19.10.2023
Pressemitteilung 722

Fossil des Jahres 2023 für Objekt aus dem Versteinerten Wald


Museum für Naturkunde: Präsentation am 27. Oktober, ab 17 Uhr

Am Freitag, dem 27. Oktober, ab 17 Uhr wird bei einer feierlichen Veranstaltung im Museum für Naturkunde Chemnitz das Fossil des Jahres 2023 präsentiert, das von der Paläontologischen Gesellschaft erkoren wurde. Es handelt sich um Medullosa stellata, eine fossile Samenpflanze mit Farnlaub aus dem Versteinerten Wald Chemnitz.

Die Festrede hält Prof. Johannes Vogel, Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin, das die Auszeichnung der Medullosa stellata vorgeschlagen hat. Anschließend führt Dr. Ludwig Luthardt, der als Erstautor die Beschreibung des Fossils 2022 publizierte und zurzeit ein Forschungsprojekt zu Medullosen am Museum für Naturkunde Berlin leitet, in die Thematik ein. Das Chemnitzer Duo Tuya Klangwerk begleitet den Abend musikalisch, der Freundeskreis des Museums für Naturkunde Chemnitz leistet einen Beitrag zum leiblichen Wohl der Gäste.

Vertreter:innen der Medien sind ebenfalls herzlich eingeladen.

An dem Abend enthüllt das Museum für Naturkunde eine begehbare Vitrine, in der Teile des Sensationsfundes von 2009/2010 gezeigt werden. Erst durch diesen Fund der wissenschaftlichen Grabung in Chemnitz-Hilbersdorf (2008 bis 2011) war es möglich, die Pflanze insgesamt zu rekonstruieren. Ein achtminütiger Film, der Premiere feiert, beleuchtet die Hintergründe zur Medullosa stellata mit Interviews und Originalaufnahmen. Auch ein eigens angefertigtes digitales Rekonstruktionsmodell der Pflanze ist erstmals zu sehen.

Es ist eine besondere Anerkennung für die Fossillagerstätte Chemnitz, dass nach dem Schachtelhalmbaum Arthropitys bistriata 2010 und dem Riesenhundertfüßer Arthropleura armata 2015 mit Medullosa stellata nun schon das dritte Fossil, das im Versteinerten Wald Chemnitz zu finden ist, mit dem Titel „Fossil des Jahres“ ausgezeichnet wird.

Die Paläontologie erforscht die Geschichte des Lebens auf der Erde. Anhand von Fossilien und Gesteinsschichten zeichnet sie die Evolution der Organismen und ihrer Umwelt nach, rekonstruiert biologische Anpassungen an verschiedene Lebensbedingungen, findet Hinweise auf vergangene Klimaveränderungen und untersucht Ursachen und Auswirkungen von Artbildungsprozessen und Massenaussterbeereignissen. Damit ist Paläontologie der Schlüssel zum Verständnis der heutigen Biodiversität und der Wechselwirkung zwischen belebter und unbelebter Natur.

Die Paläontologische Gesellschaft wurde 1912 in Greifswald gegründet und ist heute die größte Vereinigung von Berufspaläontolog:innen, Sammler:innen und Freizeitforscher:innen im deutschsprachigen Raum. Um auf Fossilien aufmerksam zu machen, die von besonderem wissenschaftlichen Wert sind, wählt die Paläontologische Gesellschaft seit 2008 einen Fund oder eine ganze Art zum Fossil des Jahres.

2023 fiel diese Wahl auf Medullosa stellata aus dem Versteinerten Wald Chemnitz. Diese bereits 1832 von Bernhard Cotta beschriebene fossile Baumart blieb für die Wissenschaft fast zwei Jahrhunderte ein Rätsel. Relativ schnell erkannte man, dass die 1849 unter dem Namen Myeolxylon beschriebenen Hölzer in Wirklichkeit am Medullosa-Stamm ansitzende Wedelstiele sind. Welches Laub jedoch an diesen Wedelstielen hing, blieb bis zur wissenschaftlichen Grabung des Museums für Naturkunde Chemnitz ungeklärt. Erst ein Komplexfund, der 2009 entdeckt und 2010 geborgen wurde, gab die Gewissheit: am Stamm der Medullosa stellata saßen farnartige Wedel vom Typ Alethopteris schneideri an.

Medullosa gehört zu Farnsamern, einer ausgestorbenen Gruppe von Samenpflanzen mit Farnlaub. Wir wissen nun, dass zehn bis zu 3,5 Meter lange Wedel an dem relativ dünnen, aber stark verholzten Stamm saßen. Ein komplexes Netzwerk vertikal und horizontal verbundener Leitbündel im Medullosa-Stamm und den Myeloxylon-Wedeln sorgte dafür, dass die Pflanze große Mengen Wasser aufnehmen und speichern konnte. Blätter mit dichter Nervatur ermöglichten eine Transpirationsrate auf dem Niveau heutiger Blütenpflanzen. Vermutlich hat Medullosa damit eine entscheidende Rolle im Ökosystem des subtropischen Waldes gespielt, der vor 291 Millionen Jahren im Großraum Chemnitz existierte: Während das Klima immer trockener und saisonaler wurde, es also zunehmend zum Wechsel von Regen- und Trockenzeiten kam, schufen die Medullosen mit ihrer besonderen Fähigkeit zur Wasseraufnahme und -abgabe eine immerfeuchte Oase, in der andere Pflanzen gedeihen und zahlreiche Tiere leben konnten.

Der oft als „Pompeji des Perms“ bezeichnete Versteinerte Wald Chemnitz bietet eine einzigartige Momentaufnahme eines 291 Millionen Jahre alten Ökosystems. Die Häufigkeit und exzellente Erhaltung der Funde lassen die Fachleute von einer Fossillagerstätte sprechen, die weltweit ihresgleichen sucht. Die jahrhundertelange Forschungstradition lässt sich vom Chemnitzer Bürgermeister Georgius Agricola, der 1546 den Begriff Fossil prägte, über die Bürgerwissenschaftler:innen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bis zu den internationalen Wissenschaftsnetzwerken unserer Tage verfolgen.

Informationen

Herausgeber:
Pressestelle Stadt Chemnitz

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