Chemnitzer Zeitzeugen: Renate Bergelt
Foto: Franziska Kurz
Am späten Abend gingen meine Mutter und ich in Richtung Luftschutzkeller, da der Voralarm erklang! Im 3. Stock befand sich noch mein Vater vor der Wohnungstür, den wir informierten durch Rufen, dass wir uns in den Luftschutzbunker unter der André-Kirche begeben. Nachdem der Fliegeralarm begann, hörten wir kurz darauf die ersten Bombeneinschläge und wurden aufgefordert uns alle auf den Fußboden zu legen, was für uns eine sehr schlechte Situation war.
Da wir alle übereinanderlagen, brachen Angstzustände aus, unter denen ich bis heute leide. Die Kirche wurde von mehreren Bomben getroffen, und wir wurden aufgefordert wegen der starken Rauchentwicklung den Bunker zu verlassen. Dadurch brach Panik aus, da alle zum Ausgang stürmten. Aus Angst vor dem großen Feuer lief ich zurück in den Bunker. Durch den Schutz meiner Mutter wurde ich wieder nach draußen gebracht. Es wurde uns empfohlen den nahegelegenen Splittergraben aufzusuchen. Auf den Weg dahin bot sich uns ein schreckliches Bild. Schreiende Menschen, Feuer. Den Anblick habe ich bis heute nicht vergessen.
Dort befanden sich schon sehr viele Menschen, welche alle Schutz suchten.
Durch das Platzen der Wasserrohre war im Graben eiskaltes Wasser, in dem wir stehen mussten. Die Folge waren erfrorene Füße und eine Blasenentzündung.
In der nahegelegenen André-Schule befand sich zur der Zeit ein Lazarett, aus diesem waren Verwundete mit im Graben. Aus schrecklicher Angst wollte ich den Graben nicht verlassen, da es überall brannte. Ein Leichtverletzter hat mich als 9-jähriges Mädchen ein Stück nach Hause getragen. In unserem Haus haben Bomben eingeschlagen, so dass nur noch eine Haushälfte stand. Als wir vor dem Haus standen und mein Vater aus dem Nachbarhaus kam, waren wir sehr erleichtert. Am nächsten Morgen fanden wir am Kellerfenster meinen Schlitten, auf den wir unsere zwei Koffer stellten. Dann liefen wir in Richtung Bahnhof. Von dort fuhren leider keine Züge mehr. Deshalb mussten wir bis Niederwiesa laufen und dabei wurden wir von Tieffliegern beschossen. Einige Menschen haben diesen Angriff nicht überlebt.