Stolpersteinverlegung am 5. Oktober 2020

16 Stolpersteine wurden am 5. Oktober 2020 in Chemnitz neu verlegt. Damit sind es nun insgesamt 232 Stolpersteine in der Stadt. Seit mehr als 27 Jahren erinnern Stolpersteine in ganz Europa an Menschen, die Gräueltaten von Nationalsozialisten ausgesetzt waren.
 

Theaterstraße 40

Stolpersteine für Heinrich und Ilse Guttmann

Stolpersteine für Heinrich Guttmann und Ilse Guttmann

Der Kaufmann Heinrich Guttmann wurde am 24. November 1892 geboren. Salo Guttmann, sein Vater, hatte sich in der Stadt als Inhaber eines Textilgeschäftes einen Namen gemacht. Anfang 1928 ging Guttmann in Breslau die Ehe mit Ilse Cohn ein. In den 1920er Jahren engagierte er sich innerhalb der Deutschen Liga für Menschenrechte in Chemnitz. Im Frühjahr 1933 wurde er deswegen in „Schutzhaft“ genommen. Der Polizeipräsident riet ihm, das Land zu verlassen. Gerade in dieser Zeit wurde jedoch sein Sohn Werner geboren. Guttmann emigrierte 1934 nach Mailand. Ehefrau und Sohn folgten ihm vier Jahre später. Ab 1939 lebte die Familie in Palästina. 1958 kehrten die Eheleute nach Deutschland (West) zurück. Bis zu ihrem Tode lebten Heinrich und Ilse Guttmann in Frankfurt (Main).

Paten:
Heinrich Guttmann - Schüler und Lehrer des Georgius-Agricola-Gymnasiums
Ilse Guttmann - Gisela Flämig
 


Reichsstraße 69

Stolperstein für Fritz Matschke

Stolperstein für Fritz Matschke

Der Eisendreher Fritz Matschke wurde am 16. Dezember 1899 geboren. Bereits 1919 trat er in die KPD ein. Mitten in der Weltwirtschaftskrise schloss er sich der Revolutionären Gewerkschafts-Opposition an, die die KPD gegründet hatte. Am 13. November 1932 wurde er in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Im Juni 1933 wurde Matschke aufgrund seiner politischen Tätigkeit verhaftet und in das KZ Sachsenburg verschleppt. Nach seiner Rückkehr arbeitete er als Dreher in der Gießerei Krautheim. Unter seiner Führung entstand dort eine illegale Widerstandsgruppe. Am 2. März 1945 wurde Matschke erneut verhaftet und in das KZ Flossenbürg eingeliefert. Von dort wurde er am 16. April 1945 auf den berüchtigten Todesmarsch nach Dachau geschickt. An Typhus erkrankt, starb er am 3. Mai 1945 im dortigen Krankenrevier.

Pate: VVN-BdA Chemnitz
 


Walter-Oertel-Straße 38

Stolperstein für Magdalena Noll

Stolperstein für Magdalena Noll

Die Lehrerin Magdalena Noll wurde am 26. Juli 1903 in Reichenbach/Vogtland geboren. Ihre Mutter, eine Kassiererin, starb früh an Tuberkulose. Ihr Vater, ein jüdischer Kaufmann, wanderte wohl frühzeitig nach Palästina aus. In der Inflationszeit war Magdalena Noll als Fremdsprachenkorrespondentin tätig. 1926 heiratete sie den Apotheker Hans Noll. Die Eheleute hatten zwei Kinder: Margarete und Dieter. In der NS-Zeit drohte der Familie der wirtschaftliche Ruin, da Hans Noll wegen der Herkunft seiner Ehefrau keine Apotheke mehr führen durfte. Das Ehepaar ließ sich daher im gegenseitigen Einvernehmen scheiden. 1942 gelang es Hans Noll, die Lessing-Apotheke in Chemnitz zu pachten. Von einem Arbeitsamt in Nordböhmen wurde Magdalena Noll in dieser Zeit zwangsverpflichtet. Anfang 1945 wurde sie verhaftet und nach Theresienstadt gebracht. Sie überlebte. Im Sommer 1945 vermählten sich Magdalena und Hans Noll erneut und verbrachten ihren Lebensabend in Karl-Marx-Stadt. 

