkehr 1939 wurde er hier im Untersuchungsgefängnis auf dem Kaßberg in „Schutzhaft“ genommen, wo sich am 14.4.1940 das Leben nahm.
Pate: Dr. Jürgen Nitsche.
 
Der frühere Advokat Hans Mire (geb. 1908) befand sich ebenfalls hier in „Schutzhaft“ und setzte seinem Leben am 17.5.1940 ein Ende. Die „Furcht vor Unterbringung in einem Konzentrationslager“ hatte ihn zu diesem Schritt veranlasst. Seine Urne wurde am 17.6.1940 nach Prag überführt. 
Patin: Angela Zimmerling.
 
11:40 Uhr – Zwickauer Straße 187:
Hier wohnte Rudolf Harlass (geb. 1893), der als Mitglied der KPD aktiven politischen Widerstand leistete. Nachdem er 1933 bereits in Sachsenburg inhaftiert war, kam er 1944 im Zusammenhang mit der „Aktion Gitter“ in das Polizeigefängnis Chemnitz, wo er am 6.12.1944 in den Tod getrieben wurde.
Pate: Verein der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten, Stadtverband Chemnitz
 
12:05 Uhr – Bernsdorfer Straße 1 / Ecke Ritterstraße:
Der Kaufmann Oskar Simon (geb. 1880) wurde nach einer „Schutzhaft“ in Buchenwald am 10.05.1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin deportiert. Am 31.7.1942 wurde er in Chodel ermordet. Seine Schwester Käthe Simon (geb.1883), die zuletzt als Gemeindehelferin tätig war, wurde in Auschwitz ermordet, wohin sie am 2.3.1943 deportiert worden war. Auch die jüngere Schwester, die frühere Kontoristin Margarete Simon (geb. 1890), erlitt dieses Schicksal: 10.5.1942 Deportation und Ermordung in Belzyce.
Paten: Michael Kühn, Dr. Frank Straßberger.
 
12:20 Uhr – Annenstraße 23 (heute Ecke Reitbahnstraße):
Josef Tittmann (geb. 1906) floh 1937 von Chemnitz nach Polen, wo er einst geboren worden war. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Herta (geb. 1914 als Herta Jaschek) und ihrer 1938 geborenen Tochter Rachella entschied er sich nach der Auflösung des Ghettos Krakau am 12.11.1944 für die Flucht in den Tod.
Angehörige der Familie Tittmann aus Israel übernehmen die Patenschaft über zwei Stolpersteine. Weitere Patin: Veronika Brandt.
 
12:45 Uhr – Emilienstraße 55:
Die Büroangestellte Hulda Müller, (1897 geborene Kutzschbauch), wurde nach Verbüßung einer einjährigen Haftstrafe im Frauenstrafgefängnis Leipzig-Kleinmeusdorf in „Vorbeugungshaft“ genommen und kam nach dem 6.6.1944 im KZ Ravensbrück zu Tode.
Pate: Dr. Kurt Kutzschbauch.
 
13:10 – Klinik Dresdner Straße:
Franz Molch (geb. 1871) wurde Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Nach einer Zwangseinweisung in die Nervenklinik Chemnitz und anschließender „Verlegung“ nach Zschadrass wurde er im Rahmen der „Aktion T4“ am 12.8.1941 in Pirna-Sonnenstein ermordet.
Pate: Jörg Waehner.
 
Informationen zum Projekt:
Der Kölner Künstler Gunter Demnig initiierte das Projekt der „Stolpersteine“ im Jahr 1993. Inzwischen erinnern über 45.000 Steine in Deutschland und 17 Ländern Europas an die Opfer nationalsozialistischer Willkür.
In Chemnitz regte der Verein der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten, Stadtverband Chemnitz, die Verlegung von Stolpersteinen an und fand Unterstützung beim Stadtrat und der Stadtverwaltung.
Die Kosten für die Herstellung und Verlegung eines Steins übernimmt ein Pate. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, eine Patenschaft zu übernehmen. Ansprechpartner ist Enrico Hilbert vom VVN-BdA Chemnitz e.V., Rosenplatz 4, 09126 Chemnitz, Ruf 0371-27589395.
info@vvn-bda-chemnitz.de
 
Ansprechpartner für das Projekt bei der Stadtverwaltung Chemnitz ist Andreas Liese, Bürgermeisteramt, Ruf 0371 488-1523, E-Mail: andreas.liese@stadt-chemnitz.de.
 
Informationen im Netz: Alle Informationen zum Thema Stolpersteine in Chemnitz stehen auf den Seiten der Stadt unter www.chemnitz.de/stolpersteine.

Informationen

Herausgeber:
Pressestelle
Stadt Chemnitz

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