Stolpersteine in Chemnitz
Willy Lesser
Foto: Philipp Köhler
Willy Lesser
Geboren: 11.09.1901
Gestorben: 31.07.1972
Verlegeort:
Rößlerstraße 33
Stolperstein-Verlegung am:
29. Mai 2024
Fotos der Stolpersteinverlegung
Lebensweg
Foto: Sammlung Jürgen Nitsche
Der Kaufmann Willy Lesser gehörte zu den führenden Vertretern der Genossenschaftsbewegung in Sachsen.
Er besuchte von 1908 bis 1916 die Volksschule in seiner Geburtsstadt Kassel. Nach dem Schulabschluss absolvierte er eine kaufmännische Lehre in der dortigen Handelsschule. In dieser Zeit wurde der Jungsozialist Mitglied der SPD.
Am 31. Dezember 1921 trat Willy Lesser als kaufmännischer Angestellter in die Konsum- und Sparverein Kassel und Umgebung eGmbH ein. Zur Erweiterung seiner Bildung besuchte er später die Deutsche Hochschule für Politik in Berlin. Mit Erfolg bestand er am 27. April 1927 die Abschlussprüfung, mit der er sich um eine Anstellung bei dem Allgemeinen Konsumverein Chemnitz und Umgebung bewarb und drei Wochen später dessen Sekretär wurde.
Lesser hatte bereits ab dem Jahr 1929 in Vorträgen auf die Gefahren des Nationalsozialismus hingewiesen. So trat er wiederholt bei Versammlungen des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in Groß-Chemnitz und im Erzgebirge als Redner auf.
Er fand in dieser Zeit auch die Frau, mit der er sich am 13. April 1933 in Chemnitz vermählte. Es war Hildegard Meinig, seine Sekretärin und Assistentin. Die Eheleute hatten drei Kinder: Adolf Peter (1933–2019), Friedricke Uta (1938–2018) und Gottfried Heiner (1939–1991).
Lesser geriet wegen seines politischen Engagements frühzeitig in das Visier der Chemnitzer Nationalsozialisten, die seine fristlose Entlassung forderten. Das Arbeitsverhältnis beim Konsumverein in Chemnitz endete am 9. Dezember 1933. Bis zum 30. Juni 1934 war er als Geschäftsführer für den Konsum- und Sparverein „Zwönitzthal“ in Meinersdorf (Erzgebirge) tätig.
Wegen des Verdachts des Hochverrats wurde Lesser am 31. Januar 1935 gemeinsam mit weiteren Kampfgefährten in Chemnitz in Untersuchungshaft genommen. Am 14. Februar 1935 erließ das Amtsgericht Haftbefehle. Diese wurden bezichtigt, „den Fortbestand und die Wiederherstellung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ zu betreiben. Der Oberreichsanwalt stellte das Verfahren dann jedoch wegen Mangels an Beweisen ein. Die Beschuldigten wurden daraufhin am 13. Juli 1935 umgehend in das KZ Sachsenburg eingeliefert, wo sie Strafarbeiten in der Fuhrkolonne, im Steinbruch, in der Wäscherei und der Küche verrichten mussten.
Lesser wurde am 12. Februar 1936 aus dem Lager entlassen. Seine Berufserfahrung half ihm damals, wenige Jahre später Leiter des Einkaufs in der Gemeinschaftswerk-Versorgungsring Chemnitz GmbH zu werden. Damit verbunden war im November 1940 der Umzug in das Haus Rößlerstraße 33.
Willy Lesser starb am 31. Juli 1972 in Kassel, wo er mit seiner Ehefrau den Lebensabend verbringen wollte.
Die Enkeltochter Susan Lesser pflegt das Erbe ihres Großvaters. Die Rechtsanwältin und Richterin am Sozialgericht a. D. unterstützt auch die Bemühungen in Chemnitz, einen Stolperstein in Gedenken an Willy Lesser zu verlegen.
Autor: Dr. Jürgen Nitsche
Stolpersteine in Chemnitz
Es ist ein Projekt gegen das Vergessen: in Chemnitz werden seit 2007 jährlich Stolpersteine verlegt.
Eingelassen in den Bürgersteig, erinnern die Gedenksteine an tragische Schicksale von Mitbürgern, die während des nationalsozialistischen Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden.
mehr