Pate: Chaim Noll
 


Barbarossastraße 55

Stolpersteine für Bernhard Kamnitzer, Rosalie Kamnitzer, Harry Kamnitzer, Johanna Kamnitzer, Egon Berger, Benno Berger

Stolpersteine für Bernhard Kamnitzer, Rosalie Kamnitzer, Harry Kamnitzer, Johanna Kamnitzer, Egon Berger, Benno Berger

Die Familie Kamnitzer stammte aus Westpreußen. Bernhard Kamnitzer lebte seit Herbst 1907 in Chemnitz und war als Reisevertreter für die Strumpffabrik Max Berger tätig. Mitte der 1920er Jahre zogen auch Rosalie Kamnitzer, seine verwitwete Mutter, und seine Geschwister Johanna und Harry nach Chemnitz. Fortan wohnten sie auf dem Kaßberg. Anfang 1932 gründete Bernhard Kamnitzer ein eigenes Unternehmen, die Maxonia Wirkwaren GmbH. Die NS-Machtergreifung bedeutete für die Familie Verfolgung und Vernichtung. Bernhard Kamnitzer konnte nicht verhindern, dass sein Unternehmen aufgelöst wurde. Anfang 1940 vermählte er sich mit der geschiedenen Judith Paretzkin, die wenig später in die USA emigrierte. Sein Versuch, nach Palästina auszuwandern, scheiterte. Mit seiner 81-jährigen Mutter und den Geschwistern musste er fortan auf engstem Raum im „Judenhaus“ Friedrichstraße 5 leben. Von dort aus wurden sie im Mai bzw. September 1942 in die Vernichtungslager des Ostens deportiert.

Die Brüder Benno und Egon Berger hatten 1935 ihre Mutter in Leipzig verloren. Die Halbwaisen lebten daraufhin bei ihren Tanten in Chemnitz. Benno fand Aufnahme bei den Eheleuten Nussberg, die auch im Haus Barbarossastraße 55 wohnten. Egon lebte bei den Eheleuten Avramovici. Benno Berger wurde gemeinsam mit seiner fünfköpfigen Pflegefamilie am 28. Oktober 1938 nach Polen deportiert und später im „Generalgouvernement“ ermordet. Egon Berger hingegen wurde mit Hilfe eines „Kindertransportes“ im Sommer 1939 gerettet und lebte bis zu seinem Tod in England.

Paten:
Rosalie Kamnitzer - Vollkasko-Massivhaus Chemnitz GmbH Town & Country Lizenz-Partner
Johanna Kamnitzer - Beate Legler
Bernhard Kamnitzer - Dr. Carsten Czenkusch und Marion Czenkusch
Harry Kamnitzer - Matthias Legler
Benno Berger - Martina Lange
Egon Emanuel Berger - Kerstin Hermann-Nitz
 


Ulmenstraße 44

Stolpersteine für Hermann und Rosa Brod

Stolpersteine für Hermann Brod und Rosa Brod

Der Eiergroßhändler Hermann Brod stammte aus Mariampol (heute Ukraine). Mit seiner Ehefrau Rosa, geborene Silberberg, hatte er bis 1907 in Leipzig gelebt. Die Eheleute hatten drei Töchter: Ida, Jenny und Ruth. Brods Lebensmittelgeschäft war auch vom nationalsozialistischen „Juden“-Boykott vom 1. April 1933 betroffen. Daher beschlossen die Eheleute, das Geschäft aufzugeben und das Land zu verlassen. Im Herbst 1936 wanderten sie nach Barcelona aus. Letztlich entschied sich das Ehepaar aber für ein Leben in Südfrankreich. Ihr dortiger Neubeginn stand jedoch unter keinem guten Stern. Rosa Brod starb „unter tragischen Umständen“ am 5. April 1937 in Luchon, wie ihr Ehemann in einem Nachruf für die „Jüdische Zeitung für Mittelsachsen“ schrieb. Sie wurde auf einem Friedhof in Toulouse beigesetzt. Hermann Brod lebte weiterhin in Frankreich.

