Rede auf der Hauptveranstaltung zum Chemnitzer Friedenstag am 5. März 2022

Oberbürgermeister Sven Schulze begrüßte die rund 1.500 Teilnehmer:innen der Hauptveranstaltung auf dem Markt unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine: „Das ist nicht nur ein Angriff auf die Ukraine, sondern auf ganz Europa. Eine Attacke auf die Demokratie und den Frieden in Europa. Dieses demokratische Gut gilt es zu schützen. Wir müssen für die Demokratie eintreten und gegen ihre Feinde verteidigen. Das müssen wir nicht irgendwann tun. Sondern jetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Mitglieder der AG Friedenstag,
sehr geehrter Herr Lottig,

liebe Chemnitzerinnen und Chemnitzer,

erst war ein entferntes Brummen zu hören. Dann ohrenbetäubender Lärm. Es pfeift, heult, dröhnt und knallt. Erleuchteter Horizont in der Nacht, Feuerbälle am Himmel, schwere Erschütterungen, Wände wackeln. Die Luftschutzsirenen heulen, Panzer rollen durch die Stadt, Geschosse schlagen in Wohnhäuser ein.

Mütter wecken eilig ihre Kinder, packen ein paar Habseligkeiten in ihre Taschen und suchen Schutz in den unterirdischen Metrostrationen. Sie beten, dass die Mauern halten, dass die Decken nicht einstürzen. Eine schauerliche Realität, die die Menschen in diesen Tagen einholt.

Diese bedrückenden Bilder kommen nicht aus der Vergangenheit. Obwohl sie sich ähneln, spreche ich nicht vom 5. März 1945. Nein, sie beschreiben hart die derzeitige Situation in der Ukraine. 

[Anrede],

selten war der 5. März, war der Chemnitzer Friedenstag bedeutender als heute.

Es ist eingetreten, was nur wenige wirklich für möglich gehalten hätten: Wladimir Putin lässt die gesamte Ukraine überfallen. Der russische Angriff auf ein europäisches Land erschüttert uns. Schockiert und fassungslos schauen wir auf diesen Bruch des Völkerrechts in Europa. Als sich die Schockstarre löst, kam die Wut. Wut auf die Angriffe, Wut auf einen Krieg auf unserem Kontinent in einem Ausmaß und einer Art, von der wir dachten, sie gehöre der Vergangenheit an.

Mit der geballten militärischen Macht Russlands, mit Raketen, Marschflugkörpern, Kampfjets, Bomber und Panzer greift Wladimir Putin die Ukraine an. Seine Panzer umzingeln die Städte, dieser Kriegstreiber lässt Wohnblöcke mit Raketen beschießen, er lässt die Heimat von unzähligen Menschen in Rauch aufgehen. Die Leben von unschuldigen Zivilisten scheinen ihm vollkommen egal zu sein.

Menschen sterben im Bombenhagel, viele werden verwundet. Verzweifelte Mütter weinen um ihre toten Kinder. Familien um ihre Angehörigen. Sie alle stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Die Narben der Überlebenden bleiben ein Leben lang. Jedes Opfer ist eines zu viel.

Unser Mitgefühl und unsere Solidarität gelten den Menschen in der Ukraine. Erst vor wenigen Wochen habe ich den Oberbürgermeister von Melitopol Ivan Fedorov hier im Rathaus zu Gast gehabt und kennengelernt. Wir sprachen über ukrainische Ärztinnen und Ärzte, die nach Chemnitz kommen und sich weiterbilden. Wir redeten über den Nahverkehrsplan und machten uns Gedanken über den Schüleraustausch zwischen beiden Städten. Das alles ist jetzt nicht mehr wichtig.

Denn jetzt kämpfen Ivan Fedorov und die Bürgerinnen und Bürger seiner Stadt um ihr Land, ihre Stadt und ihr Leben. Er ist nur eins der vielen Gesichter dieses Krieges. Aber er und seine Bürgerinnen und Bürger sind mir durch das persönliche Treffen ganz besonders nahe. Absolut unvorstellbar.  

Doch es ist nicht nur ein Angriff auf die Ukraine, sondern auf ganz Europa. Eine Attacke auf die Demokratie und den Frieden in Europa.

Dieses demokratische Gut gilt es zu schützen. Wir müssen für die Demokratie eintreten und gegen ihre Feinde verteidigen. Das müssen wir nicht irgendwann tun. Sondern jetzt.

[Anrede],

seit 77 Jahren erinnern wir an diesen 5. März, der voll von Angst und Zerstörung war. Wir erinnern, wie bestialisch die Kriegsmaschine im 2. Weltkrieg agierte, wie grausam die Gewalttaten der Nationalsozialisten waren, wie unsere Stadt durch den Bombenhagel zerstört wurde, wie Zukunftsperspektiven von Menschen und Städten von einem Tag auf den anderen zerbrachen.

Seit zwanzig Jahren ist dieser Tag nicht nur ein Gedenktag. Der 5. März ist unser Friedenstag. Ein Tag des Nachdenkens, gegen das Vergessen und gegen Instrumentalisierung. Es ist nicht nur ein Tag für die Toten, sondern ganz besonders für die Lebendenden. Wenn wir Erinnerungskultur betreiben, geht es nie nur um die Vergangenheit. Es geht um die Zukunft unserer Gesellschaft.

Gemeinsam mit der Zivilgesellschaft wollen wir zusammen diesen schlimmen Tag des Jahres 1945 dahin rücken, wo er hingehört. Es ist ein schlimmes Ereignis, dessen Ursprünge man kennen muss, um dessen Konsequenzen und Folgen sehen zu können. Verbunden mit dem Zukunftsgedanken: Wir müssen Frieden halten.

Das gilt nicht nur für Chemnitz, sondern für Deutschland, Europa und die ganze Welt.

Passend zum heutigen Programm des Friedenstages und die Verbindung zum Eiszauber werden wir jetzt die Olympiakür unserer Chemnitzer Ehrenbürgerin Katarina Witt auf der Leinwand sehen. Es sind Originalaufnahmen des Internationalen Olympischen Komitees von 1994. In ihrer Kür lief sie zum Friedenslied „Sag mir wo die Blumen sind“, das den Menschen im Bosnienkrieg 1994 gewidmet war.

 

(Es gilt das gesprochene Wort)

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