Paten: Dr. Peter Rheinbay und Barbara Rheinbay (Düsseldorf)
 


Rudolf-Breitscheid-Straße 5

Stolperstein für Oscar Lichtenstein

Stolperstein für Oscar Lichtenstein

Der Kaufmann Oscar Lichtenstein wurde in Preußisch Eylau (Ostpreußen) geboren. Seit 1892 lebte er in Chemnitz. 1895 gründete er eine Stoffhandschuhgroßhandlung. Im August 1897 ging Lichtenstein in Posen die Ehe mit Clara Wollenberg ein. Zwischen 1900 und 1908 wurden ihre vier Kinder geboren: Agnes, Fritz, Hans und Käte. Am 30. April 1936 starb Clara Lichtenstein und wurde auf dem Jüdischen Friedhof beigesetzt. In der Folgezeit sah sich Lichtenstein aufgrund der Boykottmaßnahmen der NS-Machthaber gezwungen, sowohl das Geschäft als auch die Wohnung aufzugeben. Zuletzt lebte er in dem „Judenhaus“ Apollostraße 18. Von dort aus wurde der Witwer am 7./8. September 1942 nach Theresienstadt deportiert. Laut Auskunft von Überlebenden starb Oscar Lichtenstein dort bereits am 2. Oktober 1942 den Hungertod.

Pate: Freundeskreis der Jüdischen Gemeinde Chemnitz
 


Kopernikusstraße 16

Stolpersteine für Gustav Glaser und Martha Paula Glaser

Stolpersteine für Gustav Glaser und Martha Paula Glaser

Der Handelsvertreter Gustav Glaser wurde am 8. März 1889 in Lindenberg bei Berlin geboren. In den 1920er Jahren verlegte er seinen Wohnsitz nach Siegmar-Schönau. 1928 vermählte sich Glaser mit der technischen Zeichnerin Martha Paula Leißner, die aus einer protestantischen Fabrikantenfamilie stammte. Die NS-Machtübernahme hatte auch für die Eheleute Folgen. Glaser durfte nicht mehr als Handelsvertreter tätig sein. Sie mussten ihre Wohnung in Schönau aufgeben und wurden bei dem ehemaligen Fabrikanten H. Sussmann einquartiert. Ende 1944 wurden sie gezwungen, in ein „Judenhaus“ in der Innenstadt zu ziehen. Von dort aus sollte Glaser am 14. Februar 1945 nach Theresienstadt deportiert werden. Aus Angst vor der „ungewissen Zukunft“ vergiftete er sich vor dem Abtransport. Die Ehefrau folgte ihm in den Tod.

Paten:
Gustav Glaser - Katharina Kästel-Sasse und Schülerinnen und Schüler der Montessori-Schule Chemnitz
Martha Paula Glasser - Silvia und Florian Ziesch
 


Altchemnitzer Straße 4

Stolperstein für Tobias Blaustein

Stolperstein für Tobias Blaustein

Der Buchhalter Tobias Blaustein wurde am 28. November 1896 in Skalat (Österr.-Polen) geboren. Seine Eltern lebten seit 1907 in Chemnitz. In dem Haus Jakobstraße 8 fanden sie später eine geeignete Wohnung. Dieses befand sich im Besitz der Familie Zweiniger, die im Nachbarhaus ein Ballhaus besaß. Zwischen Tobias Blaustein und Arthur Zweiniger entstand in der Folgezeit eine lebenslange Freundschaft. Im Frühjahr 1926 vermählte sich Tobias Blaustein mit der Schneiderin Elisabeth Lentzsch. Die Eheleute hatten drei Kinder: Eleonore, Erich und Hanna. Damals fand Blaustein eine Tätigkeit als Erster Buchhalter im renommierten Einkaufshaus Leonhard Tietz. Die NS-Machtübernahme hatte auch für Blausteins Familie Folgen. Im Rahmen der „Polen-Aktion“ sollte Blaustein am 28. Oktober 1938 verhaftet werden. Arthur Zweiniger konnte ihn jedoch warnen. Wenige Tage später, während des Novemberpogroms, wurde er aber in „Schutzhaft“ genommen und nach Buchenwald verschleppt. Nach Kriegsbeginn wurde Blaustein als Staatenloser im Dezember 1939 erneut verhaftet. Als Zweiniger davon erfuhr, setzte er sich bei der Gestapo für dessen Freilassung ein. Unter der Bedingung, dass Blaustein binnen einer Woche die Stadt verlassen sollte, wurde er freigelassen. Dank Zweinigers Vermittlung konnte sich Blaustein im Januar 1940 nach Bielefeld abmelden. Am 20. Februar 1945 wurde er nach Theresienstadt deportiert. Er überlebte. Tobias Blaustein starb am 28. Februar 1993 in einem jüdischen Altersheim in Frankfurt (Main).

Pate: Katrin Zweiniger
 

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